Verteidiger über Angeklagte Cassandra D. (27)
«Sie ist keine Vatermörderin!»

Cassandra D.* (27) soll ihren Vater Rolf B. (†56) umgebracht haben und soll dafür 15 Jahre ins Gefängnis. Heute sagt ihr Anwalt vor Gericht aus. Da es keine Zeugen gegeben habe, sei seine Mandantin freizusprechen.
Publiziert: 15.06.2017 um 10:06 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:40 Uhr

Das Kantonsgericht Schaffhausen verhandelt seit Mittwochmorgen eines der blutigsten Familiendramen der letzter Jahre. Cassandra D.* (27) soll ihren Vater Rolf B. (†56) umgebracht haben. Dieser hatte zuvor ihren Partner Kenan D.* (†26) lebensgefährlich verletzt. Der mehrfachen Lehrabbrecherin drohen laut Anklage 15 Jahre Haft wegen Mordes.

Ihr Verteidiger fordert nun heute vor Gericht, dass sie vom Vorwurf des Mordes freigesprochen wird. Verurteilt werden solle sie lediglich wegen Nötigung, mehrfacher Tätlichkeiten und Gewalt gegen Beamte. Dies, weil sie ihre alkoholkranke Mutter Marijana (54) mit Handschellen gefesselt habe, um sie ruhigzustellen. Zudem ging die Beschuldigte während der Ermittlungen auf mehrere Polizisten los.

Dafür solle seine Mandantin aber lediglich zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt werden. Die 550 Tage, welche die Frau bereits in Sicherheitshaft sass, würden davon abgezogen. Folgt das Gericht diesen Anträgen, würde sie somit per sofort freigelassen und erhielte zudem eine Entschädigung.

Cassandra D. auf dem Weg aus dem Gerichtssaal in Schaffhausen.
Foto: Marco Latzer
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Keine lebenden Zeugen

Sollte das Gericht zum Schluss kommen, dass seine Mandantin doch für den Tod ihres Vaters verantwortlich ist, solle die Tat als Notwehr eingestuft werden. Dann erachtet der Anwalt eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren für angemessen. Auch in diesem Fall würde die Frau per sofort auf freien Fuss gesetzt.

«Es gibt kein Geständnis und keine lebenden Zeugen», begründete der Anwalt seine Anträge. Die Tochter und die ebenfalls in der Wohnung anwesende Mutter hätten das Geschehen lediglich teilweise und vorwiegend akustisch mitbekommen. Die Mutter habe die Geräusche beschrieben, als «wie wenn man ein Spanferkel zerschneidet«.

Sie habe aber nie ausgesagt, dass es ihre Tochter gewesen sei, die den Vater erstochen habe. «Wir sind alle nicht dabei gewesen», sagte der Anwalt weiter. Deshalb sei die Beschuldigte im Zweifel für den Angeklagten freizusprechen. «Sie ist keine Vatermörderin."

«Mein Leben ist ruiniert»

Trotz der Beweise behauptete Cassandra am Mittwoch vor Gericht, die beiden Männer hätten sich gegenseitig umgebracht. «Und ich bin jetzt der Tubel vom Dienst! Als könnte ich jemandem ein Haar krümmen!», hadert die junge Frau. Sie stellt den Fall Hemmental wortgewandt als Tragödie dar und jammert: «Ich weiss nicht, wie ich ohne meinen Vater leben soll, mein Traummann ist auch weg. Mein Leben ist ruiniert!»

Der Prozess wird heute Donnerstag zu Ende geführt. Das Urteil wird am Freitag um 10.30 Uhr eröffnet. (lma/SDA)

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