Tessiner Hausverwalter erschlagen
Vater (57) und Sohn (29) wegen Mord vor Gericht

Am 27. November 2015 lauern Tankstellenpächter Pietro E. und sein Sohn Marco E. in einer Tiefgarage in Chiasso TI dem Hausverwalter ihrer Wohnung auf. Antonio M. wird mit einem Eisenrohr zu Tode geprügelt.
Publiziert: 15.12.2021 um 23:39 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2021 um 08:33 Uhr
Myrte Müller

Die Bluttat vom Abend des 27. November 2015 in Chiasso TI schockte nicht nur den Tessiner Grenzort. In der Tiefgarage wird die Leiche eines Mannes gefunden. Antonio M.* (†73) liegt in einer Blutlache. Sein Gesicht ist bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Die Kuppen der Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand wurden ihm abgeschlagen. Schnell fällt der Verdacht auf Pietro E.*(57) und seinen Sohn Marco* (29). Vater und Sohn sind untergetaucht (Blick berichtete). Sie werden vier Tage später in Ercolano bei Neapel (I) verhaftet.

Gestern, am 15. Dezember 2021, sechs Jahre nach der Tat, beginnt am Strafgericht in Lugano TI der Prozess gegen die beiden Süditaliener.
Die Anklage lautet auf Mord, vorsätzliche Tötung sowie Geldwäsche, Misswirtschaft und Betrug. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt: Pietro und Marco E. haben dem Hausverwalter ihrer Wohnung in der Tiefgarage seines Hauses aufgelauert, ihm mit einer Eisenstange wiederholt den Schädel eingeschlagen und mit einem Messer oder Ähnlichem in die Hand geschnitten. Das Opfer sei regelrecht massakriert worden, so die Staatsanwältin. Motiv sei die Kündigung der Wohnung gewesen. Das blutverschmierte Rohr fand die Polizei damals in einem Gebüsch nahe dem Tatort. Die andere Tatwaffe wurde nie sichergestellt.

Den Hausverwalter aus Notwehr erschlagen

Pietro E. sitzt auf der Anklagebank, flankiert von zwei Justizbeamten. Der schmächtige Mann mit hängenden Schultern wirkt blass, um Jahre gealtert. Seit sechs Jahren ist er im Gefängnis. Hinter ihm hat Marco E. Platz genommen. Der junge Mann hat immer seine Unschuld beteuert, durfte vor vier Jahren die U-Haft verlassen. Ja, er habe den Hausverwalter erschlagen, sagt Pietro E. Doch er habe aus Notwehr gehandelt. Sohn Marco hingegen habe nichts mit der Tat zu tun.

Pietro E. gab vor Gericht noch einmal zu, Antonio M. mit einem Eisenrohr erschlagen zu haben.
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Zufällig sei das Treffen in der Tiefgarage gewesen. Sie hätten nicht einmal gewusst, dass der Hausverwalter dort sein Büro habe. «Er hat das Eisenrohr aus dem Kofferraum genommen und gegen mich erhoben. Ich habe es ihm aus der Hand gewunden und dann zugeschlagen. Mein Sohn hat nur versucht zu schlichten», behauptet Pietro E. weiter. Der Sohn sei mit dem Auto fortgefahren. Der Vater habe dann zu Fuss die Tiefgarage verlassen und sei mit dem Zug zu einem Verwandten nach Italien gefahren.

Richter hält Version des Angeklagten für nicht glaubwürdig

Den Richter überzeugt die Version nicht. Aus den Akten geht hervor: Marco E. war schon am Abend vor dem Angriff zur etwa gleichen Zeit in jener Tiefgarage und hatte sie erst verlassen, als Antonio M. mit seinem Auto herausfuhr. Hatte der Sohn den Hausverwalter ausgespäht? Warum stellte Pietro E. am Tatabend das Auto ausgerechnet in dieser Tiefgarage auf einem privaten Parkplatz ab, der nicht ihm gehörte? Pietro E. hatte sein Smartphone zu Hause gelassen und nur ein Handy mit einer Prepaid-SIM-Karte dabei. Vielleicht um nicht geortet werden zu können, fragt weiter der Richter. Auf dieser Nummer habe ihn der Sohn nach der Tat angerufen.

Und noch eine Aussage stellt die Glaubwürdigkeit der Angeklagten in Frage: Weder Vater noch Sohn wollen ein Messer, eine Machete oder Ähnliches dabeigehabt haben. Dabei hat die Rechtsmedizin deutlich schwere Schnittwunden an der Leiche des Hausverwalters festgestellt. Am 16. Dezember geht der Prozess mit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft weiter. Ein Urteil wird erst Anfang Januar erwartet.

* Namen geändert

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