Bauland-Frust für Maler Siegrist
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Ärgerliche Behördenschlamperei:Bauland-Frust für Maler Siegrist

Tessiner Behörden verschlampen die Umzonung – Oltner investiert, wo er gar nicht bauen darf
Bauland-Frust für Maler Siegrist

Vor zwei Jahren kaufte sich Sancio Siegrist (50) Grundstücke im schönen Morobbiatal. Der Malermeister aus Olten SO wollte drei Häuser darauf bauen. Was er damals nicht ahnte: Sein Land ist kein Bauland. Denn im Kataster der Stadt Bellinzona ist das nicht eingetragen.
Publiziert: 24.06.2020 um 23:03 Uhr
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Aktualisiert: 25.06.2020 um 09:58 Uhr
Myrte Müller

Das Ferienhaus von Sancio Siegrist (50) thront am Hang vor grünen Wiesen. Am Horizont schimmert der Lago Maggiore im Sonnenlicht. «Bei klarem Wetter kann man von hier aus sogar die Inseln von Brissago sehen», sagt der Geschäftsführer und Mitinhaber eines Maler- und Gipserbetriebes in Olten SO. Seit vielen Jahren kommt er ins Tessiner Morobbiatal in den Ortsteil Carena, nachdem er in seiner Jugend 15 Jahre im Tessin gelebt hat.

Vor zwei Jahren entdeckte der Tessin-Fan ein Immobilien-Inserat eines regional bekannten Maklers: Bauland zu verkaufen in Carena. Sancio Siegrist schaut sich das Land näher an. Es grenzt an sein Grundstück. Und ist eine der schönen Wiesen vor dem Ferienhaus. «Die Wiese kaufe ich», beschliesst der Malermeister kurzerhand. Ein weiteres kleines Grenzgrundstück erwirbt er dazu. Auch dieses ist angeblich Bauland – so zumindest steht es im Kataster der Stadt Bellinzona TI.

Über 220'000 Franken für gutes Bauland

Der Preis scheint angemessen für die Baugrundstücke in guter Lage und direkt an der Dorfstrasse. Insgesamt blättert der Deutschschweizer 220'000 Franken für die 1500 Quadratmeter hin. Im Dezember wird der Kaufvertrag vor einem Notar unterzeichnet, der Besitzerwechsel im Grundbuch eingetragen, die Steuer bezahlt. Pünktlich zu Weihnachten schenkt sich der Solothurner Unternehmer ein weiteres Stückchen Paradies im geliebten Morobbiatal.

Sancio Siegrist (50) zeigt die Grundstücke, die er als Bauland gekauft hatte, deren Eintrag im Kataster und das Inserat des Maklers.
Foto: Myrte Müller
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Sancio Siegrist macht Pläne. Auf den Grundstücken haben weitere Häuser Platz. Alle sind mit Seeblick. Ein Traum. Der platzt aber nur drei Monate nach Vertragsschluss: Im Februar 2019 meldet sich die Vorbesitzerin der grösseren Parzelle. Sie habe in ihrer aktuellen Steuerrechnung entdeckt, dass sie über Jahre für Agrarland bezahlt hatte, nicht für Bauland. «Wir waren erschrocken», sagt Sancio Siegrist, «das konnte doch nicht sein. Schliesslich stehen die Grundstücke als Bauland im Kataster.»

Umzonung wurde vor 20 Jahren vom Kanton abgewiesen

Alle Parteien nehmen sich Anwälte. Diese stellen bald fest: Die frühere Gemeinde San Antonio TI hatte die zwei Grundstücke vor 20 Jahren als Bauland umgezont. Gegen den Willen des kantonalen Staatsrats! Der verfügt: Das Agrarland muss Agrarland bleiben. Geändert aber wird das im Kataster nie – auch nicht, als San Antonio samt Ortsteil Carena 2017 von Bellinzona eingemeindet wird.

Das Land ist nun keinen Rappen mehr wert und der Kaufvertrag mit sofortiger Wirkung null und nichtig. Sancio Siegrist erhält sein Geld zurück. Für ihn und alle anderen heisst es: Ausser Spesen nichts gewesen. Und die Spesen sind erheblich. «Da waren Maklerkosten, Notarhonorar, sämtliche Gebühren, Steuerzahlungen», zählt Siegrist auf. «Ich hatte zudem eine angemessene Hypothek für die Grundstücke aufgenommen. Um die aufzulösen, musste ich einen Penalty zahlen.»

Geschädigte fordern 70'000 Franken

Weder der Käufer noch die Verkäufer sehen ein, warum sie auf den Nebenkosten sitzenbleiben sollen. «Schliesslich haben hier Gemeinde, Stadt und Staat geschlampt», sagt der Oltner. Die Geschädigten fordern von Bellinzona insgesamt 70'000 Franken Entschädigung.

In ersten Gesprächen mit dem Bauministerium bietet die Stadt 3000 Franken Schadenersatz, dann erhöht sie auf 9000 Franken. Das sei noch immer viel zu wenig, sagt Sancio Siegrist. Die Verhandlungen gehen also weiter. Auf die durch die Anwälte eingereichten Schadenersatzforderungen wird die Frist durch die Stadt Bellinzona einfach kommentarlos ignoriert. Das Municipio bestätigt gegenüber BLICK die Fakten, doch offiziell Stellung beziehen will es nicht.

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