SBB-Chef Ulrich Gygi über den Swiss Pass
«Ich verstehe die Enttäuschung»

Die Kontrollen sind komplizierter und dauern länger – der Swiss Pass macht Passagiere und Kondukteure hässig. Jetzt zeigt die SBB Verständnis für den Frust über die neue Karte.
Publiziert: 18.04.2016 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 06:35 Uhr

Kondukteure müssen den Swiss Pass in die Hand nehmen, um die nötigen Informationen über das Scan-Gerät abrufen zu können. Denn auf der Karte steht weder, ob der Passagier ein Halbtax, ein GA oder ein regionales Abo hat, noch wann es gültig ist. Die Kontrolle im Zug dauert damit länger. Und die Lesegeräte funktionieren auch nicht überall zuverlässig.

Weil ausländische Kontrolleure bei der Fahrt im Ausland die Karte nicht lesen können, müssen die Inhaber der hochmodernen Karte einen Extra-Zettel aus Papier mitführen. Zudem gibt es beim Swiss Pass Probleme mit dem Datenschutz. Knapp ein Jahr nach dessen Einführung ist immer noch unklar, was der Swiss Pass den Zugpassagieren ausser Ärger bringen soll. Jetzt zeigt sogar die SBB Verständnis für den Frust der Karten-Inhaber.

«Ich verstehe zum aktuellen Zeitpunkt die Enttäuschung», sagt SBB-Verwaltungsratspräsident Ulrich Gygi. «Der Swiss Pass bringt dem Kunden bis jetzt noch nicht sehr viel Mehrwert.» Doch die Leute seien enttäuscht, weil sie den Hintergrund zu wenig kennen würden, sagt Gygi im Interview mit der Winterthurer Tageszeitung «Der Landbote».

Ulrich Gygi: SBB-Verwaltungsratspräsident.
Foto: Keystone
Umständlich: Ein Kondukteur scannt einen Swiss Pass.
Foto: Keystone

Gygi: «Ich verstehe es, wenn Kunden finden, der Swiss Pass könne aktuell noch nicht viel und verkompliziere vielleicht sogar die Kontrollen.» Aber die Chip-Karte sei ein Meilenstein auf dem Weg zu einem einfachen, elektronischen Ticketingsystem.

«Nur so können wir differenzierte Preise verlangen»

Wenn der Swiss Pass für die Passagiere keine Vorteile hat – was bringt er also der SBB? «Daten sind heute rohes Gold für alle Firmen», erklärt Gygi die Vorteile der Karte aus seiner Sicht. «Wenn wir ein einfaches und modernes Ticketingsystem haben wollen, dann setzt dies voraus, dass wir wissen, wann welcher Kunde auf welcher Strecke gefahren ist und wie weit. Nur so können wir auch differenzierte Preise verlangen und abrechnen.»

Dumm nur: Die SBB kann diese Vorteile aus Datenschutzgründen derzeit gar nicht nutzen. Sie ist gezwungen, die Aufzeichnungen zu löschen, weil eine entsprechende Rechtsgrundlage fehlt. Das will Gygi ändern: «Wir werden einen Effort machen müssen, damit die Gesetzgebung sich dieses Themas annimmt.» (noo)

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