Spur verliert sich in Basel
Niemand weiss, wo der abgeschobene Kinderschänder ist

Deutschland hat einen entlassenen Häftling afghanischer Herkunft in die Schweiz abgeschoben. Trotz illegalen Aufenthalts liessen ihn die hiesigen Behörden laufen.
Publiziert: 16.02.2023 um 23:59 Uhr
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Aktualisiert: 17.02.2023 um 07:18 Uhr

Bauarbeiter Emran K.* (35) missbrauchte einen Buben (6) und ein Mädchen (8) schwer. Deshalb verurteilte ihn ein deutsches Gericht 2018 zu dreieinhalb Jahren Gefängnis. Am Freitag schoben die deutschen Behörden den Mann in die Schweiz ab. Wie Blick-Recherchen zeigen, tauchte der Kinderschänder danach unter.

K. hat keine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Deutschland konnte den Mann nur abschieben, weil er einst illegal über die Schweiz nach Deutschland eingereist war. So will es das Rückübernahmeabkommen. Wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage erklärt, wurde K. wegen rechtswidrigen Aufenthalts an die zuständige Staatsanwaltschaft verzeigt und aus der Schweiz weggewiesen. Zudem wurde eine Einreisesperre verhängt.

Er sollte selbständig ausreisen

Trotz Wegweisung liessen ihn die Schweizer Beamten laufen. SEM-Sprecher Reto Kormann zu Blick: «Gegen die betroffene Person liegt in der Schweiz nichts vor. Darum konnte sie von den Schweizer Grenzschutzbehörden auch nicht festgehalten werden.» Sollte die Person erneut in der Schweiz aufgegriffen werden, sei der Sachverhalt anders, betont Kormann. Der aktuelle Aufenthaltsort von K. sei den Behörden nicht bekannt.

Emran K. ist untergetaucht.
Foto: Reinhard Roskaritz / BILD
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Blick wollte vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) wissen, wie das genaue Vorgehen in einem solchen Fall ist. «Einer sich rechtswidrig in der Schweiz aufhaltenden Person wird mündlich und schriftlich mitgeteilt, dass sie die Schweiz zu verlassen hat», sagt Sprecher Simon Erny. Anschliessend müsse die Person selbständig ausreisen.

Ob der Mann sich nach wie vor in der Schweiz aufhält, wieder nach Deutschland zurückkehrte oder in ein anderes Land weiterreiste, ist somit unklar. Die Spur des Kinderschänders verliert sich in Basel, wo deutsche Polizisten ihn am Zoll den Schweizer Grenzschutzbehörden übergaben. Das SEM ist in dieser Sache mit Deutschland in Kontakt, wie Sprecher Kormann erklärt. «Die Beziehungen mit Deutschland sind gut, und es bestehen gute Gesprächskanäle auf allen Ebenen.»

Rückführung nach Afghanistan nicht mehr möglich

Die deutschen Behörden setzten Kinderschänder K. im Februar 2021 bereits einmal ins Flugzeug und schoben ihn in sein Heimatland Afghanistan ab. Das war noch vor der Machtübernahme der Taliban. Heute führen weder Deutschland noch die Schweiz Rückführungen nach Afghanistan durch.

Im Dezember 2022 tauchte K. schliesslich plötzlich wieder in Deutschland auf. Der Afghane war über die Schweiz eingereist. Wie «Bild» im Januar berichtete, war er in Basel in ein Tram der Linie 8 gestiegen. Später wurde er bei einer Kontrolle im deutschen Weil am Rhein aufgegriffen und kam erneut ins Gefängnis. Die Strafe hat er inzwischen vollständig abgesessen.

Unmut in Deutschland wegen illegaler Einreisen

Illegale Einreisen über die Schweizer Grenze sorgen in Deutschland in letzter Zeit vermehrt für Misstöne. Während 2020 noch 1574 illegale Einreisen aus der Schweiz nach Baden-Württemberg festgestellt wurden, stieg die Zahl im Folgejahr auf 2512. Im vergangenen Jahr wurde mit 10'500 Fällen mehr als das Vierfache verzeichnet.

Viele dieser Migrantinnen und Migranten reisen über die Balkanroute nach Westeuropa. Sind sie einmal im Schengenraum, können sie sich aufgrund der Reisefreiheit auch über Landesgrenzen hinweg weitgehend ungehindert bewegen. Die Flüchtlinge reisen häufig via Österreich nach Buchs SG, um von dort nach Deutschland weiterzuziehen. Viele wollen lieber in Deutschland einen Asylantrag stellen als in der Schweiz, weil es für sie dort einfacher ist, zu arbeiten. Die Schweiz sieht keine Rechtsgrundlage, die Migranten zu stoppen.

* Name geändert

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