Wegen «ernstzunehmender Bedrohungssituation»
Umfassender Personenschutz für Ex-Sonderermittler Dick Marty

Der Ex-Sonderermittler und ehemalige FDP-Ständerat Dick Marty steht seit Dezember 2020 unter verstärkten Personenschutz. Der Grund: Eine «ernstzunehmende Bedrohungssituation» für Marty.
Publiziert: 09.04.2022 um 22:00 Uhr

Wegen einer «ernstzunehmenden Bedrohungssituation» steht der ehemalige Tessiner FDP-Ständerat und Sonderermittler Dick Marty (77) seit Dezember 2020 unter verstärktem Personenschutz. Die Bundesanwaltschaft spricht von einem «umfassenden Massnahmendispositiv».

Zu diesen Massnahmen gehöre etwa die Sicherung im unmittelbaren Umfeld von Marty, bestätigte die Bundesanwaltschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einen Bericht des «Tages-Anzeigers». Dazu zählten der Nahschutz bei Auftritten im öffentlichen Raum oder technische Schutzmassnahmen am Wohnort. Die Sicherheits- und Schutzmassnahmen würden nach wie vor aufrechterhalten, schreibt die Bundesanwaltschaft weiter. Um deren Wirksamkeit nicht unnötig zu beeinträchtigen, könne sie dazu keine Einzelheiten bekannt geben.

«Ernstzunehmende Bedrohungssituation» für Marty seit Dezember

Sie bestätigte weiter, man habe ab Dezember 2020 von einer «ernstzunehmenden Bedrohungssituation» gegen Marty ausgehen müssen. Dabei gehe es neben strafrechtlichen Aspekten darum, den Personenschutz zu gewährleisten. Aufgrund des «mutmasslich länderübergreifenden Kontextes» weist der Fall gemäss Bundesanwaltschaft auch eine politische Komponente auf. Konkreter äussert sie sich nicht.

Wegen einer «ernstzunehmenden Bedrohungssituation» steht der ehemalige Tessiner FDP-Ständerat und Sonderermittler Dick Marty (77) seit Dezember 2020 unter verstärktem Personenschutz.
Foto: Philippe Rossier

Laut dem Medienbericht haben geheimdienstliche Verstrickungen und Mordpläne gegen den ehemaligen Tessiner Staatsanwalt zur Verstärkung des Sicherheitsdispositivs geführt. Die Zeitung stellt eine Verbindung her zu Martys früherer Tätigkeit als Sonderermittler im Auftrag des Europarates für Kriegsverbrechen im Kosovo, schreibt aber letztlich von einem «diffusen Bedrohungsbild.»

Er war 2010 zum Schluss gekommen, dass Teile der Führung der kosovarischen Befreiungsarmee UCK während des Kosovo-Krieges von 1998 bis 1999 Kriegsverbrechen begangen hatten. Später hatte das Kosovo-Sondertribunal in den Haag die entsprechende Anklage bestätigt und Taci trat im November 2020 als Staatspräsident zurück.

Marty deckte illegalen Organhandel in Albanien auf

Marty leitete unter anderem Untersuchungen zu illegalen Gefangenentransporten und Geheimgefängnissen in Europa und zu illegalen Organentnahmen an Gefangenen im Kosovo. Nach dem Kosovo-Krieg wurden laut Martys Bericht mehr als 400 Serben und «nicht-loyale» Albaner gekidnappt und nach Albanien gebracht. Dort wurden ihnen illegal Organe entnommen.

Kosovos damaliger Premier Hashim Taci (53) hatte Marty unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe mit Joseph Goebbels (†1945) verglichen. Die Anschuldigungen Martys wies der ehemalige Rebellenführer zurück. Er verzichtete aber auf eine angekündigte Klage gegen Marty.

Über die Festtage 2020 sei Marty nach einem bundesrätlichen Eilentscheid kurzfristig sogar von Elitesoldaten der Schweizer Armee bewacht worden, hiess es im Zeitungsbericht vom Samstag weiter. Zu diesem Aspekt äusserte sich die Bundesanwaltschaft auf Anfrage nicht. (SDA/chs)

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