Zeitungsinterview in Italien gibt zu Reden
«Cassis bringt populistischen Wind nach Bern»

Aussenminister Ignazio Cassis hat in Italien ein Zeitungsinterview gegeben. Und dort ein neues Bild von der Schweiz vermittelt. Nicht eben ein positives.
Publiziert: 26.07.2018 um 23:48 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:11 Uhr

Aussenminister Ignazio Cassis (57) macht mal wieder Schlagzeilen. Diesmal in Italien. Der Zeitung «Corriere della Sera» hat der Tessiner Bundesrat Ende letzte Woche ein Interview gegeben, das es in sich hat.

Der Journalist, der mit Cassis sprach, kommt zum Schluss: «Mit ihm ist der populistische, souveränistische, identitäre Wind, der im Osten weht, auch in Bern angekommen.» Denn was Cassis sage, hätte auch aus dem Mund des italienischen Lega-Innenministers Matteo Salvini (45) kommen können.

«Die EU riskiert, zu implodieren»

Starker Tobak: Den FDP-Bundesrat mit Salvini zu vergleichen, der Roma registrieren will, hämische Sprüche über Migranten klopft und massgeblich zur rechtspopulistischen Ausrichtung der Lega Nord beigetragen hat.

Bundesrat Ignazio Cassis gab einer italienischen Zeitung ein Interview. Die Journalisten sehen den Schweizer auf den Spuren von Italiens Matteo Salvini.

Wie ist es dazu gekommen? Nun, Cassis sagte im Interview unter anderem: «Brüssel hat zu viel Macht zentralisiert. Dezentralisiert sich die EU nicht, riskiert sie, zu implodieren.» Und: «Die traditionellen Parteien haben die Stimmung im Volk nicht verstanden.» Weiter: «Das Schönste? Zu Hause der Meister zu sein.» Sätze, die Salvini wohl unterschreiben würde. Aber eben nicht nur er.

Neuer Wind in der Aussenpolitik

Es zeigt sich einmal mehr, dass mit Cassis ein neuer Wind in der Schweizer Aussenpolitik weht. Seinem Vorgänger Didier Burkhalter (58) wäre es jedenfalls nie in den Sinn gekommen, der EU Ratschläge in Sachen Föderalismus zu geben. Schliesslich schätzen es ja Schweizer auch nicht, wenn man ihnen sagt, was sie zu tun haben.

Dennoch wagt Cassis die These, dass Frankreich, Italien und Deutschland aus Monarchien hervorgegangen seien – was man heute noch merke: Betrachte man beispielsweise einen französischen Präsidenten, beobachte man diesen «alten imperialen Geist».

Cassis gibt häufiger zu reden

Es ist nicht das erste Mal, dass Cassis' Aussagen provozieren. Im Mai hatte er in einem Interview gesagt, das Uno-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge UNRWA sei ein Hindernis für Frieden in Nahost. Und erst kürzlich brachte er die Gewerkschaften gegen sich auf, als er den in den flankierenden Massnahmen festgelegten Lohnschutz zur Diskussion stellte. (sf)

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