Anklage gegen Rotlicht-Wirt Fredy B. (65)
Rembrandt-Millionen flossen in Milieu-Beiz

Seit bald drei Jahren müht sich die Berner Staatsanwaltschaft mit einem faulen Rembrandt-Deal ab. Langsam lichtet sich der Nebel um die verschwundenen Investoren-Millionen.
Publiziert: 28.01.2019 um 18:34 Uhr
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Aktualisiert: 31.01.2019 um 10:07 Uhr
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Viktor DammannReporter

Es sind happige Vergehen, die die Berner Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte dem Zürcher Rotlicht-Wirt Fredy B.* (65) vorwirft. BLICK liegt jetzt die Anklage gegen den damaligen Beizer der berüchtigten Kontaktbar Sonne und einen Komplizen vor. Sie werden des gewerbsmässigen Betrugs – eventuell Veruntreuung, mehrfach begangen – beschuldigt. Deliktsumme: rund sieben Millionen Franken.

Der Wirt, der seit 2016 in U-Haft hockt, hatte laut Anklage diversen Investoren vorgegaukelt, er habe ein Tizian-Gemälde (1488–1576) für sieben Millionen Franken erwerben können. Und dann wahrheitswidrig angegeben «bezüglich des Verkaufs des Bildes bereits in fortgeschrittenen Verhandlungen zu stehen». Es seien sogar bei einer Bank von einer Investorengruppe schon 20 Millionen Franken hinterlegt worden. 

Auf einmal taucht sogar ein Rembrandt auf

Fredy B. erklärte den gutgläubigen Anlegern, alle Ersparnisse in den Kauf des alten Meisters gesteckt zu haben. Er benötige daher ein Darlehen, um Expertisen oder Beratungskosten zu decken. Als Lohn habe der Gastronom mit einem Verkaufsgewinn des Tizian gelockt. Einige Zeit später doppelte der Beizer sogar noch nach: Er habe von derselben Erbengemeinschaft «praktisch kostenlos» ein Gemälde («Der Hauptmann von Bremen») von Rembrandt (1606–1669) übernehmen können.

Falscher Rembrandt: Der Gutachter wusste nichts von diesem Gemälde. Sein Urteil: nicht echt – quasi wertlos.
Foto: zvg
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Von diesem Moment an sprudelten die Darlehen. Zwischen 2007 und 2015 zahlten Investoren und deren Bekannte rund vier Millionen Franken. Damit der Geldstrom nicht abriss, behauptete B., die Erben würden hohe Rückforderungen an ihn stellen. Denn: Ihre Eltern hätten ihm die Bilder viel zu günstig abgegeben. 

Gutachter fällen eindeutiges Urteil

Trotz dieser wahrheitswidrigen Angaben stiegen weitere Anleger ein. «Ich zahlte ihm rund 500'000 Franken», so Geschäftsmann Herbert S.* zu BLICK. 

Nach der  Sicherstellung des vermeintlichen Millionen-Rembrandts kam bei den Investoren der grosse Frust. Ein Gutachter fiel in Sachen Echtheit ein vernichtendes Urteil: «Diese kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.» Und überhaupt: Die Ausführung sei von geringer künstlerischer Qualität. Ergo: Solche Werke hätten einen sehr geringen Wert.

Geld ging an die Freundin, nach Brasilien – und in eine weitere Beiz

Wo sind die Millionen dann geblieben? Laut Anklage hat Fredy B. die Darlehen für Steuerschulden, seinen Lebensunterhalt und Unterhaltszahlungen verwendet. Zudem soll er vom Geld seiner brasilianischen Freundin die Miete bezahlt und ihr oder deren Mutter 2,5 Millionen Franken nach Brasilien überwiesen haben.

Weitere Mittel flossen ins Milieu. Fredy B. soll rund 500'000 Franken für den Umbau und Betrieb seiner in Untermiete geführten Pirata-Bar im Zürcher Kreis 4 verwendet haben. Ausserdem habe er während vier Jahren die Löhne und das Unterhaltungsprogramm mit mindestens einer Million Franken finanziert.

Fredy B. in U-Haft – teilgeständig

Dies bestätigt auch Daniel Schütz, der Anwalt von Fredy B.: «Mein Mandant ist teilweise geständig, Gelder für das von den Investoren als «Bilderhandel» bezeichnete Geschäft entgegengenommen zu haben.» Er sei davon ausgegangen, dass die Gemälde echt seien – und von einem Austausch des Rembrandts wisse sein Mandant nichts. 

Der Prozess gegen den Beizer soll im Mai mehr Licht ins Dunkel bringen. 

*Namen bekannt

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