Wissenschaftler besorgt und ratlos
Zahl der Insekten in 30 Jahren um 80 Prozent gesunken

Die Wissenschaftler können sich derzeit das Phänomen des Insektensterbens nicht genau erklären.
Publiziert: 20.10.2017 um 06:46 Uhr
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Aktualisiert: 27.07.2022 um 15:27 Uhr

Für einige sind sie nur lästig, für das Ökosystem ein wichtiger Baustein: Insekten. Langzeitstudien haben jetzt belegt, dass in den letzten 27 Jahren die Gesamtmasse der Insekten um mehr als 75 Prozent abnahm. Die Daten wurden in Deutschland verteilt gesammelt, wie Professor Johann-Wolfgang Wägele erklärt.

«Es gibt eine standardisierte Aufsammlung von Insekten hier in Nordrhein-Westfalen, die sich über 30 Jahre hinzieht. Es zeigte sich bei der Auswertung der Proben, dass in Schutzgebieten, wo man also glauben sollte, dass die Natur in gutem Zustand ist, wir bis zu 80 Prozent der Insekten in den letzten 30 Jahren verloren haben.»

Das sind dramatische Zahlen die Experten in Alarmstimmung versetzen, und sicherlich auch bei Laien ein ungutes Gefühl hinterlassen, denn die kleine Lebewesen spielen unter anderem auch bei der Bestäubung von Pflanzen, oder dem Abbau organischer Masse eine wichtige Rolle - und sind für viele Vogelarten Hauptnahrungsquelle:

«Wenn die Insekten fehlen, dann verhungern die Küken, und das ist auch eine Ursache für den Rückgang der Vögel. Das heisst, der Rückgang der Insekten betrifft das gesamte Ökosystem, und wir können sagen, dass die Natur ärmer wird und dass die Leistungen der Insekten, die für die Landwirtschaft wichtig sind, immer geringer werden.»

Die Wissenschaftler können sich derzeit das Phänomen des Insektensterbens nicht genau erklären. Der Klimawandel trage aber keine Schuld daran, sagte Wägele.

«Das Klima wird wärmer, und wir wissen, in wärmerem Klima sollte die Zahl der Insekten zunehmen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Andere Faktoren, wie die Ausdehnung landwirtschaftlicher Flächen, spielen auch keine Rolle. Es hat eher einen Rückgang gegeben als eine Ausdehnung. Der Rückgang ist insofern mit den Daten, die wir bis jetzt haben, nicht erklärt, aber es gibt Hypothesen. Alles, was wir bis im Moment wissen, deutet darauf hin, dass Faktoren aus der Landwirtschaft eine entscheidende Rolle spielen. Und da kommen in Frage Überdüngung, Gülle und vor allem Pestizide.»

Daher müsse dringend gehandelt werden, fordert Wägele. Man müsse mit den Akteuren reden, die Pestizide versprühten, und vor allem mit der chemischen Industrie.

«Und dann müssen wir den ökologischen Landbau fördern. Denn dort, wo ökologischer Landbau betrieben wird, geht es der Tierwelt wesentlich besser.»

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