Das Leben geht weiter im Einkaufszentrum Lugano Süd. Schonungslos. Autos rollen am Betonpfeiler vorbei, auf der Suche nach einem Parkplatz. Einkaufswagen werden geschoben, volle Säcke in Kofferräume gehoben. Ein paar Rosen, in Zellophan gewickelt, lehnen gegen die kalte Wand, gehen unter in der samstäglichen Betriebsamkeit. Kein Liebesgruss zum Valentinstag. Sie erinnern an einen Horror-Crash, der nur wenige Stunden zuvor genau an dieser Stelle geschehen ist.
Es ist Freitag, der 12. Februar, kurz vor 23 Uhr. Die Shopping-Mall zeigt ein anderes Gesicht. Jugendliche rücken in Cliquen an. «Wir wissen ja nicht wohin, in der Pandemie», wird später einer von ihnen gegenüber dem «Corriere del Ticino» sagen. Einige haben schon Autos. Auch ein 20-Jähriger gebürtiger Portugiese fährt stolz mit seinem weissen VW vor. An Bord sind lauter Tessiner Kids. Der Parkplatz ist leer. Er wird zur Rennstrecke. Offenbar nicht zum ersten Mal.
Auto überschlägt sich und bleibt auf dem Dach liegen
Der Fahrer gibt Gas. Doch weit kommt er nicht. Das vollbesetzte Auto kracht mit Wucht gegen den Betonpfeiler der Treppe, die zum Magazin eines Möbelhauses führt. Das Fahrzeug wird überschlägt sich, bleibt schliesslich auf dem Dach liegen.
Eine Schweizerin (†17), die auf dem Beifahrersitz sitzt, erleidet schwere Verletzungen. Das Mädchen hat keine Chance. Es stirbt noch vor Ort. Auf der Rücksitzbank sitzen zwei 16-Jährige und ein 19-Jähriger. Alle werden verletzt ins Spital gebracht. Ein 16-Jähriger schwebt noch in Lebensgefahr. Der Unfallfahrer kommt mit leichten Verletzungen davon. Ihm droht nun eine Anzeige wegen fahrlässiger Tötung.
«Es war eine schreckliche Szene»
«Ich war dort, als es geschah. Er war eine schreckliche Szene», sagt der Zeuge gegenüber dem «Corriere del Ticino». «Ich sah Jugendliche schreien, weinen. Manche übergaben sich.» Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln. Der Verdacht: Erhöhte Geschwindigkeit.
Immer wieder haben Anwohner das Einkaufszentrum in Grancia TI sich über nächtlichen Lärm beschwert. Einige berichten auch von Autorennen. Ein Händler im Einkaufszentrum berichtet gegenüber «tio.ch» von Spuren abgefahrener Reifen auf dem Asphalt und von achtlos weggeworfenem Fast-Food-Müll. «Gerade am Abend vor dem Crash hat es ein Autorennen rund ums Einkaufszentrum gegeben», so ein Anwohner zum Tessiner Nachrichtenportal. Ein Missstand, der den Behörden schon lange bekannt sein dürfte.