Schlägt der Mystery-Mörder am Dienstag wieder zu?
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Mystery-Morde alle 5 Jahre:Schlägt der Killer am Dienstag wieder zu?

Ungelöste Morde in Zürich und Laupen BE + Genau 5 Jahre auseinander + Gleiche Täter-DNA + BLICK enthüllt neue Exklusiv-Details
Schlägt der Mystery-Mörder am Dienstag wieder zu?

Am 15. Dezember 2010 wird im Zürcher Seefeld Ana Maria M.* (†56) ermordet. Auf den Tag genau fünf Jahre später tötet der gleiche Täter in Laupen BE ein Ehepaar. Der Täter? Bislang nicht gefunden! BLICK rollt die Fälle vor dem traurigen Jubiläum am Dienstag neu auf.
Publiziert: 12.12.2020 um 00:34 Uhr
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Aktualisiert: 13.01.2021 um 22:57 Uhr
Georges S. (†74) und seine Frau Gerda K. (†64) wurden am 15. Dezember 2015 tot in der alten Käserei in Laupen BE gefunden.
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Luisa Ita

Es ist der 15. Dezember 2010. Es liegt leicht Schnee im Zürcher Seefeld. Die Temperaturen sind frostig. Der Fund an der Wildbachstrasse 66 lässt das Blut in den Adern gefrieren. Die Psychoanalytikerin Ana Maria M.* (†56) liegt tot in ihrer Praxis – ermordet! Der Täter hinterlässt zwar Spuren am Tatort, doch trotz Massen-DNA-Tests kann er nie ermittelt werden.

Fünf Jahre später. Exakt auf den Tag genau am 15. Dezember müssen Gerda K. (†64) und ihr Ehemann Georges S. (†74) in ihrer Wohnung in der ehemaligen Käserei in Laupen BE gewaltsam ihr Leben lassen. Auch hier finden die Ermittler die DNA des Killers.

Zwei grausame Mordfälle. Kein Motiv. Kein Täter. 111 Kilometer Luftlinie zwischen den Tatorten. Und plötzlich erkennt die Polizei eine Verbindung zwischen den Mystery-Morden: Die an beiden Tatorten gefundene DNA gehört demselben Mann!

Nun sind fünf weitere Jahre vergangen, der 15. Dezember steht ins Haus. Und selbst Ermittler stellen sich besorgt die Frage: Schlägt der Mystery-Mörder am Dienstag wieder zu? BLICK hat die Fälle neu aufgerollt und enthüllt neue Exklusiv-Details.

Ehepaar war schon tagelang tot!

Im Fall von Laupen (Seefeld-Mord siehe separaten Artikel) lebte das Rentner-Ehepaar ein unauffälliges Leben. Die beiden kehrten gerne in der Café-Bar Relax am Bahnhof ein. Er schnitzte Holzskulpturen, während sie Meitschibei backte. Sie bewirteten gerne Gäste und luden traditionell zum Chlaushock ein. Unter den Gästen 2015, wenige Tage vor der Tat, ist auch Karin Blaser (53). Sie erzählt BLICK: «Wir haben bis spät gefeiert. Es wurde gelacht, es war alles wie immer.»

Mitte Dezember wurde es plötzlich still um das Paar. Am 18. Dezember hätte Georges S. Geburtstag feiern sollen. Doch auch an diesem besonderen Freitag kann ihn niemand erreichen. «Sie haben eigentlich gesagt, dass sie noch in die Bar kämen, damit wir gratulieren könnten», erinnert sich die Relax-Beizerin Silvia Beyeler (62). Doch das Ehepaar taucht nicht auf.

Eine besorgte Bekannte alarmierte schliesslich den Sohn von Georges S. Dieser will sich auch fünf Jahre danach auf Anfrage nicht zum Fall äussern. Doch BLICK-Recherchen bringen neue Fakten aus den Akten ans Licht.

Der BLICK lag offen auf dem Tisch

Der Sohn war nach Einbruch der Dunkelheit bei der alten Käserei eingetroffen. Die Türe soll offen gestanden haben – wie immer. Mit einer Taschenlampe ging er hinein und fand einen gedeckten Tisch vor. Am Stammplatz seiner Stiefmutter standen ein Walliser Toast und ein Kafi auf dem Tisch. Für ihren Mann hatte die Diabetikerin gekocht und ein Glas Wein bereitgestellt. Der mittlerweile drei Tage alte BLICK lag auf dem Tisch. Das Fernsehprogramm war aufgeschlagen.

Der Sohn kümmerte sich zuerst einmal um die Handys seiner Angehörigen: Das Telefon von Gerda K. zeigte rund 50 verpasste Anrufe an, für das Gerät seines Vaters suchte er ein Ladekabel.

Plötzlich erkannte er im Schein seiner Taschenlampe die nackten Füsse von Georges S. Er ging hin und fand den Leichnam auf dem Teppich liegend. Sofort folgte der Sohn den Blutspuren durch den Gang zur Kellertür – und erkannte aus der Distanz die tote Rentnerin in einer Blutlache liegend.

Er verliess die Wohnung – ohne die Polizei zu alarmieren. Ging spazieren, wollte einen klaren Kopf kriegen, wie er später den Ermittlern erzählte. Erst nach einer Weile fragte er den Velomechaniker im Dorf nach dem Weg zum Polizeiposten.

Sohn wurde verhaftet und verwanzt

Tagelang ist die Spurensicherung danach am Tatort am Werk. Es fällt auf: Der Mörder hatte auch Wertsachen mitgenommen. Laut BLICK-Informationen fehlten beispielsweise die Uhr von Gerda K. und eine Grabstein-Kette vom Militär.

Das Dorf wurde bei der Suche nach einer Tatwaffe auf den Kopf gestellt. Es dürfte sich dabei um eine Axt gehandelt haben, die Georges S. kurz zuvor gekauft hatte, um mögliche Einbrecher abzuwehren.

Den Peugeot der toten Rentnerin fand die Polizei später am Bahnhof Bern. Der Täter flüchtete nach der Tat damit und hinterliess offenbar Blutspuren im Auto.

Am 11. Januar 2016 fuhr die Polizei beim Sohn vor. Er wurde verhaftet. Sein Haus durchsucht. In U-Haft befragten ihn die Beamten stundenlang. Erst Anfang Februar wurde er entlassen. Sein sichergestelltes Auto erhielt er zurück. Es soll jedoch noch monatelang verwanzt und mit einem GPS-Sender ausgestattet gewesen sein. Die Ermittlungen gingen nun Richtung Raubmord.

Unzählige Männer mussten damals zur DNA-Probe. Einer von ihnen war der Laupener Werkhof-Leiter Jean Claude Rappo (49). «Wir haben zwei oder drei Tage vor dem Delikt Wasserzähler im Haus abgelesen», erinnert er sich heute.

Bis heute munkelt man in Laupen, Georges S. habe im Ausland krumme Geschäfte gedreht und der Mörder habe Schulden eintreiben wollen.

Die alte Käserei stand nach der Tragödie jahrelang leer. Keiner wollte einziehen – bis auf Hans Reist (62). Er ist selbständig und brauchte 2017 dringend einen Lagerraum. Er gibt aber zu: «Wenn es draussen ganz dunkel ist, ist mir schon ein bisschen komisch zumute.»

Nachbarn berichten erstmals von verdächtigen Beobachtungen

Komisch waren auch die Beobachtungen, die Anwohner am früheren Wohnort des ermordeten Ehepaars in Lostorf SO gemacht hatten. BLICK erzählen sie jetzt erstmals davon, von der Polizei wurden sie bis heute nie befragt.

Am 17. Dezember 2015 – zwei Tage nach der Tat – entdeckten die Nachbarn um etwa 17.30 Uhr einen grauen Van: «Zwei ausländisch aussehende Männer sind ausgestiegen. Richtige ‹Prügel› mit Bärten. Sie haben hier alles fotografiert», erzählt eine der Damen. Als sie dann auf die Gestalten zuging und das Kennzeichen notieren wollte, rasten diese ohne Licht in den dunklen Wald davon.

«Die Hoffnung stirbt zuletzt»

Im Dunkeln tappen auch die Ermittler bis heute: Sie stellten 30'000 Franken für Hinweise in Aussicht. Doch laut der Kantonspolizei Bern sind bislang trotzdem keine konkreten Informationen eingegangen, dies sei ungewöhnlich.

Ob die Mystery-Morde wohl jemals geklärt werden können? «Die Hoffnung stirbt zuletzt», meint der Laupener Gemeindepräsident Urs Balsiger (57). «Vielleicht findet die Polizei den Täter ja einmal durch einen Zufallstreffer. Es wäre gut, wenn wir endlich abschliessen könnten.»

* Namen bekannt

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