Grosse Solidarität für Teenie-Mami
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Teenie-Mami in Nöten:«Ich muss mein Baby mit dem Lehrlingslohn durchbringen»

Teenie-Mami Belinda Kurhajec (18) allein mit Sophia (10 Monate) – Gericht befreit Vater (22) von Alimenten
«Ich muss mein Baby mit dem Lehrlingslohn durchbringen»

Während ihrer Ausbildung zur Bäuerin wurde Belinda Kurhajec ungewollt schwanger. Doch: Der vier Jahre ältere Kindesvater muss die Lehrtochter finanziell nicht unterstützen – weil er selbst weder Geld noch Vermögen hat.
Publiziert: 25.09.2020 um 23:38 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2020 um 21:31 Uhr
Marco Latzer

Zufrieden krabbelt die kleine Sophia (zehn Monate alt) in der Wohnung herum. Das kleine Mädchen mit den grossen Augen hat seinen Vater noch nie gesehen. Bei der Geburt war Sophias Mutter Belinda Kurhajec (18) selbst noch minderjährig – und mit ihrer Jugendliebe Daniel S.* (22) längst nicht mehr zusammen.

«Ich versuche alles unter einen Hut zu bringen. Das ist nicht immer einfach», sagt die angehende Landwirtin im letzten Lehrjahr zu BLICK. Ohne die tatkräftige Mithilfe ihrer Mutter Andrea (48), die Sophia tagsüber hütet, hätte die Thurgauerin ihre Ausbildung wohl abbrechen müssen.

Für alles muss die Teenie-Mama selbst aufkommen

«Unterkunft, Essen, Arztbesuche. Ich muss für alles selber aufkommen, mein Erspartes ist längst weg», sagt die Teenie-Mutter. Wie ein Schlag ins Gesicht ist da ein kürzlich ergangenes Urteil des Bezirksgerichts in Weinfelden TG.

Belinda Kurhajec (18) und ihre Tochter Sophia (10 Monate) bekommen keine Alimente vom Kindesvater, weil dieser arbeitslos ist und über kein Vermögen verfügt. Andrea Kurhajec (48), Grossmutter wider Willen, hilft in der schwierigen Situation als Babysitterin aus.
Foto: Marco Latzer
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Dieses befreit Kindesvater Daniel S. nämlich noch bis Jahresende von jeglichen Unterhaltspflichten für Sophia. Erst anschliessend werden monatliche Alimenten fällig. Doch für die ersten 13 Monate des Lebens seiner Tochter muss er jedoch keinen Rappen springen lassen – Besuchsrechte hat er ab Oktober trotzdem.

Kindsvater hat keinen Job – und kein Erspartes

«In der Verhandlung hiess es, es sei nicht zumutbar, dass er sich wegen des Kindes in Schulden und Unkosten stürzen muss», so Belinda Kurhajec. Das Problem: Der vier Jahre ältere Daniel S. verfügt zwar über eine Ausbildung zum Landwirt, ist aber arbeitslos und hat offiziell weder Einkommen noch Vermögen. Inzwischen lebt er im Kanton St. Gallen bei der Familie seiner neuen Freundin, die er sich noch während Belindas Schwangerschaft zugelegt hat.

«Meiner Ex passt einfach das Gerichtsurteil nicht», vermutet dagegen Daniel S. Über Geld will er nicht sprechen. Gleichzeitig betont er, das Besuchsrecht für Sophia zukünftig wahrnehmen zu wollen. «Sie hat das Kind bekommen und sich dann einfach nicht mehr bei mir gemeldet!», klagt er.

Vaterschaft erst im August anerkannt

Er selbst habe einen DNA-Test durchführen lassen, um überhaupt Gewissheit zu erhalten. Doch: Daniel S. hat laut Gerichtsdokumenten die Vaterschaft erst Ende August anerkannt. Nach schriftlicher Aufforderung und Monate nach dem erwähnten Test. Damit konfrontiert, bricht er das Gespräch mit BLICK ab.

«Ich verstehe es nicht, dass solche Entscheide bei uns möglich sind. Belinda hat weniger Rechte als jeder Asylsuchende», sagt ihre Mutter, eine mit einem Slowaken verheiratete Schweizerin. Es stehe für sie aber ausser Frage, Tochter und Enkelkind in dieser anspruchsvollen Lage zu unterstützten.

Grosse Pläne trotz frühem Kind

Jung-Mami Belina Kurhajec nimmt diese Hilfe dankend an: «Ich möchte niemals von der Sozialhilfe abhängig sein müssen und schnellstmöglich auf eigenen Beinen stehen.» Doch der Weg ist weit. Nach bestandener Lehre möchte die Landwirtin die BMS nachholen und sich dann zur Tierärztin für Grosstiere ausbilden lassen.

«Ich werde meine Ziele erreichen», ist die Lehrtochter überzeugt. Sie weiss aber auch, dass ihr Weg mit einem anderen Gerichtsentscheid etwas weniger steinig hätte ausfallen können.

* Name geändert

Zankapfel: Alimente

Trennen sich die Eltern eines Kindes, ist Ärger häufig vorprogrammiert. Neben dem Sorgerecht stehen insbesondere finanzielle Fragen im Vordergrund. In der Schweiz leben gut 200'000 alleinerziehende Mütter – auch immer mehr Väter gesellen sich dazu.

Seit 2014 gilt bei einer Trennung, dass das Sorgerecht grundsätzlich geteilt wird. Im Alltag muss dann aber auch entschieden werden, welcher Elternteil die effektive Obhut über das Kind ausübt oder ob auch diese geteilt wahrgenommen wird. Wie hoch die finanziellen Entschädigungen in der Praxis ausfallen, ist völlig individuell und kaum bezifferbar.

Entscheidend ist in erster Linie der Unterhaltsbedarf des Kindes, der in jedem Kanton individuell berechnet wird. Massgeblich für die Berechnung sind auch die Löhne von Vater und Mutter und allfällige Mehrkosten, die berufsbedingt durch eine Tagesmutter oder Kinderkrippe entstehen können. Das Existenzminimum des unterhaltspflichtigen Elternteils darf nicht unterschritten werden.

Für Rat suchende Eltern gibt es Mütter- und Väter-Beratungsstellen, oder Institutionen wie Pro Juventute bieten verschiedene Hilfestellungen.

Trennen sich die Eltern eines Kindes, ist Ärger häufig vorprogrammiert. Neben dem Sorgerecht stehen insbesondere finanzielle Fragen im Vordergrund. In der Schweiz leben gut 200'000 alleinerziehende Mütter – auch immer mehr Väter gesellen sich dazu.

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Entscheidend ist in erster Linie der Unterhaltsbedarf des Kindes, der in jedem Kanton individuell berechnet wird. Massgeblich für die Berechnung sind auch die Löhne von Vater und Mutter und allfällige Mehrkosten, die berufsbedingt durch eine Tagesmutter oder Kinderkrippe entstehen können. Das Existenzminimum des unterhaltspflichtigen Elternteils darf nicht unterschritten werden.

Für Rat suchende Eltern gibt es Mütter- und Väter-Beratungsstellen, oder Institutionen wie Pro Juventute bieten verschiedene Hilfestellungen.

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