Patienten warten immer noch auf ihre Akten
Firma von deutschem Skandal-Arzt Thomas Hähner ist pleite

Patienten stehen vor verschlossenen Türen, die Angestellten wissen nicht, wie ihre Zukunft aussieht. Der deutsche Arzt Thomas Hähner ist mit seiner Praxiskette in der Schweiz gescheitert: Wie Blick-Leser berichten, leiteten die Behörden ein Konkursverfahren ein.
Publiziert: 02.08.2023 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2023 um 15:50 Uhr

Er wollte Schweizer Hausarztpraxen retten, stattdessen hat er jetzt ein Konkursverfahren am Hals. Die Viamedica AG des seit diesem Jahr in die Schlagzeilen geratenen deutschen Skandal-Arztes Thomas Hähner (49) ist in Liquidation. Was mehrere Blick-Leser erwartet haben, ist also tatsächlich eingetreten: Hunderte Patienten warten auf ihre Akten und suchen vergeblich nach einem freien Platz bei einem neuen Hausarzt.

Der Deutsche Unternehmer und Arzt führt die Firma mit Sitz in Embrach ZH, um Arzt- und Zahnarztpraxen zu betreiben. Am 14. Juli ist jedoch der Konkurs der Viamedica AG eröffnet worden, wie aus dem «Schweizerischen Handelsamtsblatt» (SHAB) hervorgeht und wie das Notariatsinspektorat des Kantons Zürich gegenüber Blick bestätigt. «Das Verfahren befindet sich im Anfangsstadium und wurde aufgrund einer Konkursbetreibung eingeleitet», schreibt der Kommunikationsverantwortliche Lukas Häusermann auf Anfrage. Man sei derzeit mit Sicherungsmassnahmen beschäftigt.

Akten können nicht mehr ausgehändigt werden

Zum Medizinunternehmen gehörten sowohl das Ärztezentrum in Turbenthal ZH, die von einem örtlichen Ärzteverbund übernommen wurde, als auch die Praxis in Felben-Wellhausen TG, über deren unterbrochenen Betrieb Blick im Juni bereits berichtet hat.

Die Viamedica AG von Unternehmer Thomas Hähner ist pleite.
Foto: Leserreporter
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Auch die Praxen in Oberglatt ZH und Embrach gehören noch zur Viamedica AG. Die Praxen wurden mittlerweile versiegelt. Die Aushändigung der Patientenakten wurde gestoppt, wie diverse Schreiben an den Türen der Praxen verraten. Was mit den Dossiers passiert und wie es mit den Angestellten weiter geht, sei noch offen.

«SRF» konnte im Mai mit ehemaligen Mitarbeitenden sprechen. Sie berichten von miserablen Arbeitsbedingungen, hätten teils 18 bis 20 Stunden am Tag gearbeitet. Die Vorwürfe gegen Hähner wiegen schwer. «SRF» schreibt von chaotischen Zuständen in den Praxen und finanziellen Problemen.

Weitere Verfügungen erlassen

Die Dienststelle Gesundheit und Sport (DIGE) hat nun je eine Verfügung für die Arztpraxen in Triengen, Oberkirch und Hergiswil bei Willisau erlassen. Das gibt die Staatskanzlei Luzern bekannt. Die Verfügungen erlaubten es der DIGE, die Patientenakten zu beschlagnahmen. Dies wurde notwendig, weil der Betreiber seiner gesetzlichen Pflicht zur ordnungsgemässen Aufbewahrung und Herausgabe der Patientenakten an die Patientinnen und Patienten nicht nachgekommen ist.

Ein weiterer Grund war, dass die DIGE einem möglichen Konkurs zuvorkommen wollte, weil es dann viel schwieriger ist, noch an die Patientenakten zu gelangen. Zudem soll verhindert werden, dass Patientenakten missbräuchlich entwendet werden.

Sowohl die physischen wie auch die elektronischen Patientenakten wurden in allen drei Gemeinden beschlagnahmt. Die DIGE informiert wiederum aktiv, sobald archivsuisse das Sortieren der physischen Patientenakten fertiggestellt hat und die elektronischen Daten exportiert und archiviert werden konnten.

Anwohner: «Es war absehbar»

Im Juli äusserte sich Hähner erstmals öffentlich gegenüber Blick zu seinen Praxen. Er schrieb: «Es spielen leider auch andere Faktoren eine Rolle, die ich aus rechtlichen Gründen derzeit leider nicht erläutern kann. Die Wirklichkeit ist oft komplexer, als es aussieht. Ich werde alles dafür tun, um einen weiteren Betrieb der Praxen zu ermöglichen. In Sachen qualifizierter Weiterführung des Betriebs wird in Kürze mehr bekannt gegeben», sagte er.

Nun folgt also das Konkursverfahren. Für eine Stellungnahme zu den neusten Entwicklungen war Thomas Hähner auf mehrmalige Anfrage nicht erreichbar.

«Die Patienten in Turbenthal sind hässig», sagt ein Anwohner zum Konkurs der Praxen. «Niemand hat mehr an die Rettung der Praxis geglaubt. Es war absehbar, dass so etwas passieren würde». (ene/mrs)

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