Auf diesem See sollen bald LKWs parkieren
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Pro Natura läuft Sturm:Auf diesem See sollen bald LKWs parkieren

Parkplätze für Raststätte, die vielleicht gar nie kommt
Wieder Chaos auf Pannen-Autobahn A9!

Bei Raron im Oberwallis soll eine Autobahnraststätte gebaut werden. Doch das Vorgehen dabei sei nicht gesetzeskonform, finden zwei Umweltverbände. Sie drohen deshalb mit dem Bundesverwaltungsgericht. Beim Autobahnbau im Wallis scheint nichts einfach zu sein.
Publiziert: 01.05.2023 um 23:59 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2023 um 09:52 Uhr
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Martin MeulReporter News

Eva-Maria Kläys (56) Stimmung passt so gar nicht zur idyllischen Stimmung am Baggersee Steineja bei Raron VS. Die Geschäftsführerin von Pro Natura Oberwallis sagt zu Blick: «Was sich rund um diesen See abspielt, ist eine Peinlichkeit sondergleichen.»

Kläy meint die Pläne für die einzige Autobahnraststätte im Oberwallis, die im Zusammenhang mit der als «Pannenautobahn» bekannten A9 eröffnet werden soll. Gebaut werden soll die Raststätte mitten im Feld zwischen Visp VS und Raron, direkt an jenem Baggersee.

Für das Projekt laufen zwei Plangenehmigungsverfahren: Eines für die Raststätte – hier ist der Kanton Wallis in der Verantwortung – und das andere für die Park-, Stau- und Stellplätze der Lastwagen, für welche das eidgenössische Departement für Umwelt und Verkehr Uvek verantwortlich ist.

Sonja Oesch (links) und Eva-Maria Kläy finden, dass die Pläne für die Raststätte vollkommen überdimensioniert sind.
Foto: Zamir Loshi
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Dann ging der Richtplan vergessen

Doch wie so oft beim Autobahnbau im Wallis gibt es Probleme, selbst bei vermeintlich so einfachen Dingen wie einer Raststätte. So haben die kantonalen Behörden im Wallis, aber auch das Uvek, vergessen, ihre Richtpläne anzupassen. Damit fehlt für das Projekt die raumplanerische Grundlage – gerade weil die Raststätte auch die Landwirtschaftszone tangiert, ist das kein kleines Versäumnis.

Aufgefallen ist der fehlende Richtplan dem Bundesamt für Raumentwicklung ARE vergangenes Jahr. Die Folge war die vorübergehende Sistierung der Planungsarbeiten mit dem Auftrag ans Uvek und die Walliser Behörden, jetzt ihre Aufgaben zu erledigen.

Voran geht es seither aber nur beim Bund. Vor wenigen Wochen durfte das Uvek, nachdem die nationalen Richtpläne angepasst wurden, mit der Planung der Stellplätze endlich fortfahren. Beim Kanton Wallis hingegen harzt es weiterhin. So sehr, dass der Bund offenbar nicht mehr warten wollte.

So kommt es bei der Autobahnraststätte zur bizarren Situation, dass zwar Park- und Stellplätze für LKWs einen Schritt näher zum Baustart kommen – während es für die Raststätte selber nach wie vor keine raumplanerische Grundlage gibt. «Genau diese braucht es aber, damit es weitergehen kann», betont Sonja Oesch (43) von der Walliser Sektion des Verkehrsclub Schweiz.

Baggersee müsste zugeschüttet werden

Der VCS und Pro Natura gehören denn auch zu den grossen Gegnern der geplanten Raststätte in Raron. Einerseits finden sie, dass die Autobahnraststätte völlig überdimensioniert ist. 300 Park- und Stellplätze brauche es schlicht nicht im Oberwallis, so der Tenor.

Andererseits sind die Umweltschützer überzeugt, dass der Standort falsch gewählt ist. «Der Baggersee Steineja müsste für die Raststätte zu grossen Teilen zugeschüttet werden», erklärt Eva-Maria Kläy von Pro Natura. Das sei in Zeiten des Klimawandels unverantwortlich. Wasserflächen würden helfen, die Temperatur zu regulieren. «Man muss die wenigen Gewässer im Oberwallis deshalb schützen.» Wegen dieser zwei Gründe haben die Verbände gegen das Projekt Einsprache eingelegt. Ihr Ziel ist klar: keine Raststätte beim Baggersee!

Dass der Bund nun die Planungsarbeiten für die Stellplätze trotzdem weiterführt, ist für Kläy ein Zeichen dafür, dass die «Walliser Autobahnmauscheleien jetzt auch Bern erreicht haben». Der Bund könne nicht einfach weitermachen, obwohl nur die Hälfte der Ungereimtheiten behoben worden sei, sagt auch Oesch.

Landet das Projekt vor Gericht?

Pro Natura und der VCS verlangen stattdessen, dass die Planungsarbeiten erst dann weitergehen, wenn auch der kantonale Richtplan angepasst ist. «Alles andere wäre undemokratisch», sagt Kläy und stellt den Gang vor das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht, sollte «Bern nicht zur Vernunft kommen» und auf den Walliser Richtplan warten.

Das Uvek wollte sich auf Anfrage von Blick nicht zu der Angelegenheit äussern, man verweist auf das laufende Verfahren.

Das Risiko, dass das Ganze vor einem Gericht landet, ist entsprechend gross. Und das Hickhack um die Raststätte Steineja sorgt damit für ein weiteres Kapitel an Pleiten, Pech und Pannen bei der Autobahn A9, das die Behörden wohl noch Jahre beschäftigen wird.

Immer wieder Probleme mit der A9

Der Bau der Autobahn A9 im Wallis ist ein Garant für peinliche Schlagzeilen. Einmal scheitern die Planer an einfachen Fertigkeiten wie der Verwendung eines Massbandes. So wurde vergangenes Jahr bekannt, dass der Abschnitt zwischen Raron und Gampel 50 Zentimeter zu schmal gebaut wurde. Kostenpunkt gemäss Eidgenössischer Finanzkontrolle EFK: 400'000 Franken. Martin Hutter (56), Chef der Dienststelle für Nationalstrassenbau, sagte Blick, als dieser die Story publik machte: «Es wäre sicher nicht verkehrt gewesen, wenn jemand mal einen Meter in die Hand genommen hätte.»

Oder aber es gibt Probleme beim Anmischen des Betons, das zu Verzögerungen und hohen Mehrkosten führt. Passiert etwa beim Bau des Tunnels Eyholz vor rund 10 Jahren. Auf einer Strecke von über 600 Metern musste der Beton wieder herausgerissen werden, weil die falsche Mischung verwendet worden war. Schaden: 300'000 Franken.

Am Riedbergtunnel bei Gampel wird unterdessen seit rund 20 Jahren gebaut. Die Geologie des Berges ist dabei so kompliziert, dass die Kosten für das Bauwerk enorm angestiegen sind. Insgesamt wird der 560 Meter lange Tunnel 220 Millionen Franken kosten – ein Meter kostet hier also soviel wie ein neuer Lamborghini.

Der gesamte Autobahnabschnitt im Oberwallis – eine rund 35 Kilometer lange Strecke zwischen Siders und Brig – wurde ursprünglich auf 2,1 Milliarden Franken veranschlagt. Unterdessen rechnet man mit mindestens 4,4 Milliarden Franken Baukosten.

Die Autobahn A9 im Wallis wird teuer! 4,4 Milliarden sollen die rund 36 Kilometer Autobahn insgesamt kosten.
ANDREA SOLTERMANN

Der Bau der Autobahn A9 im Wallis ist ein Garant für peinliche Schlagzeilen. Einmal scheitern die Planer an einfachen Fertigkeiten wie der Verwendung eines Massbandes. So wurde vergangenes Jahr bekannt, dass der Abschnitt zwischen Raron und Gampel 50 Zentimeter zu schmal gebaut wurde. Kostenpunkt gemäss Eidgenössischer Finanzkontrolle EFK: 400'000 Franken. Martin Hutter (56), Chef der Dienststelle für Nationalstrassenbau, sagte Blick, als dieser die Story publik machte: «Es wäre sicher nicht verkehrt gewesen, wenn jemand mal einen Meter in die Hand genommen hätte.»

Oder aber es gibt Probleme beim Anmischen des Betons, das zu Verzögerungen und hohen Mehrkosten führt. Passiert etwa beim Bau des Tunnels Eyholz vor rund 10 Jahren. Auf einer Strecke von über 600 Metern musste der Beton wieder herausgerissen werden, weil die falsche Mischung verwendet worden war. Schaden: 300'000 Franken.

Am Riedbergtunnel bei Gampel wird unterdessen seit rund 20 Jahren gebaut. Die Geologie des Berges ist dabei so kompliziert, dass die Kosten für das Bauwerk enorm angestiegen sind. Insgesamt wird der 560 Meter lange Tunnel 220 Millionen Franken kosten – ein Meter kostet hier also soviel wie ein neuer Lamborghini.

Der gesamte Autobahnabschnitt im Oberwallis – eine rund 35 Kilometer lange Strecke zwischen Siders und Brig – wurde ursprünglich auf 2,1 Milliarden Franken veranschlagt. Unterdessen rechnet man mit mindestens 4,4 Milliarden Franken Baukosten.

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Keinen Einfluss auf weiteren Bau der A9

Wenigstens eine gute Nachricht gibt es aber trotzdem noch zu vermelden. So ist das Gezänke rund um die Autobahnraststätte nichts, was sich auf die Fertigstellung des Autobahnabschnitts selbst auswirken wird. Das glaubt jedenfalls Martin Hutter, Chef der Dienststelle für Nationalstrassenbau beim Kanton Wallis. Er verspricht, dass der Abschnitt pünktlich eröffnet wird. 2025, spätestens 2026, soll es so weit sein. Vorausgesetzt, es ereignen sich keine weiteren Pannen.

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