Reto F. richtet mit Falschbestellungen über 100'000 Fr Schaden an
Kraft-Paket zockt Online-Shops ab

Falsche Namen, falsche Adressen. Mit dieser Masche narrt Bodybuilder Reto F. während Monaten namhafte Onlineshops. Als er auffliegt, liegt der angerichtete Schaden im sechsstelligen Bereich.
Publiziert: 27.10.2019 um 23:04 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2022 um 09:14 Uhr
Marco Latzer

Im Internet zeigt sich Reto F.* als lässiger Bodybuilder, posiert gekonnt in Markenklamotten. Das Umfeld des Ostschweizers beschreibt das Kraftpaket als freundlich, gewinnend und hilfsbereit.

Was fast niemand weiss: F. hockt wegen Verdacht auf Betrug im Gefängnis, wo er sich bereits im vorzeitigen Strafvollzug befindet. Ein Prozess ist allerdings noch nicht in Sicht.

«Die Eruierung der Deliktsumme ist Gegenstand der laufenden Untersuchung. Sie dürfte aber im sechsstelligen Bereich liegen», sagt Beatrice Giger, Mediensprecherin der St. Galler Staatsanwaltschaft, zu BLICK.

Reto F. wird vorgeworfen, mit fiktiven Namen in Onlineshops eingekauft zu haben. Zu den Geprellten gehören offenbar auch Zalando. (Symbolbild)
Foto: ARNE DEDERT / Keystone
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Mehr als 100 frei erfundene Namen

Mit einer simplen, aber perfiden Masche nimmt Reto F. ab Juli 2018 diverse Onlineshops aus: Mit über 100 frei erfundenen Namen kauft der zuletzt in Niederbüren SG wohnhafte Mann auf Rechnung im Internet ein. Die Waren ordert er an rund 15 öffentlich zugängliche Adressen wie Geschäftshäuser oder Therapiezentren.

Um die Lieferungen abzufangen, bringt F. jeweils kurz vor der Zustellung vorgefertigte Namensschilder an den Briefkästen an. Er tut das offenbar derart erfolgreich, dass er mit dem Lieferbschiss während Monaten seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

Laut den Ermittlern bestellt Reto F. munter in den Onlineshops von Zalando, Jelmoli, Brack und Nespresso. Bei Qualipet ergaunert er wohl Futter für seine beiden Büsi, bei ReifenDirekt neue Pneus.

Auch die Freundin nutzt die Bestellungen rege

Wie ein noch nicht rechtskräftiger Strafbefehl des St. Galler Untersuchungsamts Gossau zeigt, dürfte auch seine Freundin Maya G.* (25) von den Machenschaften profitiert haben. Sie soll vom Betrug gewusst und für sich selbst Gratisbestellungen bei F. aufgegeben haben.

Durch die ausgeklügelte Masche soll sich die Herzensdame Schuhe, Kleider, Schmuck, Unterwäsche und auch Schminkutensilien zum Listenpreis von 3424.45 Franken beschafft haben.

Maya G. wurde daher wegen Anstiftung zum gewerbsmässigen Betrug und Hehlerei zu einer bedingen Geldstrafe von 120 Tagessätzen sowie einer Busse von 1000 Franken verurteilt.

Während ihr Freund einsitzt, spielt die Frau gegenüber BLICK die Ahnungslose: «Ich weiss nicht, wovon Sie sprechen. Das muss eine Verwechslung sein.»

Selbst die Miete ist er schuldig

Was Reto F. zu seinem Betrug getrieben hat, bleibt ein Geheimnis. «Ich habe ihn als sehr freundlich erlebt. Aber ja, er hatte öfter ein Päckli in der Hand», berichtet eine Nachbarin über den Muskelmann.

«Mehrere Mieter haben den Polizeieinsatz im Haus mitbekommen und gesehen, wie er in Handschellen abgeführt wurde», weiss der Liegenschaftsverwalter. F. sei zudem mehrere Monatsmieten schuldig geblieben.

Klar ist: Mit seinem Lieferbschiss ist F. kein Einzelfall. Alleine bei der Kantonspolizei St. Gallen gehen deswegen jährlich rund 100 Anzeigen ein. Laut Mediensprecher Florian Schneider befänden sie sich damit «die letzten zwei, drei Jahre auf stabilem, hohem Niveau».

Das Problem: Zu viele Sicherheitsstufen sind bei Onlinekunden äusserst unbeliebt. «Hier müssen Shops einen gesunden Mittelweg finden», so Schneider. Für Reto F. gilt derweil die Unschuldsvermutung.

* Namen geändert

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