«Ich bekomme Bussen aus Rom, obwohl ich nie dort war»
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Tessinerin ist verzweifelt:«Ich bekomme Bussen aus Rom, obwohl ich nie dort war»

Betrüger sorgen für Bussen-Terror
Miese Nummer mit Schweizer Autoschildern

Seit Jahren werden Elisa Morena Ferrari (48) und Martina C. (60) betrieben für Falschparken in Städten, in denen sie nie waren.
Publiziert: 29.01.2019 um 23:31 Uhr
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Aktualisiert: 01.02.2019 um 11:27 Uhr
Myrte Müller

Stojana Novakovica? Nie gehört. Pensionärin Martina C.* (63) weiss genau: «In dieser serbischen Stadt bin ich noch nie gewesen.» Dennoch will die «JKP Parking Sabac» Geld von der Tessinerin. Der vermeintliche Grund: Sie soll am 9. Mai 2017 dort ohne Parkschein ihr Auto abgestellt haben.

Am 23. September 2017 flattert die erste Zahlungsaufforderung ins Haus. 43 Franken soll Martina C. an Busse zahlen. Vier Fotos zeigen einen dunkelgrünen VW. Die Rentnerin ist geschockt: «Das Auto hatte meine Kennzeichen. Aber ich besitze keinen dunklen VW, sondern fahre einen hellblauen Franzosen.» 

Anfangs denkt das Opfer an einen schlechten Scherz

Martina C. denkt an einen Scherz und zerreisst den Zettel. Doch wenig später folgt die erste Mahnung. Diesmal wendet sich die Seniorin an die Polizei. «Dort sagte man mir, ich solle die Busse nicht zahlen. Das sei Betrug.» Martina C. hält sich an den Rat. Sie vermutet, jemand habe ihre Nummernschilder geklont.

Hausfrau und Politikerin Elisa Morena Ferrari (48) vor ihrem Subaru mit Tessiner Kennzeichen. Dieses hat jemand in Italien geklont.
Foto: Myrte Müller
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Doch die serbischen Parkbussen-Jäger sind hartnäckig. Sie schalten ein Inkasso-Unternehmen ein. Im Juli 2018 fordert ein Londoner Betreiber mit Sitz in Schweden bereits 64.20 Franken. Im Dezember darauf übernimmt eine Firma namens eCollect aus Baar ZG die Betreibung. Die Forderung steigt auf 143.48 Franken. Martina C. hat Angst, möchte nicht mit richtigem Namen genannt werden. Man wisse ja nicht, welche Verbrecher hinter ihrer falschen Nummer steckten. Eins aber ist für sie klar: «Ich weigere mich, diese Busse zu bezahlen. Komme, was wolle. Lieber gehe ich ins Gefängnis!»

Sofort Anzeige erstatten

Ist man Kennzeichen-Betrügern wirklich hilflos ausgeliefert? Rechtsberater Paolo Ferrazzini des Touring Clubs Tessin rät: «Betroffene sollten unbedingt Anzeige gegen Unbekannt erstatten, wenn sie vermuten, dass jemand ihre Kennzeichen missbraucht.» Er warnt: «Die Opfer müssen sich schützen. Denn Autos mit ihren geklonten Nummernschildern könnten in Unfälle oder Verbrechen verwickelt werden.» Zudem, so der Experte, sollten Einsprachen stets schriftlich und eingeschrieben erfolgen. Renato Gazzola, Mediensprecher der Tessiner TCS-Sektion, gibt leichte Entwarnung: «Wenn die Busse aus dem Ausland dort nicht polizeilich erfasst wurde, dann müssen die Opfer keine Betreibungen fürchten.»

Ist man Kennzeichen-Betrügern wirklich hilflos ausgeliefert? Rechtsberater Paolo Ferrazzini des Touring Clubs Tessin rät: «Betroffene sollten unbedingt Anzeige gegen Unbekannt erstatten, wenn sie vermuten, dass jemand ihre Kennzeichen missbraucht.» Er warnt: «Die Opfer müssen sich schützen. Denn Autos mit ihren geklonten Nummernschildern könnten in Unfälle oder Verbrechen verwickelt werden.» Zudem, so der Experte, sollten Einsprachen stets schriftlich und eingeschrieben erfolgen. Renato Gazzola, Mediensprecher der Tessiner TCS-Sektion, gibt leichte Entwarnung: «Wenn die Busse aus dem Ausland dort nicht polizeilich erfasst wurde, dann müssen die Opfer keine Betreibungen fürchten.»

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Zahlreiche Geschädigte

Die Zeitung «La Regione» berichtet auch von einer anderen Tessinerin. Wieder kommt die Parkbusse aus Serbien, diesmal Valjevo – auch hier ist das Opfer nie gewesen. Die Dame hat seitdem die Geldeintreiber von Inkassolution aus Hünenberg ZG am Hals. 

Ein weiteres Opfer ist Hausfrau und Lokal-Politikerin Elisa Morena Ferrari (48) aus Bioggio TI. Die zweifache Mutter erinnert sich: «Im September 2016 erhielt ich die Busse. Ich soll am 12. Januar in Rom falsch geparkt haben. Doch da war ich ganz sicher beim Triathlon-Training im Tessin. In Rom war ich noch nie.»

Inkasso-Unternehmen drohen mit rechtlichen Schritten

Das Auto auf der Parkbusse ist ein Dodge. Morena Ferrari aber fährt einen Subaru. 60 Euro wollen die Italiener haben. Ferrari ruft beim Bussen-Büro an, versucht die Lage aufzuklären. Ohne Erfolg: Die Busse solle sie bezahlen. Die Tessinerin weigert sich. Sie wird gemahnt: Auf 72.72 Euro folgen 116.22 Euro. Mittlerweile fordert ein holländisches Inkasso-Unternehmen 217.82 Euro von ihr. Mit ihrem Zorn wächst auch ihre Sorge. Denn die Betreibungsfirma droht mit rechtlichen Schritten: «Ich traue mich nicht mal mehr, drüben in Ponte Tresa eine Pizza essen zu gehen. Aus Angst, dass sie mir in Italien mein Auto beschlagnahmen.»

* Namen geändert

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