«Zum tatsächlichen Absturz hat nicht viel gefehlt»
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Luftfahrtexperte Egger:«Zum tatsächlichen Absturz hat nicht viel gefehlt»

Aviatik-Experte analysiert den Patrouille-Suisse-Crash
«Oberer Pilot näherte sich auf gefährliche Art und Weise»

Am Donnerstag touchieren sich zwei Flieger der Patrouille Suisse bei Baar ZG. Luftfahrtexperte Hansjörg Egger, der selbst schon bei der Patrouille Suisse mitflog, hat den Crash für Blick analysiert.
Publiziert: 15.06.2023 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 22:00 Uhr
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Marian NadlerRedaktor News

Am Donnerstag ereignet sich am Himmel über Baar ZG beinahe eine Katastrophe. Zwei Patrouille-Suisse-Flieger touchieren sich während eines Trainingsflugs. Trümmerteile landen auf einem Firmengelände. Eine Person wird verletzt.

Hier touchieren sich die Patrouille-Suisse-Flieger
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Der Aviatik-Experte Hansjörg Egger (71) flog als Angehöriger der Luftwaffe selbst bei der Patrouille Suisse mit. Für Blick analysiert er den Crash in Baar ZG.

«Der touchierte Pilot hat richtig reagiert», sagt der Militärluftfahrtexperte Hansjörg Egger.
Foto: Hansjoerg Egger
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Wie gefährlich ist es, wenn ein Flieger seine Nase verliert?

In Videos ist zu sehen, wie der obere Flieger den unteren Flieger vom Typ F-5 Tiger an der Nase berührt. «Grundsätzlich muss eine Touchierung nicht zu einem Absturz führen», erklärt Egger. Entscheidend sei, welche Teile bei einem Crash erwischt würden. «Wenn Teile für die Manövrierung des Flugzeugs beschädigt sind, dann wird es heikel».

Die Nase gehört laut Egger nicht zu diesen Teilen. Im Kriegsfall sehe man immer wieder, wie Flugzeuge trotz starker Schäden weiterfliegen würden. Gefährlich wird es vor allem, wenn ein Teil des Flügels getroffen und ein Seiten- oder Höhenruder beschädigt wird. In solchen Fällen kommt es häufig zum Absturz und Schäden am Boden, sagt Egger.

Wie oft kommt es zu solchen Situationen bei Trainingsflügen?

Die kurze Antwort: extrem selten. «Die Abstände zwischen den Maschinen sind so bemessen, dass es nicht gleich zu einem schlimmen Crash kommt», sagt Egger. Aus seiner eigenen Erfahrung heraus habe er nie das Gefühl gehabt, dass die Patrouille Suisse irgendetwas riskiere.

«Es wurde stets alles unternommen, um einen solchen Zwischenfall zu verhindern», berichtet er. Er fügt allerdings hinzu: «Trotz aller Sicherheitsmassnahmen bleibt immer ein Restrisiko.»

Was war das für ein Schirm, der herunterkam?

Bei der Touchierung der beiden Flugzeuge sei der Bremsschirm des einen Flugzeuges ausgelöst worden und ebenfalls auf den Boden gefallen, teilte die Armee mit. «Der Pilot muss den Bremsschirm ausgelöst haben», glaubt Egger. Dieser wird eingesetzt, um bei einer Landung auf einer kurzen Piste die Bremsen zu schonen. Der Pilot blieb im Flugzeug, ein Fallschirm war es folglich nicht.

Wie gefährlich sind die Trümmerteile?

Die Flugzeugnase prallte an die Fassade eines Hauses. Beim Aufprall zersprangen die Scheiben des Hauses und durch die Glassplitter wurde eine Person leicht verletzt. «Die Chance, dass jemand durch Trümmerteile schwerer verletzt wird, ist relativ gering», ordnet Egger ein. «Über einer europäischen Grossstadt darf so etwas aber nicht passieren», macht der Militärluftfahrt-Experte deutlich.

Was geschah aus Sicht der Piloten?

«Der obere Pilot sieht den unteren Flieger nicht», erläutert Egger. Der Pilot in der unteren Maschine hatte gedankenschnell reagiert und war ein Stück nach unten abgesunken. «Er hat gesehen, dass der obere Pilot sich auf gefährliche Art und Weise nähert und wollte den Crash in letzter Sekunde verhindern», ist Egger überzeugt. «Man spricht hier nicht von Sekunden, sondern von Bruchteilen von Sekunden», ergänzt der erfahrene Flugzeugführer. Eggers Fazit: «Der touchierte Pilot hat richtig reagiert.»

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