Verdacht auf Veruntreuung
Bekannte Pädophilenexpertin angezeigt

Die Thurgauer Psychologin Monika Egli-Alge soll Steuergelder veruntreut haben. Mitarbeiter haben sie bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Sie weist im «Beobachter» die Vorwürfe entschieden zurück.
Publiziert: 15.03.2019 um 15:21 Uhr
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Aktualisiert: 13.05.2019 um 16:53 Uhr
Yves Demuth und Tanja Polli

Geht es um Pädophile, steht Monika Egli-Alge oft Rede und Antwort. Die Gründerin des Forensischen Instituts Ostschweiz tritt am Fernsehen auf, gibt Zeitungsinterviews und sitzt in einer Begleitgruppe für einen Bundesratsbericht. 

Geht es um ihre eigenen Geschäfte, gibt sich die 60-Jährige zugeknöpft. Obwohl sie sich mit grossen Problemen konfrontiert sieht. Ihre Firma Phoenix Wohnen GmbH steht offenbar kurz vor dem Konkurs. Diese betreibt im Thurgau zwei Wohnheime für schwer erziehbare Jugendliche. Wie lange noch, ist jedoch offen. Anfang März hat Monika Egli-Alge allen Wohnheim-Angestellten in Weinfelden und Müllheim gekündigt. Die Zukunft der zwölf Jugendlichen ist ungewiss.

Die Mitarbeitenden können sich den Liquiditätsengpass nicht erklären, da die Institution monatlich rund 120'000 Franken von Fürsorgestellen erhält. Sie haben Monika Egli-Alge bei der Staatsanwaltschaft Bischofszell angezeigt wegen «Insolvenzverschleppung und Verdacht auf Veruntreuung». Die Staatsanwaltschaft klärt derzeit ab, ob aufgrund der eingereichten Akten ein Verfahren eröffnet wird, sagt ein Sprecher.

Die Thurgauer Psychologin Monika Egli-Alge soll Steuergelder veruntreut haben.
Foto: Daniel Ammann

Egli-Alge bleibt Löhne schuldig

Dem Beobachter liegen Dokumente vor, die Zweifel an einer sauberen Buchführung nähren. Aus einer Lohnliste von 2015 geht etwa hervor, dass Monika Egli-Alge 86'000 Franken an ihre zwei Söhne überweisen liess, obwohl diese keine Leistungen für die Phoenix Wohnen GmbH erbracht hatten, wie mehrere Angestellte sagen. Ein Mitglied der Geschäftsleitung des Forensischen Instituts Ostschweiz und dessen Sekretariatsmitarbeiter erhielten gemäss den Unterlagen 129'000 Franken Lohn von Phoenix. Welche Leistungen sie dafür erbracht haben sollen, ist den Angestellten schleierhaft.

Monika Egli-Alge bleibt bereits seit Dezember Löhne schuldigLohnFragen und Antworten rund ums Salär. 17 Angestellten fehlen insgesamt 132'957.35 Franken Lohn, wie aus einer Eingabe beim Bezirksgericht Weinfelden von Anfang März hervorgeht. «Ich habe nur noch 70 Franken auf dem Konto», erklärte ein Angestellter Monika Egli-Alge bereits im Januar. Genützt hatte die Intervention wenig. Auch die Februarlöhne blieben aus.

Mitarbeitende müssen Geld vorschiessen

Die finanzielle Lage ist so prekär, dass Mitarbeitende bis zu 1'000 Franken vorschiessen müssen, damit die Jugendlichen überhaupt zu essen haben. «Wir müssen eigenes Geld abheben, um Esswaren einzukaufen. Das Konto füllt die Buchhalterin nur noch unregelmässig mit kleinen Beträgen», sagt eine Angestellte. Vorliegende E-Mails bestätigen das. Einmal antwortet die Buchhalterin: «Ich konnte nur 800 Fr. überweisen.» Ein anderes Mal heisst es: «Leider ist momentan die Liquidität sehr schlecht.» 

Die Sozialämter zahlen allein für die acht Jugendlichen in Weinfelden jeden Tag 3043.20 Franken. Das entspricht dem vereinbarten Tagessatz. Dazu kommt: Erwirtschaftet das Weinfelder Wohnhaus ein Defizit, kann Monika Egli-Alge es dem Kanton weiterverrechnen. Denn die soziale Institution besitzt eine sogenannte IVSE-Zertifizierung.

Kanton wollte Defizit-Berechtigung entziehen

Die finanziellen Unregelmässigkeiten sind auch dem Sozialamt des Kantons Thurgau aufgefallen. Vor elf Monaten wollte der Finanzchef des Amts dem Phoenix-Wohnheim in Weinfelden die Berechtigung entziehen, Defizite abzurechnen und Jugendliche aus anderen Kantonen aufzunehmen. Die Buchhaltung sei «offensichtlich nicht korrekt geführt» worden, heisst es in einem Sitzungsprotokoll. Die wertvolle IVSE-Zertifizierung durfte die Sozialinstitution trotzdem behalten, deshalb fliessen die Steuergelder weiterhin. Wieso das so ist, wollte das Sozialamt des Kantons Thurgau nicht sagen. Entsprechende Fragen des Beobachters beantwortete der Kanton mit Verweis auf das Amtsgeheimnis nicht.

Monika Egli-Alge wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe. Sie weise alle Unterstellungen in schärfster Form zurück, sagte sie. Die konkreten Fragen des Beobachters konnte Egli-Alge innerhalb von drei Arbeitstagen nicht beantworten. Sie stellt Antworten für nächste Woche in Aussicht. Für Monika Egli-Alge gilt die Unschuldsvermutung.

Die Phoenix-Angestellten geben nicht auf. Obwohl sie keinen Lohn erhalten, arbeiten sie weiter. «Wir können die Jugendlichen jetzt nicht im Stich lassen», sagt die pädagogische Leiterin Jacqueline Romann. So sei sie unglaublich stolz, dass der Betrieb trotz grosser privater Geldsorgen weiterlaufe. Die Mitarbeitenden hoffen, dass die GmbH aufgelöst und in einen gemeinnützigen Verein überführt werden kann. Dazu müsste Firmeninhaberin Egli-Alge allerdings die ausstehenden Löhne und Sozialversicherungsabgaben begleichen. Nur so könnte der Verein ohne Schulden starten.

Artikel aus dem «Beobachter»

Dieser Artikel wurde aus dem Magazin «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch.

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