Wegen CO2-Ausstoss und Feinstaub findet in einigen Gemeinden ein Umdenken statt
Klimasünder Feuerwerk?

Kommt nach dem Flugscham jetzt der Feuerwerksscham? Jährlich gelangen Tonnen CO2 und Feinstaub wegen des Feuerwerks in die Luft. In den Gemeinden findet da und dort nun ein Umdenken statt.
Publiziert: 25.07.2019 um 23:09 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2019 um 09:21 Uhr
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Flavio Paolo RazzinoNachrichtenchef

Es sind beeindruckende Zahlen: Geschätzte 1800 Tonnen Feuerwerkskörper werden pro Jahr in der Schweiz gekauft. Werden diese am 1. August oder an Silvester abgefackelt, gelangen 77,4 Tonnen CO2 in die Luft – und fast noch schlimmer – auch 320 Tonnen Feinstaub.

Kein Wunder also, dass das Abbrennen von Feuerwerken für Klimaaktivisten ein Ärgernis ist. Sie fordern seit Jahren aus Rücksicht auf Natur und Tiere ein Verbot. Dieses Jahr hat das Thema besondere Brisanz bekommen. So verzichtet die Migros Ostschweiz zum ersten Mal auf den Verkauf von Feuerwerkskörpern: Wegen sinkendem Umsatz – und zur Entlastung von «Umwelt, Mensch und Tier», wie es heisst. Dafür erntete sie von Umweltpolitikern Beifall.

Klimanotstand quer durchs Land

Zudem haben rund ein Dutzend Gemeinden in der Schweiz nach den Klimaprotesten den «Klimanotstand» ausgerufen. So etwa Basel-Stadt, Olten SO, Wil SG, Delsberg, Winterthur ZH, Liestal, Bern, Bülach ZH und Genf.

Gutes Geschäft: Geschätzte 1800 Tonnen Feuerwerkskörper werden pro Jahr in der Schweiz verkauft.
Foto: Keystone
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Brennende Frage vor dem 1. August: Müssten Gemeinden, die den Klimanotstand ausgerufen haben, nun konsequenterweise nicht auch das Abbrennen von Feuerwerk verbieten? Kommt nach dem Flugscham nun der Feuerwerkscham?

Klimanotstands-Gemeinden reagieren unterschiedlich. Die Stadt Bern will auch dieses Jahr ein Feuerwerk auf dem Gurten organisieren. Das bestätigt Benjamin Sterchi, Projektleiter der 1.-August-Feierlichkeiten. «Wie die Zukunft aussieht, können wir allerdings nicht sagen. Wir werden die Sache mit Blick auf den ausgerufenen Klimanotstand im nächsten Jahr in Ruhe anschauen.»

So schädlich sind Raketen und Co

Feuerwerke verursachen CO2-Emissionen – und vor allem eine hohe Feinstaubbelastung. So steigt die Konzentration von Feinstaub in der Luft am 1. August und zu Silvester jeweils beträchtlich an und überschreitet regelmässig die Grenzwerte. Bei ungünstiger Wetterlage bleiben die Schwebepartikel zudem lange in der Luft.

Feinstaub belastet die Atemwege. Betroffen sind davon vor allem Personen mit Atemwegs- und Kreislauferkrankungen. Das Bundesamt für Umwelt empfiehlt ihnen, sich möglichst nicht in der Nähe von Feuerwerken aufzuhalten. Gesunde Menschen ertragen die beiden Höchststände pro Jahr in der Regel gut. 

Der Feinstaub hinterlässt aber auch Spuren in der Natur. So sind die farbenprächtigen Raketen mit verschiedenen Metallverbindungen angereichert. Von den rund 2000 Tonnen Feuerwerk, die jährlich abgebrannt werden, fallen 500 Tonnen auf pyrotechnische Chemikalien wie Schwefel, Kalium, Barium und Aluminium. Stoffe, die als Niederschlag in Böden und Gewässer gelangen und bei zu hohen Konzentrationen schädlich sein können.

Feuerwerke verursachen CO2-Emissionen – und vor allem eine hohe Feinstaubbelastung. So steigt die Konzentration von Feinstaub in der Luft am 1. August und zu Silvester jeweils beträchtlich an und überschreitet regelmässig die Grenzwerte. Bei ungünstiger Wetterlage bleiben die Schwebepartikel zudem lange in der Luft.

Feinstaub belastet die Atemwege. Betroffen sind davon vor allem Personen mit Atemwegs- und Kreislauferkrankungen. Das Bundesamt für Umwelt empfiehlt ihnen, sich möglichst nicht in der Nähe von Feuerwerken aufzuhalten. Gesunde Menschen ertragen die beiden Höchststände pro Jahr in der Regel gut. 

Der Feinstaub hinterlässt aber auch Spuren in der Natur. So sind die farbenprächtigen Raketen mit verschiedenen Metallverbindungen angereichert. Von den rund 2000 Tonnen Feuerwerk, die jährlich abgebrannt werden, fallen 500 Tonnen auf pyrotechnische Chemikalien wie Schwefel, Kalium, Barium und Aluminium. Stoffe, die als Niederschlag in Böden und Gewässer gelangen und bei zu hohen Konzentrationen schädlich sein können.

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Gemeinde winden sich in Sachen Feuerwerk

Schadstoffe hin – CO2 her: Auch Basel, immerhin die erste Stadt in der Schweiz, die den Klimanotstand ausgerufen hatte, will ihr Feuerwerk abbrennen. Aber das offizielle Feuerwerk wurde redimensioniert. Was an Feuerwerk gespart wird, soll mit Lasershow und Drohnen kompensiert werden. «Versuchsweise», wie die Veranstalter sagen. Der Basler Grünen-Politiker Thomas Grossenbacher will noch weitergehen. «Unsere Partei prüft, ob das Abbrennen von Feuerwerk im Privaten künftig nicht grundsätzlich verboten werden soll», sagt er zu BLICK.

Reine Symbolpolitik sei dies, findet indes der Liestaler Stadtpräsident Daniel Spinnler (FDP): «Ich  habe Zweifel daran, ob ein Feuerwerksverbot viel bringen würde. Ich sehe keinen direkten Zusammenhang zwischen Klimanotstand und Feuerwerksverbot.» Das Feuerwerk habe am 1. August eine grosse Tradition, die man schützen sollte. «Anders ist es vielleicht am 31. Dezember. Dort darf man sich schon fragen, ob das wirklich sein muss.»

Olten ist der Spielverderber

Ins gleiche Horn bläst auch Daniel Meili, FDP-Stadtrat in Wil SG. «Der Klimanotstand wurde uns vom Parlament aufgezwungen – hat aber vor allem eine symbolische Bedeutung. Wir machen in Wil bereits jetzt viel fürs Klima, etwa indem wir ein Fernwärmenetz bauen möchten, das viel Gas und Öl einsparen wird», sagt Meili.

Und in der Klimanotstands-Stadt Winterthur ZH sagt Sprecherin Corinne Gasal: «Klimaexperten rechnen mit 43 Kilogramm CO2 pro Tonne Feuerwerk. Zum Vergleich: Eine Autofahrt von Winterthur nach Genf mit einem Fünf-Liter-Motor verursacht 44 Kilogramm CO2.» Insofern gebe es kein Handlungsbedarf für ein Feuerwerksverbot.

Ganz anders in Olten. Die Ausrufung des Klimanotstands fordere Massnahmen, so der Stadtrat. «Dazu gehört der Verzicht auf das Feuerwerk an der Bundesfeier – auch wenn dieses eine Attraktion der Bundesfeier darstellte und es dementsprechend nach dem Entscheid auch kritische Voten gab», so Stadtschreiber Markus Dietler.

Wir leben auch ohne Feuerwerk gut

Natürlich muss das Abbrennen von Feuerwerk verboten werden! Nur Blindgänger wehren sich dagegen und vergleichen Feuerwerk mit Autos und Flugzeugen, um es zu verharmlosen.

Es ist klar, dass Fliegen schädlicher fürs Klima ist. Das erklärt aber nicht, warum man ohne Not weiterhin Tonnen von Schwefel- und Kohlepulver in die Luft jagen soll. Und so die Umwelt verschmutzt. Damit wir an lauen Sommerabenden Hände patschend und mit Genickstarre «ahh» und «ooh» raunen können.

Stellen Sie sich mal vor, in der Diskussion über gesunde Ernährung würde einer sagen: «Wieso soll ich auf tägliches Fast Food verzichten? Kochbutter ist viel fettiger!» Diese Argumentation taugt so viel wie ein Frauenfurz, der nicht zündet.

Wir beweisen an rund 360 Tagen im Jahr, dass wir auch ohne Feuerwerke ganz gut leben können. Die Natur sogar besser!

Flavio Razzino, Redaktor News.

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Eine Schnapsidee von Knallköpfen

Wir brauchen Feuerwerke! Feuerwerke tun der Seele gut. Während es am leuchtenden Himmel knallt, findet der Geist Ruhe. Feuerwerke verbinden, lassen wie am Züri-Fäscht Hunderttausende dasselbe Glücksgefühl teilen. Vor dem Feuerwerk sind alle gleich.   

Wir haben weiss Gott nicht viel übrig gelassen, was uns auf diesem Planeten verbindet. Politik. Ernährung. Klima. Alles entzweit uns, wird verteufelt, wird verboten. Wer nicht der Meinung des anderen ist, ist Feind. Wohin hat es uns gebracht? Nirgendwohin. 

Die Welt ist so zerstritten, heuchlerisch und langweilig wie selten zuvor. Und jetzt soll ein Feuerwerksverbot unser Gewissen beruhigen? Auf eine solche Schnapsidee können nur hysterische Knallköpfe kommen, die sonst keine Probleme haben. Was bringt es, einen Planeten zu retten, der keinen Spass macht?

BLICK-Nachrichtenchef Sandro Inguscio.
Nachrichtenchef Sandro Inguscio.
Shane Wilkinson

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