Nach Prügelattacke in Schaffhauser Altstadt spricht jetzt der Haupttäter
«Ich muss mich in den Boden schämen»

Die brutale Prügelattacke auf Fabienne W. in einer Schaffhauser Wohnung schlug schweizweit hohe Wellen. Jetzt äussert sich einer der Täter zu den Ereignissen in der Tatnacht.
Publiziert: 08.06.2024 um 22:39 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2024 um 15:32 Uhr
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Janine EnderliRedaktorin News

In der Schaffhauser Altstadt schlugen mehrere Männer Ende 2021 Fabienne W.* (40) spitalreif. In der «SRF Rundschau» wurden die verstörenden Videoaufnahmen zweier Überwachungskameras erstmals veröffentlicht.

Im Interview mit der «Sonntagszeitung» spricht nun einer der Täter über die Geschehnisse während der Privatparty. Markus P.* gibt zu, Fabienne W. geschlagen zu haben. «Das ist so, ich kann es nicht wegreden.» Er könne nicht mehr sagen, warum er auf W. eingeschlagen haben. «Mir ist die Zündschnur runtergebrannt. Ich habe mehrmals versucht, die Situation zu beruhigen. Ich wollte auch die Polizei rufen, aber der Anwalt, dem die Wohnung gehört, wollte keine Polizei im Haus.» W. habe randaliert, auch sie sei gewalttätig gewesen. Lange Zeit sei er ruhig geblieben. «Doch irgendwann hat es mich vertätscht.» In den nächsten Moment sei sein Gehirn «wie abgestellt» gewesen. «Ich war nicht mehr mich.»

Hier wird Fabienne W. von mehreren Männern geschlagen.
Foto: Screenshot/SRF Rundschau
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«Ich muss mich in den Boden schämen»

Der Mann übernehme die volle Verantwortung für die Tat. «Ich bin dafür verantwortlich. Ich bin hundertprozentig schuld daran, sonst niemand. Und sie ist hundertprozentig das Opfer», erklärt er heute. Er habe schliesslich verschiedene Optionen gehabt, sich einer potenziellen Eskalation zu entziehen. «Ich bereue zutiefst, es nicht gemacht zu haben.» Nach der Tat sei es ihm schlecht gegangen. Er sagte sich: «So schlimm, ich habe eine Frau geschlagen. Ich muss mich in den Boden schämen.»

Als Einziger der Beteiligten kam der Schweizer im Anschluss an die Tat für drei Tage in U-Haft, wie er gegenüber der Zeitung erklärt. Im März 2023 traf er zufällig Fabienne W. wieder. Die beiden haben sich laut P. mehrmals getroffen und über die Geschehnisse der Tatnacht gesprochen. «Ich sagte, Fabienne, es tut mir leid.»

Fabienne W: «Ich wurde eine Stunde lang gefoltert»

Nach den Gesprächen hatte P. den Eindruck, dass W. ihm verziehen habe. Beide Seiten hätten eine aussergerichtliche Einigung angestrebt. Nach drei Monaten sei der Kontakt dann aber abgebrochen. Plötzlich sei dann dieser Rundschau-Beitrag um die Ecke gekommen.

Auf Anfrage der «Sonntagszeitung» bestätigt Fabienne W., Markus P. im Sommer nach der Tat wiedergetroffen zu haben. Er habe versucht, ihr aufzuzeigen, dass sie sich das alles nur einbilde. «Er wollte mir einreden, mir nichts angetan zu haben, ich sei ausgerastet, er sei ausgerastet, es tue ihm leid. Doch die Videos sprechen ein anderes Bild.» Sie sei eine Stunde lang gewürgt, geschlagen und in Handschellen gelegt – also gefoltert worden. Sie wolle keine weiteren Gespräche mit den Tätern führen.

«Das wäre eine gerechte Strafe»

Markus P. behauptet, nach der Ausstrahlung des SRF-Rundschau-Beitrags Morddrohungen erhalten zu haben. «Ich musste aus Schaffhausen fliehen. Es gab Morddrohungen gegen mich, mehrmals versuchten Leute, in meine Wohnung einzubrechen.» Die Polizei habe ihm geraten, Schaffhausen vorübergehend zu verlassen. Dies habe er gemacht. Noch am selben Abend, als der «Rundschau»-Beitrag ausgestrahlt wurde, habe er seinen Arbeitgeber über die Sache informiert. Tags darauf wurde er freigestellt.

Eine Strafe für seine Tat bekam P. bisher nicht. Die Behörden sollen ihm erklärt haben, dass er für die Tat ein- oder eineinhalb Jahre ins Gefängnis kommen könnte. «Das wäre eine gerechte Strafe», findet er.

*Name geändert

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