«Wenn wir gehen, ist auch die Hoffnung verloren»
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Die letzten Mormont-Aktivisten:«Wenn wir gehen, ist auch die Hoffnung verloren»

BLICK spricht mit den letzten Demonstranten auf den Bäumen
«Die Polizisten verpflegen uns mit Aprikosen und Mandeln»

Rund 150 Aktivisten hat die Waadtländer Polizei seit Dienstag vom besetzten Hügel Mormont bei Eclépens VD geholt. Zwei kriegen sie nicht weg. «Grelinette» und «Écureil» verstecken sich in den Bäumen – zu hoch für die Polizei. BLICK hat mit ihnen gesprochen.
Publiziert: 31.03.2021 um 17:40 Uhr
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Aktualisiert: 31.03.2021 um 19:16 Uhr
Luisa Ita, Fabian Vogt

Jetzt sind nur noch «Grelinette» (Deutsch: Gartengabel) und «Écureuil» (Eichhörnchen) übrig. Als letzte aus einer Gruppe von anfangs 150 Umweltaktivisten, die seit Oktober aus Protest den Hügel Mormont bei Eclépens VD besetzten, harren sie auf den Bäumen des Hügels aus.

Die Zementfirma Holcim trägt auf dem Mormont seit Jahrzehnten Steine ab, das Gebiet wird mit Einwilligung des Kantons fortlaufend vergrössert. Grelinette und Écureil wollen das nicht Mitansehen. Solange sie und die anderen Aktivisten dort waren, konnte nicht abgebaut werden. Doch am Dienstag räumte die Polizei den Hügel.

Mehrheitlich lief das friedlich ab, 83 Personen wurden verhaftet und identifiziert, bis auf 20 wurden alle wieder freigelassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie unter anderem wegen Hausfriedensbruch, Verhinderung einer Amtshandlung und in geringem Masse auch wegen Gewalt gegen Amtsträger.

«Grelinette» (links) und «Écureil»: Die letzten Aktivisten, die auf dem Mormont-Hügel bei Eclépens ausharren.
Foto: Luisa Ita
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«Hoffen für die Natur, dass es keinen Schluss gibt»

Grelinette und Écureil haben das alles nicht mitbekommen. Seit sie am Dienstag auf einen Baum geklettert sind, ausgestattet mit Schlafsack, Hängematte und Seilen, sind sie nicht wieder runtergekommen. Sie haben sich fast häuslich eingerichtet, haben sogar eine Art Toilette konstruiert. Ansonsten haben sie sich kaum bewegt. In rund 30 Metern Höhe hängen sie in einer Astgabel, legen sich abwechselnd schlafen, singen, basteln, rufen Parolen, versuchen, die Polizei zu nerven. Diese hat bisher vergeblich versucht, die Aktivisten vom Baum zu bekommen.

«Die können halt nicht so gut klettern», sagt Écureil zu BLICK. Ansonsten seien die Polizisten aber nett. «Sie verpflegen uns mit Aprikosen und Mandeln», sagt sie. Zusammen mit etwas Reis und Oliven sei das genug Nahrung, um nicht zu verhungern. «Wir kämpfen bis zum Schluss, aber wir hoffen für die Natur, dass es keinen Schluss gibt».

«Irgendwann müssen sie runter»

«Irgendwann müssen sie herunterkommen. Sie können nicht ihr ganzes Leben dort oben bleiben», sagt eine Polizeisprecherin zu BLICK. Sie gewaltsam runterzuholen, sei aber aufgrund der Lage des Baumes äusserst schwierig und zu gefährlich. «Wenn einer der Aktivisten fällt, dann ist er tot», sagt die Sprecherin.

Nun würde eine Sicherheitsfirma in regelmässigen Abständen das Gelände patrouillieren und die Polizei informieren, wenn die beiden unten sind. «Sie sind von allein raufgeklettert, also schaffen sie es auch wieder nach unten», so die Sprecherin.

Bei einem dritten Aktivisten hat diese Verhandlungstaktik genützt. Er durchstand auch eine Nacht in den Bäumen, musste dann aber entkräftet hinuntersteigen. «Den Gefallen machen wir ihnen nicht», sagt Écureil. «Wenn wir gehen, ist auch die Hoffnung verloren.»

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