Und schämen sich für ihre Bahn
Deutsche sind neidisch auf unsere SBB

Unpünktlichkeit, Zugausfälle oder Schienenersatzverkehr: Die Deutsche Bahn funktioniert selten so wie sie sollte. Deshalb will sie etwas ändern, und orientiert sich dafür an der Schweiz.
Publiziert: 10.04.2024 um 16:19 Uhr

Schweizer Pünktlichkeit: über die eigene Landesgrenze berüchtigt und geschätzt. Vor allem die Schweizerische Bundesbahnen (SBB) sind ein Abbild unserer Verlässlichkeit. Das findet auch unser deutscher Nachbar. Die Deutsche Bahn (DB) ist dagegen vieles — am meisten jedoch zu spät. 

Ob Schienenersatzverkehr, Streckensperrungen, Modernisierungen, umgestürzte Bäume, Glätte oder Schnee im Winter — die DB scheint oft sehr schnell aus der Bahn geworfen zu sein. Dabei sind die üblichen normalen Verspätungen und Signalstörungen noch nicht mitgezählt, wie der «Südkurier» berichtet. 

Rückendeckung stärker in der Schweiz

Umso frustrierender, wenns beim Nachbarn wie am Schnürchen läuft. Die Gründe für die Unterschiede seien vielschichtig, meint Joachim Barth, Vorsitzender beim Fahrgastverband Pro Bahn, zum «Südkurier». «In der Schweiz wird mehr Geld in die Bundesbahnen gesteckt, das sind ganz andere Rahmenbedingungen», erklärte er weiter. Mit dieser Schiene ist die Schweiz bisher besser gefahren, denn in Deutschland werde die Infrastruktur «kaputtgespart». 

Ob Schienenersatzverkehr, Streckensperrungen, Modernisierungen, umgestürzte Bäume, Glätte oder Schnee im Winter –...
Foto: imago/Chris Emil Janßen
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Die Schweiz würde auch die Bauarbeiten besser im voraus planen und aus einem separaten Fonds bezahlen. Auch die Rückendeckung der Bevölkerung sei in der Schweiz viel stärker als in Deutschland. Sogar unsere Politiker sind gerne auf den Schweizer Schienen unterwegs. «In Deutschland hingegen kommen die Politiker mit dem Dienstwagen zur Einweihung von neuen Zugstrecken, ihre Zugeständnisse zur Schiene sind reine Lippenbekenntnisse», so Edwin Dutler von Pro Bahn Schweiz. Die DB habe zusätzlich dazu auch noch mit einem starken Personalmangel zu kämpfen.

Winter bringt die Deutsche Bahn zum Stillstand

Besonders der Winter ist eine harte Zeit. Fällt Schnee, kommt die DB ins Rutschen. Züge fallen aus. Es kommt zu noch mehr Verspätungen als ohnehin schon. «Darauf kann man sich aber vorbereiten, die Strecke winterfest machen und von Bäumen befreien. Für den Ernstfall sollte man Personal abrufbereit haben, das die Strecke wieder befahrbar macht», so Barth zur deutschen Zeitung. Jedoch sieht er ein Licht am Ende des Tunnels. «Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass es so nicht weitergehen kann.» Deshalb solle ein Massnahmenpaket aus Finanzmitteln, Personal und Fahrzeugen den täglichen Betrieb stabilisieren. 

Falls sich jedoch bald nichts ändert, könnte es den Deutschen gleich ergehen wie den Italienern. Dort haben die SBB bereits hart durchgegriffen. Weil viele Züge aus Mailand nicht pünktlich an ihren Zielorten ankommen, haben die SBB nun die Fahrzeit offiziell verlängert. In Mailand fahren ab dem 2. April die Züge 13 bis 15 Minuten früher ab, in die andere Fahrtrichtung werde die Ankunftszeit um drei Minuten nach hinten verschoben. Denn bei der Schweizer Pünktlichkeit handle es sich nicht um ein blosses Klischee, wie der «Corriere della Sera» schreibt. (mgf)

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