Musikerin Fabienne W. wird von drei Männern verprügelt
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Bilder von Überwachungskamera:Musikerin Fabienne W. wird von drei Männern verprügelt

Männer-Trio verprügelt Frau – Video zeigt brutale Szenen
Vorgehen der Schaffhauser Polizei «unglaublich»

Nach einer mutmasslichen Vergewaltigung lädt ein Anwalt die Musikerin Fabienne W. in seine Wohnung ein. Dort wird sie von drei Männern spitalreif geprügelt. Nun wird Kritik an den Schaffhauser Strafverfolgungsbehörden laut.
Publiziert: 23.05.2024 um 11:41 Uhr
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Aktualisiert: 23.05.2024 um 12:34 Uhr
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Janine EnderliRedaktorin News

Ein Mann schleudert Fabienne W.* gegen einen Sessel, prügelt mit den Fäusten auf sie ein. Das wehrlose Opfer versucht, sich schreiend zu wehren. Ohne Erfolg. Mehrere Männer packen W. und lassen sie kopfüber auf den Boden fallen.

In der «SRF Rundschau» wurden die verstörenden Aufnahmen zweier Überwachungskameras erstmals veröffentlicht. Sie zeigen die ungeheuren Misshandlungen, die die Hobby-Musikerin im Dezember 2021 erdulden musste.

Hier schlägt ein Mann auf Fabienne W. ein.
Foto: Screenshot/SRF Rundschau
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Opfer erhebt schwere Vorwürfe gegen Behörden

Laut W. wurde sie von einem Schaffhauser Anwalt zum Abendessen in seiner Wohnung eingeladen. Der Grund für die Einladung: Der Jurist wollte W. davon abbringen, Anzeige gegen einen seiner Kollegen zu erstatten. Dieser soll W. rund eine Woche vor dem Treffen vergewaltigt haben. Die Schweizerin wollte aber nicht von einer Anzeige absehen.

Wenige Stunden später wurde sie brutal verprügelt. Gegenüber der «Rundschau» vermutet sie, dass das Ziel der Männer Einschüchterung war. Der beschuldigte Anwalt und seine drei Kollegen bestreiten dies. Ihre Version: W. habe randaliert, sie wollten die Frau beruhigen. Gegenüber der «Rundschau» bezog der mehrfach kontaktierte Anwalt keine Stellung zum Fall.

Die Musikerin ist nach dem Vorfall schwer traumatisiert, leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Unter den Schock mischt sich bald auch Wut. Ihr Vorwurf an die Schaffhauser Strafverfolgungsbehörden: Obwohl ihre Peiniger den Ermittlern bekannt sind, würden diese mit Samthandschuhen angefasst werden.

Aufnahmen mit Handy abgefilmt

Die Schaffhauser Polizei nahm nach der Tatnacht Ermittlungen auf. Im Zentrum der Untersuchungen standen vor allem die Aufnahmen zwei installierter Kameras. Nach der Tatnacht sollten die Bilder dieser Kameras sichergestellt werden, um die Ereignisse zu rekonstruieren.

Der Anwalt gab gegenüber der Polizei an, der Computer, auf dem die Aufnahmen abgespeichert werden, sei kaputtgegangen. Die Polizisten hätten in der Folge die entsprechenden Aufnahmen auf dem Handy des Beschuldigten abgefilmt – dies ohne Ton. Die Aufnahmen der zweiten Kamera sicherten die Beamten bei einer zweiten Hausdurchsuchung auf einem USB-Stick. Bei der Sicherung habe der Anwalt den Polizisten geholfen.

Strafverteidiger: «Ermittlungsarbeit widerspricht den gängigen Standards»

Im Frühjahr 2023 führt die Polizei eine dritte Hausdurchsuchung beim Anwalt durch, mit dem Ziel, «die auffindbaren Mobiltelefone» sicherzustellen und auszuwerten. Die Beamten nehmen ein Handy mit, das der Anwalt freiwillig herausgibt.

Gegenüber der «Rundschau» nimmt der renommierte Strafverteidiger Konrad Jeker zum Fall Stellung. Er sagt: Das Vorgehen der Schaffhauser Polizei sei «unglaublich». Es widerspreche kriminalistisch den gängigen Standards. Die Polizei bekam von der Staatsanwaltschaft klar definierte Ziele. «Diese wurden nicht umgesetzt. Das ist Befehlsverweigerung.»

Behörden weisen Vorwürfe zurück

Die Schaffhauser Behörden weisen die Kritik derweil gegenüber der «Rundschau» zurück. Die Redaktion hat Polizei, Staatsanwaltschaft und Justizdepartement mit den Vorwürfen konfrontiert. Mit Verweis auf das laufende Verfahren lehnten es die Behörden ab, vor der Kamera Stellung zu beziehen.

In einer gemeinsamen schriftlichen Stellungnahme weisen sie sämtliche Vorwürfe als haltlos und falsch zurück. In der von der «Rundschau» veröffentlichten Stellungnahme heisst es: «Von einer mehrfachen Befehlsverweigerung durch die Schaffhauser Polizei könne nicht ansatzweise gesprochen werden.» Die Vorwürfe würden in keinster Weise zutreffen. Aufgrund des Amtsgeheimnisses sei die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft, die offensichtlichen Unwahrheiten richtigzustellen, stark eingeschränkt.

Noch keine Anklage gegen die Hauptbeschuldigten erhoben

Das Verfahren wegen Vergewaltigung bzw. Schändung wurde inzwischen eingestellt. W. hat dagegen Beschwerde eingelegt.

In Zusammenhang mit den schweren Misshandlungen wurde noch keine Anklage erhoben gegen die Hauptbeschuldigten. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

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