Top Secret!
Geheimdienst rüstet für 90 Mio Spionage-System auf

Unter dem Namen Achat rüstet die Armee ihr Spionage-Auswertungssystem auf. Das Zentrum für elektronische Operationen steht in Zimmerwald BE.
Publiziert: 05.04.2015 um 13:01 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 12:48 Uhr
Von Ruedi Studer

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) erhält mehr Kompetenzen. Geht es nach dem Nationalrat, darf er künftig Privaträume verwanzen, Telefone abhören und Computer durchforsten. Der Stellenetat steigt von rund 270 auf gut 300 Vollpensen.

Im Geheimen rüsten die Staatsschnüffler auch technisch auf. SonntagsBlick-Recherchen zeigen: Die Armee investiert bis 2020 rund 90 Millionen Franken in ein neues Spionage-Auswertesystem im Zentrum für elektronische Operationen in Zimmerwald BE.

Das Projekt läuft unter dem Namen «Achat». «Das System soll das bisherige Auswertesystem der strategischen Aufklärung kurz- und mittelfristig schrittweise ablösen und/oder ergänzen», heisst es in einem vertraulichen VBS-Dokument.

Onyx In Leuk VS stehen die riesigen Parabolantennen des Aufklärungssystems, von den Einheimischen auch «grosse Ohren» genannt.
Foto: Georg Gerster
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Das Verteidigungsdepartement von SVP-Bundesrat Ueli Maurer bestätigt die Recherchen. «Achat wird phasenweise eingeführt und ist teilweise bereits in Betrieb», sagt VBS-Sprecher Renato Kalbermatten. Mit Achat würden die Daten aus der Funkaufklärung aufbereitet und ausgewertet. Dafür werden neue «EDV-Hardware, Standardsoftware und speziell entwickelte Software» beschafft.

Phase 1 sei abgeschlossen – seit wann, bleibt unbeantwortet. Jetzt läuft Phase 2, die bis 2020 umgesetzt sein soll. Zu technischen Details oder der Leistungsfähigkeit macht das VBS keine Angaben.

Geheimsache! Auch die Kosten von 90 Millionen will man offiziell nicht bestätigen.

Der Name Achat ist nicht zufällig gewählt. Der Achat ist ein Halbedelstein, der zur Quarz-Gruppe gehört – ebenso wie der Onyx. Und «Onyx» steht bei den Geheimdienstlern für das Aufklärungssystem, welches via Satelliten übertragene Daten wie Telefonate oder E-Mails abhört. Dafür stehen in Leuk VS und Heimenschwand BE riesige Parabolantennen. Von den Einheimischen wird das Lauschsystem auch «grosse Ohren» genannt wird.

Wie das Zusammenspiel zwischen Onyx und Achat funktioniert, will Kalbermatten nicht beantworten. Klar ist: Achat ist das «Hirn», welches im Hauptquartier in Zimmerwald den Datenstrom verarbeitet. Daraus entstehen Geheimberichte für die Nachrichtendienste und den Bundesrat. Betrieben wird das Spionagesystem von der Führungsunterstützungsbasis der Armee.

Diese erledigt Schnüffelaufträge für den NDB. Mit der Horchanlage können die Staatsschützer die internationale Kommunikation nach bestimmten Schlüsselwörtern oder nach Namen von Personen, Unternehmen und Organisationen durchforsten. Offiziell kommt das System nur für Lauschaktionen ausserhalb der Schweiz zum Einsatz.

Den Bau von Onyx beschloss der Bundesrat 1997 – an Parlament und Öffentlichkeit vorbei, was für einen Skandal sorgte. Jahrelang arbeiteten die Staatsschnüffler ohne genügende gesetzliche Grundlage. Seit 2006 läuft Onyx in Vollbetrieb. Um aber die wachsende Datenflut bewältigen zu können, müssen die Systeme nun erneuert und aufgerüstet werden.

Das VBS bemüht sich, im Zusammenhang mit Achat nicht von einem Ausbau zu sprechen. Achat bedeute «keinen Ausbau». Es handle sich um «den Erhalt der Fähigkeiten und die Optimierung der Leistungserbringung», sagt VBS-Sprecher Kalbermatten in schönstem Beamtendeutsch.

Dass mit der Erneuerung alter EDV-Systeme eine automatische Aufrüstung einhergeht, liegt auf der Hand. Kalbermatten betont auch, dass das Projekt in keinem Zusammenhang mit dem neuen Nachrichtendienstgesetz und dem NDB-Ausbau stehe.

Allerdings lässt er eine Hintertür offen: Die Achat-Architektur sei «so ausgelegt, dass man künftigen Anforderungen gerecht werden kann». Im Klartext: Kommt das Gesetz durch, kommt die Auswertung der Kabelaufklärung als neue Aufgabe hinzu. Bei der Kabelaufklärung werden die Internetleitungen angezapft.

Die Beschaffung der notwendigen Mittel werde erst erfolgen, nachdem das Gesetz in Kraft getreten sei, sagt Kalbermatten. Dann wird nochmals nachgerüstet – mit weiteren Millionen.

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