Der tiefe Fall des Kalman von Csazy
1:06
Kalman Csazy wird ausgeschafft:Der tiefe Fall des Kalman von Csazy

Er galt als «Belmondo der Langstrasse», heute ist er arm, krank und wird ausgeschafft
Der tiefe Fall des Kalman von Csazy

Kalman von Csazy (80) führte ein Leben, um das ihn viele beneideten. Heute ist davon nichts mehr übrig. Der Wahl-Zürcher ist schwerkrank, komplett verarmt, ausserdem droht ihm die Ausschaffung nach Ungarn.
Publiziert: 10.03.2021 um 06:38 Uhr
|
Aktualisiert: 10.03.2021 um 09:59 Uhr
Flavio Razzino

Menschen, die meinen, sie seien tief gefallen, könnte sein Schicksal trösten: Kalman von Csazy (80) ist noch viel tiefer gefallen. Der Ungar, Sohn reicher Eltern, führte ein Leben in Saus und Braus. Heute aber ist er todkrank, völlig verarmt und nur noch einen Schritt von der Obdachlosigkeit entfernt. Die Schweiz will ihn nach 76 Jahren Aufenthalt gar nach Ungarn ausschaffen.

Alles begann mit der Flucht seiner Eltern aus Ungarn nach Zürich während des Zweiten Weltkriegs. «Meine Eltern waren sehr reich», sagt von Csazy zu BLICK. Und er habe ein Leben geführt, das viele Söhne reicher Eltern führen: wilde Partys, unzählige Frauen – dazu reichlich Motorsport.

Einst zog er durch die Szene-Bars von Zürich

Man nannte ihn auch den «Belmondo der Langstrasse», sagt sein bester Freund Felix Benz (78) aus Illnau ZH. Benz führte Ende der 60er- und 70er-Jahre diverse Nachtclubs in Zürich und staunte darüber, wie von Csazy, der Schönling, das Geld seiner Eltern nur so verprasste. «Alles, was er in den Clubs bestellt hatte, wurde aufgeschrieben. Sein Vater kam dann später die Rechnungen zahlen.»

Kalman von Csazy (80) – früher der «Belmondo» der Langstrasse, heute ein gebrochener Mann, dem die Ausschaffung droht.
Foto: Blick
1/10

Während Benz schuften musste, um über die Runden zu kommen, schien sein Freund von Csazy in der beneidenswerten Situation ewigen Reichtums zu sein. Er wohnte in einer Villa in der Nähe des Klusplatzes und arbeitete (wenn überhaupt) für seinen Vater. Zwischen 1970 und 1990 jettete er regelmässig nach Las Vegas und verkaufte dort Perücken im grossen Stil, später importierte er Motorboote in die Schweiz. So erzählen es er und seine Freunde jedenfalls.

Sein Vater schenkt ihm einen Ferrari

Manches klingt verklärt, anderes ziemlich bitter. So kaufte ihm 1961 sein Vater den Ferrari 250 GTO – davon gibt es weltweit 36 Stück – sie zählen heute zu den teuersten Oldtimern, die man erwerben kann.

Von Csazy fuhr damit zwischen 1961 und 1964 zahlreiche Rennen, manchmal zusammen mit der Schweizer Rennsport-Legende Karl Foitek (1931–2019), wie seine Söhne BLICK bestätigen. Dann verkaufte er das Auto 1964 an den Rennfahrer Pierre Sudan. Heute gehört der Ferrari dem Milliardär Ernesto Bertarelli (55). Er hatte das Auto für über 40 Millionen Franken einem deutschen Vorbesitzer abgekauft.

Keine Ordnung in den Akten

Doch das Leben in Saus, Braus und Alkohol setzt von Csazy immer mehr zu. Seine Freunde berichten, dass er nie gelernt habe, Ordnung in seine Angelegenheiten zu bringen. Während von Csazys Eltern sich um die Schweizer Staatsbürgerschaft bemühen und sie auch bekommen, kümmert sich der Sohn nie darum. Wegen seinen teilweise monatelangen Reisen ins Ausland verliert von Csazy 1999 darum automatisch seine Niederlassungsbewilligung in der Schweiz. Auch ums Geld kümmert er sich zu wenig. Nach dem Tod seiner Eltern verprassen er und seine Brüder das Vermögen – bis alles weg ist.

Das Resultat: Von Csazy ist 1999 als 58-Jähriger arbeitslos und bald pleite. Er kann sich aber noch eine ganze Weile recht erfolgreich durchs Leben wursteln. Allerdings nicht immer legal. 2009 schliesslich verurteilt man ihn erst wegen Urkundenfälschung, mehrfachem Betrug und Hausfriedensbruch zu einer Geldstrafe. 2014 wird von Csazy von der Polizei auf dem Zürcher Hegibachplatz verhaftet, weil er als Drogenkurier erwischt wird.

Als Drogenkurier aufgeflogen

«Ich wusste nicht, dass in den Couverts Kokain war. Ich habe sie nur von einem Mann im Anzug bekommen, um es einem anderen Mann im Anzug zu übergeben», verteidigt sich von Csazy. Das Gericht glaubt ihm nicht. Er wird zu einer Gefängnisstrafe von 16 Monaten bedingt verurteilt.

Vom Prunk der Vergangenheit ist heute nichts mehr übrig. Von Csazy ist pleite, wohnt in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung in Zürich. Die Besucher warnt er: Offenbar machen sich Bettwanzen im Zimmer breit. Sein bester Freund Felix Benz, der von Csazy in den Sixties noch beim Feiern beobachtet hatte, bringt heute regelmässig etwas Brot und Aufschnitt vorbei. Damit sein Kollege wenigstens etwas zu essen hat.

Jetzt droht das Ende in Ungarn

Für den 80-Jährigen kommt es wohl noch viel schlimmer. Nach einem Leben in der Schweiz soll er nun ausgeschafft werden. Das Migrationsamt verweigert ihm seit 2017 eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Das Bundesgericht stützte 2020 diesen Entscheid.

Für Felix Benz ein Skandal: «Ja, er hat Fehler gemacht, aber er ist ein guter Mensch, und man kann ihn jetzt doch nicht einfach nach Ungarn ausschaffen.» Von Csazy beherrsche die ungarische Sprache kaum und würde dort, mausarm wie er sei, sofort auf der Strasse landen. «Er hat niemanden, zu dem er könnte», sagt er. Zusammen mit anderen Freunden bezahlt Benz darum einen Anwalt, um von Csazys Ausschaffung doch noch zu verhindern.

Diverse schwere Erkrankungen

Retten könnten ihn wohl nur noch seine zahlreichen Krankheiten. Von Csazy hat ein kaputtes Herz, überblähte Lungen, einen Magentumor, ist schwer depressiv, Alkoholiker und medikamentenabhängig. Ärzte des Spitals Zürich schreiben dem Migrationsamt: Eine Ausweisung nach Ungarn würde der Mann kaum überleben.

Von Csazy zählt darum auf die Milde der Schweizer Behörden. «Auch wenn ich nicht mehr lang leben werde, hoffe ich, dass mich die Schweiz nicht auf Ungarns Strassen sterben lässt.»


Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?