Kurioser Fall vor Willisauer Bezirksgericht
Frau (51) wird geschieden – und weiss nichts davon

Fast ein Jahr danach erfuhr eine 51-jährige Frau, dass ihre Ehe geschieden wurde. Darüber gesprochen hat man mit ihr aber nie. Da sie laut ihrem Gatten nicht auffindbar war, erklärte das Willisauer Bezirksgericht LU die Scheidung für rechtskräftig.
Publiziert: 04.06.2022 um 10:56 Uhr
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Aktualisiert: 04.06.2022 um 11:34 Uhr

Mit Erstaunen musste eine 51-Jährige vergangenes Jahr feststellen, dass sie geschieden wurde. Laut ihrem Gatten ist sie angeblich nicht mehr auffindbar gewesen. Deshalb hat das Bezirksgericht Willisau LU die Eheleute kurzerhand für geschieden erklärt.

Wie «Zentralplus» berichtet, hatte der Mann im Jahr 2020 beim Willisauer Bezirksgericht die Scheidung eingereicht. Er behauptete, seine Gattin seit 2015 nicht mehr gesehen zu haben. Ausführlich schilderte der heute 80-Jährige dem Gericht die Suche nach seiner Frau, behauptete gar, seine Noch-Ehefrau befinde sich nicht mehr im Lande. Dies soll eine Anfrage beim Migrationsamt Zürich ergeben haben. Auch in den sozialen Medien und im Internet gebe es keinen Hinweis darauf, wo sie sich aufhalten könnte.

Mann wollte sich schon 2018 scheiden lassen

Der Richter machte daraufhin kurzen Prozess: Im Luzerner Kantonsblatt publizierte er einen Aufruf, dass die Frau zur Scheidungsklage ihres Mannes Stellung nehmen sollte. Bleibe die Annonce unbeantwortet, nehme das Gericht an, dass sie von einer Gerichtsverhandlung absehe, und würde im Sinne des Mannes entscheiden.

Eine Frau wurde geschieden, ohne dass sie etwas davon wusste (Archivbild).
Foto: Shutterstock
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So kam es dann auch. Ohne dass sich die Frau dazu äussern konnte, wurde ihre Ehe für geschieden erklärt. Wie die Zeitung weiter schreibt, soll der Haussegen bei den Eheleuten schon länger schief gehangen haben. Schon 2015 hatte ein Zürcher Gericht die beiden als offiziell getrennt erklärt. Da dieses Eheschutzverfahren die Vorstufe der Scheidung ist, war der Weg dahin also schon geebnet.

2018 reichte der Mann dann im Kanton Zürich die Scheidung ein – und scheiterte. Das Zürcher Gericht erklärte sich für nicht zuständig: Die Frau war nämlich nicht mehr im Kanton wohnhaft. Tatsächlich hatte sie sich in einer Luzerner Vorortgemeinde angemeldet und wurde deshalb von Amtes wegen in Zürich abgemeldet.

Jetzt sind sie wieder verheiratet

Zwei Jahre später startete der Mann gemäss «Zentralplus» dann beim Bezirksgericht Willisau einen zweiten Versuch – diesmal erfolgreich. Erst ein Jahr später bekam die Frau, die entgegen den Aussagen ihres Ex-Mannes aber noch immer in der Schweiz wohnte, von der Scheidung Wind – und fiel aus allen Wolken.

Umgehend forderte sie das Willisauer Bezirksgericht auf, diese rückgängig zu machen. Als das nicht klappte, platzierte sie ihr Anliegen beim Kantonsgericht – und stiess da auf offene Ohren. Es erklärte die Scheidung für nichtig und rüffelte das Willisauer Bezirksgericht dafür, dass es keine Abklärungen über den Verbleib der Frau angestellt habe und einfach ihrem Mann geglaubt habe.

Ihm brummt das Gericht zudem auf, seiner – sozusagen nun wieder frisch verheirateten – Frau 7000 Franken an Gerichts- und Anwaltskosten zu erstatten. Ob er das aber überhaupt mitkriegt, ist unklar. Er lebt nämlich mittlerweile in Thailand. (dzc)

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