«Eine solche Brutalität gibt es selten»
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Staatsanwalt Patrick Müller:«Eine solche Brutalität gibt es selten»

Gefängnis und Landesverweis
Killerin von Bottighofen TG tötete und zerstückelte ihre Mieterin

Nach drei Prozesstagen fiel am Freitag das Urteil gegen die Killerin von Bottighofen TG. Anna F. hatte ihre Mieterin getötet und ihre Leiche zerstückelt. Dafür muss die Ukrainerin nun in den Knast.
Publiziert: 25.03.2022 um 11:10 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2022 um 15:55 Uhr
Beat Michel

Der Gruselprozess vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen TG ist vorbei. Nach drei Tagen fiel am Freitag das Urteil. Anna F.* (55) wurde der vorsätzlichen Tötung und Störung des Totenfriedens schuldig gesprochen. Das Urteil: 15 Jahre in den Knast plus 15 Jahre Landesverweis.

Die Ukrainerin hatte im Oktober 2020 ihre Mieterin Marianne G.* (†62) getötet und ihre Leiche zerstückelt. Der Grund: G. hatte ihre Miete nicht gezahlt.

«Vieles bleibt für das Gericht im Dunkeln», eröffnete die Gerichtsvorsitzende die Urteilsverkündung. Dennoch sei es erwiesen, dass Anna F. keinesfalls in Notwehr gehandelt habe. Vielmehr habe die Ukrainerin ihr Opfer von hinten erschossen. «Das ist Selbstjustiz, aber nicht Notwehr. Darum der Schuldspruch zu vorsätzlicher Tötung.»

Verurteilt: Anna F. wurde der Prozess gemacht.
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«Sie hat nicht für Geld oder Sex getötet»

Staatsanwalt Patrick Müller (48) spricht von einem aussergewöhnlichen Fall. «Die Entsorgung der Leiche war unglaublich grausam und kaltblütig.» Man müsse aber die beiden Delikte Tötung und Störung des Totenfriedens trennen. Darum sei es nur vorsätzliche Tötung, und nicht Mord gewesen. «Sie hat zudem nicht für Geld oder Sex getötet, und hat das Opfer auch nicht absichtlich leiden lassen.» Der Staatsanwalt ist zufrieden mit dem Urteil, vor allem, dass die Richterin die Notwehr nicht abnahm.

Der Strafverteidiger prüft jetzt mit seiner Mandantin, ob sie den Fall vor das Obergericht weiterziehen. Er hat mit Anna F. einen schwierigen Fall, sagt er zu Blick. Vor Gericht schien Anna F. die ganze Zeit sehr gelassen.

Vom Rest des Körpers fehlte jede Spur

Am 29. Oktober 2020 verschwand die lebenslustige Frührentnerin Marianne G. in Bottighofen TG. Erst am 5. Dezember fand ein Anwohner (26) den Kopf der Schweizerin in einem Waldstück bei Egnach TG – mit einer Schussverletzung. Vom Rest des Körpers fehlte jede Spur.

Schon kurz nach dem Gruselfund fiel der Verdacht auf die Vermieterin des Opfers, die Ukrainerin Anna F. Mitbewohner hatten die beiden im Vorfeld beim Streit beobachtet. Anna F. wohnte ebenfalls in dem Haus an der Hauptstrasse in Bottighofen. Beim Streit ging es um Geld. Nach der Frühpension im Sommer 2020 konnte Marianne G. ihren Mietanteil von 900 Franken nicht mehr bezahlen. Es kam zuerst zu heftigen verbalen Beschimpfungen.

Zwei völlig unterschiedliche Geschichten

Während der zweitägigen Verhandlung standen sich Staatsanwalt und Verteidigung mit zwei völlig unterschiedlichen Geschichten gegenüber. Die Anklage zeigte das Bild einer eiskalten Killerin, die ihre Mieterin wie ein lästiges Tier tötete und im Abfall entsorgte. Der Staatsanwalt konnte zeigen, dass sie in der säumigen Zahlerin nur einen Parasiten und Schmarotzer sah. In einer Befragung sagte sie sogar, dass sie sie nur noch loswerden wollte.

Mit einem Gutachten zeigten Kriminalistiker im Versuch mit Gelatine, dass das Opfer mit dem Bauch nach unten am Boden gelegen haben musste, als die Projektile in den Körper durch den Rücken eingedrungen waren. Und am Schluss erfolgte der tödliche gezielte Kopfschuss von der Seite in die Schläfe.

Ungezielt nach hinten geschossen

Die Verteidigung hingegen erklärte, dass Anna F. bei einem eskalierenden Streit von Marianne G. angegriffen wurde und sich Notwehr mit der Pistole gegen den knallharten Würgegriff der Mieterin wehrte. Sie habe einfach ungezielt nach hinten geschossen. Das Zerteilen der Leiche und die Entsorgung in Abfallsäcken wurde dagegen nicht bestritten. Der Anwalt von Anna F. anerkannte denn auch nur die Störung der Totenruhe. Für den Vorwurf der vorsätzlichen Tötung verlangte er einen Freispruch und für die Zeit der Untersuchungshaft eine hohe Entschädigung für die Angeklagte.

Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von 18 Jahren und eine Landesverweisung für die Dauer von 15 Jahren.

*Namen geändert


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