«Ich habe ein schlechtes Gewissen»
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Sandra K. fälschte Zertifikat:«Ich habe ein schlechtes Gewissen»

PCR-Test für Rückflug aus Mexiko war positiv, da liess sich Sandra K. von Betrügern helfen
«Ich reiste mit gefälschtem Covid-Zertifikat in die Schweiz»

Sandra machte Ferien in Mexiko – der PCR-Test, den sie für den Rückflug braucht, fällt positiv aus. Ein Fremder bietet ihr ein Fake-Zertifikat an. Sie greift zu. Ihretwegen mussten danach etliche Mitreisende in Quarantäne.
Publiziert: 10.01.2022 um 00:26 Uhr
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Aktualisiert: 10.01.2022 um 12:21 Uhr
Tobias Ochsenbein

Strandurlaub zum Jahresende: Sandra K.* war Ende Jahr mit ihrem Partner in Mexiko im Urlaub. Für die Rückreise in die Schweiz brauchte sie einen gültigen negativen PCR-Test. Den wollten sie und ihr Partner in einem Spital machen lassen, weil der Test dort am billigsten war. Die junge Schweizerin sagt: «Im Spital informierten sie uns darüber, dass es 72 Stunden dauern würde, bis das Resultat da ist.» Das Problem: Das Zertifikat wäre somit nicht für die ganze Flugzeit gültig gewesen, denn die beiden mussten in Portugal umsteigen. K. erzählt: «Als ich das erfahren habe, war ich ziemlich hässig!»

Das hat auch ein Security-Mitarbeiter des Spitals mitgekriegt und die beiden gefragt, ob sie – ohne zu testen – ein gültiges Covid-Zertifikat bräuchten. Sandra K. und ihr Freund lehnten ab, liessen sich vom Mittelsmann aber dennoch die Nummer geben.

Die beiden liessen sich dann andernorts testen. Schliesslich der Schock: Der Test von K. war positiv! «Ich hatte einen Heulanfall. Denn ich konnte meine Ferien nicht noch einmal um zehn Tage verlängern, wollte einfach zurück in die Schweiz», erzählt sie. «Ich wusste auch nicht, ob sie mich mit dem Test verarschen und mich extra positiv getestet haben. Denn ich hatte kaum Symptome.» Zudem sei bekannt, dass das in Mexiko durchaus eine Touristen-Masche sein könne. Denn die Leute müssten dann noch einmal zehn Tage in Mexiko bleiben, in ein Hotel in Quarantäne. Sie rief schliesslich auf die Nummer an, die ihr der Security-Mann vor dem Spital ausgehändigt hatte – und bestelle ein gefälschtes Zertifikat.

Mit diesem gefälschtem Covid-Zertifikat konnte Sandra K. in die Schweiz einreisen.
Foto: Philippe Rossier
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Nervös wegen gefälschten Covid-Zertifikats

«Ich wusste absolut nichts über diese Leute und musste ihnen das Geld auf eine anonyme Bankkarte überweisen», erzählt Sandra K. Kosten für das gefälschte Zertifikat: 1200 mexikanische Pesos, umgerechnet etwa 55 Franken. «Dann ging es keine fünf Minuten, und ich hatte das Zertifikat auf meinem Smartphone», sagt sie.

Vor dem Abflug sei sie sehr nervös gewesen, erzählt K. rückblickend. Würde sie auffliegen? Ihre Bedenken: umsonst. «Am Flughafen in Mexiko bin ich ohne Probleme durchgekommen. Ebenso beim Zwischenstopp in Portugal. Bei der Ankunft in der Schweiz wurde ich noch nicht mal kontrolliert.» Gleich nach der Ankunft hat sich K. noch einmal testen lassen. Auch der Test in der Schweiz war positiv. «Ich habe mich dann sofort in Quarantäne begeben.»

Mit einem ganz schlechten Gewissen geflogen

Rückblickend sagt sie: «Ich bin mit einem ganz schlechten Gewissen geflogen. Ich habe die Maske während der Flüge fast nie ausgezogen – ausser fürs Essen und Trinken. Ich war nie auf der Toilette, habe meine Hände regelmässig desinfiziert und die Maske alle vier Stunden gewechselt.»

Sicherheitsvorkehrungen, die offenbar nicht gereicht haben. Die Folgen: Etliche Personen vom Flug aus Portugal in die Schweiz mussten wegen K. danach in Quarantäne.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schreibt – von Blick auf gefälschte Zertifikate angesprochen: «Weder die Fluggesellschaft noch das Grenzwachtkorps sind in der Lage, festzustellen, ob ein Zertifikat gefälscht ist oder nicht.» Und: «Uns sind keine konkreten Fälle bekannt. Bei Kenntnis eines solchen Falls würde dies umgehend den zuständigen kantonalen Strafverfolgungsbehörden gemeldet werden.» Es bestehe ausserdem die Möglichkeit, ausländische Covid-Zertifikate für die Verwendung in der Schweiz zu sperren.

Echtheitsprüfung liegt nicht bei Fluggesellschaft

Auch bei der Swiss zuckt man, angesprochen auf gefälschte Zertifikate, mit den Schultern: «Es liegt nicht in der Verantwortung der Airline bzw. unserer Ground -Handling-Partner, die Einreisedokumente auf ihre Echtheit zu überprüfen, dies ist Sache der Behörden», sagt ein Sprecher zu Blick. Generell und unabhängig von Corona gelte aber, dass die Swiss keine Personen transportieren dürfe, welche die Einreisebestimmungen in das jeweilige Land nicht erfüllten.

Ähnlich tönt es bei der Fluggesellschaft Helvetic: «Die Kontrolle der Zertifikate übernehmen die Ground Handling Agents der jeweiligen Abflughäfen. Diese nehmen die Kontrollen sehr ernst und Helvetic Airways überprüft die Prozesse an den Flughäfen regelmässig. Uns ist kein Fall bekannt, bei dem sich ein Passagier mit einem gefälschten Zertifikat an Bord eines Helvetic-Flugzeuges eingefunden hätte.»

Einzig Edelweiss sagt, es sei bereits passiert, dass Passagiere mit falschen Zertifikaten hätten reisen wollen: «Ja, es ist schon vorgekommen, dass wir Passagiere abgewiesen haben, weil das Testresultat oder der Impfnachweis manipuliert oder gefälscht schien. In so einem Fall wird die Beförderung verweigert.» Zahlen diesbezüglich will die Airline keine nennen.

* Name geändert

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