260 Passagiere gefährdet
Fluglotse (36) steht wegen Beinahe-Kollision vor dem Zürcher Obergericht

Im März 2011 hat ein Fluglotse gleich zwei Flugzeugen eine Starterlaubnis gegeben. Die Piloten erkannten die Gefahr und brachen den Start ab. Nun steht der Mann vor Gericht.
Publiziert: 27.11.2018 um 07:34 Uhr

Weil er zwei Flugzeugen gleichzeitig die Starterlaubnis erteilte, muss sich ein 36-jähriger ehemaliger Fluglotse heute Mittwoch vor dem Zürcher Obergericht verantworten. Sein Fehler hatte im März 2011 beinahe einen Crash von zwei Airbus-Maschinen zur Folge.

Der Skyguide-Mitarbeiter erteilte zwei Flugzeugen mit insgesamt mehr als 260 Passagieren an Bord unmittelbar nacheinander die Starterlaubnis - allerdings auf zwei Pisten, die sich kreuzen.

Die Piloten der einen Maschine erkannten glücklicherweise die Gefahr und brachen den Start gerade noch rechtzeitig ab. Auch der Lotse befahl Startabbruch, allerdings erst im Nachhinein. Im Cockpit der anderen Maschine blieb die Gefahr unbemerkt.

Ein Mitarbeiter von Skyguide kontrolliert die Monitore, hier im Tower des Flughafen Zürich Kloten. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Das Bezirksgericht Bülach hatte den Fluglotsen, der mittlerweile im Hintergrund der Flugsicherung arbeitet, im Dezember 2016 noch freigesprochen. Der Lotse könne nicht für etwas verurteilt werden, das gar nicht passiert sei, fand das Gericht. Das Gericht äusserte zudem Verständnis für die stressige Arbeitssituation des Lotsen.

Kritik äusserte das Gericht damals am Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL). Komme es jemals zu einem Unfall, seien nicht die Lotsen schuld, sondern die komplizierte Situation am Flughafen Zürich. Für die sich kreuzenden Pisten trage das BAZL die Verantwortung.

Die Staatsanwaltschaft fordert aber eine Verurteilung wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs, weshalb sie den Fall vor Obergericht gezogen hat. Sie fordert eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 100 Franken.

Auswirkungen auf die Fehlerkultur

Dieser Fall ist der erste in der Schweiz, bei dem sich ein Fluglotse juristisch für einen Zwischenfall verantworten muss, obwohl niemand zu Schaden kam. Kommt es zu einem Schuldspruch, fürchtet die Flugsicherung Skyguide um ihre Fehlermelde-Kultur.

Sie geht davon aus, dass Fehler aus Furcht vor juristischen Konsequenzen seltener gemeldet würden. Schwachstellen zu erkennen und daraus zu lernen würde dann schwieriger.

Inzwischen ist ein zweiter, ähnlicher Fall am Bezirksgericht Bülach hängig. Auch dort geht es um einen Lotsen-Fehler, der beinahe zu einem Zusammenstoss zweier Flugzeuge geführt hätte.

Ein Urteil wollte das Gericht nach dem Prozess im September aber nicht fällen. Es will zuerst den Gutachter eingehender befragen. Dies wird im Januar 2019 der Fall sein. (SDA)

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