Trotz neuer Zeugen, trotz neuer Hinweise
Ermittler lassen Akte Ylenia geschlossen

Urs Hans Von Aesch ist laut St. Galler Behörden der einzige Täter, der für Ylenias Tod verantwortlich ist. Zeugen, die von Mitwissern oder gar Mittätern des Entführungsfalls ausgehen, werden von der Justiz als unglaubwürdig betrachtet.
Publiziert: 07.03.2019 um 20:44 Uhr
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Aktualisiert: 07.03.2019 um 20:50 Uhr
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Marco LatzerReporter Ostschweiz

Die Akte im Fall der kleinen Ylenia (†5) bleibt geschlossen. Die St. Galler Justiz sieht keinen Grund, die Suche nach möglichen Mittätern von Urs Hans Von Aesch (†67) fast zwölf Jahre nach dem Tod des Mädchens wieder aufzunehmen. 

«Das Spurenbild deutet einzig und allein auf Von Aesch», sagte der St. Galler Kripochef Stefan Kühne am Donnerstag an einer Medienkonferenz. Und präzisierte: «Wir möchten die Vorwürfe gegen die Arbeitsqualität der Strafverfolgungsbehörden richtigstellen und unsere Fakten auf den Tisch legen.»

Dies, weil BLICK und andere Medien letzte Woche über mehrere Zeugen berichtet hatten, die zwei Männer mit dem Entführungsfall im Sommer 2007 in Verbindung bringen.

Laut Justiz handelte er allein: Urs Hans Von Aesch (†67) gilt als Entführer und Mörder der kleinen Ylenia (†5).
Foto: zvg
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Zeugen sind für Justiz nicht glaubwürdig

So wird Werner F.* (†66) von seinem Weggefährten Andy R.* (61) verdächtigt, in Ylenias Tod verwickelt zu sein. Denn: F. sei nach einer Begegnung mit Von Aeschs Kleinbus während Stunden spurlos verschwunden gewesen. 

Zeugin Cathy S.* (63) will Werner F. am gleichen Tag am Steuer von Von Aeschs Fahrzeug gesehen haben. Noch im September 2007 fertigte sie mit BLICK ein Phantombild an, welches F. verblüffend ähnlich sieht.

Der leitende St. Galler Staatsanwalt Christoph Ill findet: «Das Vorzeigen eines Bildes hat zwölf Jahre nach dem Vorfall keinen Beweiswert.» Und: Er und Kripochef Kühne stufen Andy R. und Cathy S. als unglaubwürdig ein.

Diese hätten ihre Aussagen im Laufe der Zeit abgeändert und ausgeschmückt. Die Zeugen werfen ihrerseits den Ermittlern vor, nicht ernst genommen worden zu sein.

Fakt ist: Obwohl die Vorwürfe gegen den vor zwei Jahren verstorbenen Werner F. schon seit Dezember 2013 vorgelegen haben, wurde dieser zu Lebzeiten nicht befragt.

Nachbarn sollen bei Polizei aussagen

Auch bei Walter B.* (58), der von Von Aesch angeschossen wurde, sehen die Strafverfolger keine Ungereimtheiten. Die Schilderungen von B. seien glaubhaft, obwohl dieser gegenüber der Polizei zunächst widersprüchliche Aussagen gemacht habe.

Eine Verbindung mit der Tat liesse sich ausschliessen, so Ill und Kühne. Gleichzeitig räumen sie ein: Die Nachbarn von Walter B. wurden trotz zweier Hausdurchsuchungen nicht befragt. 

So wäre man womöglich auf Franz T.** (61) und Hildegard V.** (77) gestossen, die überzeugt sind, Von Aesch respektive seinen Kleinbus im Quartier gesehen zu haben.

Kripochef Kühne räumt ein: «Die Aussagen sind der Polizei neu und wurden leider weder damals noch in der darauffolgenden Zeit je offiziell gemacht. Aus diesem Grund laden wir die beiden Auskunftspersonen ein, sich bei der Kantonspolizei St. Gallen zu melden.» 

*Name bekannt

**Name geändert

Jede offene Frage ist eine zu viel

Die Zeugen haben Kopf und Kragen riskiert, als sie mit neuen, schwerwiegenden Hinweisen zum Fall Ylenia im BLICK an die Öffentlichkeit gingen. Sie Taten es in der Hoffnung, dass die St. Galler Justiz ihren Verdacht sauber abklärt.

Nun wurden sie von Polizei und Staatsanwaltschaft als nicht glaubwürdige Wichtigtuer abgekanzelt. Statt die allfälligen Mittäter von Entführer Urs Hans Von Aesch (†67) eingehend unter die Lupe zu nehmen, gehen die Behörden zum Frontalangriff auf die Zeugen über.

Die Auskunftspersonen hätten ihre Aussagen immer wieder geändert oder zu lange für sich behalten. Mit diesem Vorwurf begründen die Ermittler, warum sie im bekanntesten Entführungsfall der Schweiz Hinweisen nicht nachgehen.

Niemand weiss, was Von Aesch während der stundenlangen Entführung mit der kleinen Ylenia trieb. Unklar auch, ob ihr Tod beabsichtigt oder ein Versehen war. Ein eindeutiges Motiv fehlt ebenso wie eine kriminelle Vorgeschichte. 

Von Aesch gilt als Einzeltäter, weil nur von ihm DNA-Spuren gefunden wurden. Mitwisser oder gar Mittäter schliesst das aber nicht aus. Deshalb müsste die Suche nach ihnen höchste Priorität haben, jeder Hinweis dankbar abgearbeitet werden.

Dazu gehören auch jene der als unglaubwürdig abgestempelten Zeugen. Aus welchem Grund sollten diese die Polizei absichtlich mit Falschbeschuldigungen in die Irre führen? Auch diese offene Frage ist eine zu viel. Marco Latzer

Die Zeugen haben Kopf und Kragen riskiert, als sie mit neuen, schwerwiegenden Hinweisen zum Fall Ylenia im BLICK an die Öffentlichkeit gingen. Sie Taten es in der Hoffnung, dass die St. Galler Justiz ihren Verdacht sauber abklärt.

Nun wurden sie von Polizei und Staatsanwaltschaft als nicht glaubwürdige Wichtigtuer abgekanzelt. Statt die allfälligen Mittäter von Entführer Urs Hans Von Aesch (†67) eingehend unter die Lupe zu nehmen, gehen die Behörden zum Frontalangriff auf die Zeugen über.

Die Auskunftspersonen hätten ihre Aussagen immer wieder geändert oder zu lange für sich behalten. Mit diesem Vorwurf begründen die Ermittler, warum sie im bekanntesten Entführungsfall der Schweiz Hinweisen nicht nachgehen.

Niemand weiss, was Von Aesch während der stundenlangen Entführung mit der kleinen Ylenia trieb. Unklar auch, ob ihr Tod beabsichtigt oder ein Versehen war. Ein eindeutiges Motiv fehlt ebenso wie eine kriminelle Vorgeschichte. 

Von Aesch gilt als Einzeltäter, weil nur von ihm DNA-Spuren gefunden wurden. Mitwisser oder gar Mittäter schliesst das aber nicht aus. Deshalb müsste die Suche nach ihnen höchste Priorität haben, jeder Hinweis dankbar abgearbeitet werden.

Dazu gehören auch jene der als unglaubwürdig abgestempelten Zeugen. Aus welchem Grund sollten diese die Polizei absichtlich mit Falschbeschuldigungen in die Irre führen? Auch diese offene Frage ist eine zu viel. Marco Latzer

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