«Ich fühle mich von der Raiffeisen hintergangen»
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Mitarbeiter belästigte Adi G.«Ich fühle mich von der Raiffeisen hintergangen»

Adi G. schreibt nach mieser Raiffeisen-Beratung schlechte Google-Bewertung
«Der Banker begann danach, mich zu belästigen!»

Nach einer enttäuschenden Beratung bei der Raiffeisen schrieb Adi G.* (33) eine schlechte Online-Bewertung. Plötzlich belästigte der kritisierte Bankangestellte den St. Galler auf verschiedenen privaten Kanälen. Zur Entschuldigung gabs einen 100-Franken-Gutschein.
Publiziert: 12.02.2024 um 01:06 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2024 um 11:31 Uhr
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Sandro ZulianReporter News

Eigentlich wollte Adi G.* nur seine Bankkarte ersetzen lassen. «Der Chip der Raiffeisen-Karten geht im Vergleich zu anderen Karten meiner Erfahrung nach schneller kaputt», sagt der 33-jährige Service- und Montageleiter. Der gebürtige St. Galler wohnt in Wallisellen ZH und möchte seinen richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen.

Vergangenen Sommer war es wieder einmal so weit – Chip kaputt. Oft sei die Bank kulant gewesen, erzählt G., weil die Mitarbeiter in der Filiale gesehen hätten, dass er die Karte nicht selbst beschädigt habe. Er zahlte deshalb jeweils keine Ersatzgebühr.

Schlechte Beratung provoziert schlechte Bewertung

Anders in der Raiffeisen-Filiale Wallisellen in der Agglomeration Zürich. Hier spürt Adi G., dass der Bankangestellte sich nur müde für sein Anliegen interessiert: «Er sagte immer wieder, ich solle doch einfach in der App eine neue Karte bestellen.» G. fühlt sich weder ernst genommen noch verstanden. Wütend verlässt er die Filiale wieder, ohne eine neue Karte bestellt zu haben.

Er schrieb im Sommer 2023 eine schlechte Google-Bewertung über die Raiffeisen-Filiale Region Glatt: Adi G. (33).
Foto: Sandro Zulian
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Noch am selben Tag verfasst er auf Google eine Online-Rezension für die Filiale der Raiffeisen-Bank. Bewertung: zwei Sterne. Der 33-Jährige schreibt: «Schönes Interieur, aber leider sehr unprofessionelle und unsympathische Beratung von dem Herrn an der Empfangstheke. Werde die Bank wechseln.»

Schnell erhält G. eine Antwort von der Bank. Man wolle den Vorfall genauer untersuchen, heisst es darin. G. bekommt eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse, wo er sich melden kann.

G. vom Bankangestellten auf tutti.ch angeschrieben

Zugleich meldet sich am selbem Tag auch der kritisierte Bankangestellte bei G. Aber nicht etwa per Mail oder Telefon, sondern über tutti.ch, wo G. gerade im Begriff war, ein Auto zu verkaufen. Die Nachricht: «Ich bitte Sie inständig, die schlechte Bewertung noch heute auf Google zu löschen. Mir geht es sehr schlecht, und ich habe Angst, meinen Job wegen Ihrer Bewertung zu verlieren. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, Menschlichkeit zu zeigen.»

G. kann es kaum glauben. «Wie kommen Sie darauf, mich auf diesem Kanal zu kontaktieren?», schreibt er, danach blockiert er den Nutzer. Ruhe kehrt darauf aber nicht ein. In den folgenden Tagen sei er mit Anrufen des Bankangestellten nahezu überhäuft worden, erzählt G. Blick. «Der Banker begann mich plötzlich zu belästigen. Immer wieder rief er auf mein Handy an, morgens, mittags, abends. Dann blockierte ich ihn auch dort.»

«Ich bekam einen 100-Franken-Einkaufsgutschein»

Als der aufdringliche Angestellte auch noch bei G.s Arbeitsstelle anruft und droht, ihm müsse bewusst sein, dass er auch das Gleiche mit ihm machen könne, hat G. endgültig genug. Weil ihm mulmig wird, löscht er seine Google-Bewertung, macht aber geistesgegenwärtig einen Screenshot davon. Zudem meldet er den Vorfall beim Vorgesetzten des Raiffeisen-Mitarbeiters.

Dann geht alles schnell. Die Vorgesetzten melden sich bei G., entschuldigen sich in aller Form und versprechen, dass die Vorfälle ernste Konsequenzen haben würden.

G. erhält nebst vielen Entschuldigungen des Leiters der Geschäftsstelle und des Vorsitzenden der Bankleitung auch eine finanzielle Wiedergutmachung. «Ich bekam einen 100-Franken-Einkaufsgutschein.»

Später entdeckt G. jedoch, dass der fragliche Mitarbeiter noch immer bei der Raiffeisen angestellt ist, einfach in einer anderen Niederlassung der Bank. Darum wendet er sich an Blick. «Dieser Mitarbeiter hat Einsicht in meine privaten Bankdaten», sagt G.

Raiffeisen verweist auf Bankkundengeheimnis

Auf Nachfrage von Blick, wieso der aufdringliche Angestellte weiter bei Raiffeisen arbeitet, antwortet Mediensprecher Jan Söntgerath: «Aufgrund des Bankkundengeheimnisses äussert sich Raiffeisen Schweiz nicht zu konkreten Einzelfällen. Zu bestehenden oder früheren Anstellungsverhältnissen nimmt Raiffeisen Schweiz aus persönlichkeits- und arbeitsrechtlichen Gründen keine Stellung.»

Dass man unzufriedene Kunden mit einem Einkaufsgutschein besänftigt, scheint jedoch eine Eigenheit der Glattaler Filiale zu sein. Offiziell sei dieses Vorgehen nicht, schreibt Söntgerath: «Raiffeisen Schweiz ist keine solche Praxis bekannt.»

* Name geändert

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