Zwei forensische Psychiater geben Aufschluss über Brandstifter
Geltungsdrang, Gier und Faszination fürs Feuer

Tobias G.* (36) soll ein unverbesserlicher Serien-Brandstifter sein. Zwei forensische Psychiater geben Aufschluss, wo die Auslöser für solche Taten liegen könnten.
Publiziert: 30.10.2023 um 11:04 Uhr
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Sandro ZulianReporter News

Schmerikon SG ist kein Einzelfall: Das Phänomen der Feuerteufel in Feuerwehruniform ist leider wohlbekannt. Im Frühjahr 2022 versetzte ein Feuerteufel im Wasseramt SO die Bevölkerung in Angst und Schrecken und setzte innert eines Monats insgesamt zwölf Gebäude in Brand. Wochenlang wusste die verängstigten Bewohnerinnen und Bewohner der Region nicht, wo der später festgenommene Martin Z.* (34) das nächste Mal zuschlagen würde. Ställe, Schreinereien, Clubhäuser: Nichts war sicher vor dem Feuerwehrmann. Mittlerweile ist er wieder auf freiem Fuss

Aktuell ist auch der Fall eines Feuerwehrmannes, der im Waadtland für 25 Fälle von Brandstiftung verantwortlich ist. Er kassierte kürzlich eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, von der er ein halbes absitzen muss. Die Liste der Fälle von Brandstiftung, begangen von Feuerwehrleuten, ist lang und kann fast jährlich ergänzt werden.

Trotz der vielen Beispiele, bei denen Uniformierte zum Feuerzeug greifen und damit Schaden anrichten, kann nicht von einem grundsätzlichen Problem gesprochen werden: Das Phänomen der Brandstifter in Uniform komme verhältnismässig selten vor, sagen Fachleute.

Tobias G. löschte als Feuerwehrmann seine selber gelegten Brände. So berichtete Blick 2009 über die Brandserie
Foto: Blick
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Background-Checks auch in der freiwilligen Feuerwehr wichtig

Tausende Feuerwehrleute verhielten sich völlig unauffällig, gibt beispielsweise Jérôme Endrass, forensischer Psychologe und stellvertretender Leiter des Amtes für Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich, an.

Er begrüsst trotzdem Background-Checks bei Blaulichtorganisationen: «Bei Tätigkeiten, die mit viel Verantwortung einhergehen, ist das ganz klar sinnvoll. Ich sehe keinen Grund, den Hintergrund von freiwilligen Feuerwehrleuten nicht zu überprüfen.»

«Verheerend, etwas zu vereinfachen»

Dass jemand Feuer legt, habe eine Vielzahl von Gründen, so Endrass: «Einige machen es aus Geltungsdrang, andere aus finanziellen Gründen oder aus purer Faszination für Feuer.» Er warnt davor, solche Taten unter dem Überbegriff Pyromanie abzutun, ohne die Hintergründe zu kennen, sagt Endrass: «Es ist verheerend, hier etwas zu vereinfachen.»

Ein Feuer zu entzünden, könne auch mit dem Reiz des Abenteuers zu tun haben. «Das Kribbeln im Bauch kann sehr anziehend sein.» 

«Pyromanie hat komplexe Ursachen»

Zustimmung erhält Endrass von Elmar Habermeyer. Der 56-Jährige ist Direktor der Klinik für forensische Psychiatrie an der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Eine einfache Erklärung für das Phänomen hat auch er nicht. «Pyromanes Verhalten hat sehr komplexe Ursachen. Manchmal geht es darum, Unsicherheiten oder mangelndes Selbstbewusstsein zu kaschieren oder Frustration zu bewältigen.»

Manchmal entstünden die Brände aber auch aufgrund von Aggressions- oder Suchtproblemen. Keine einfache Angelegenheit für die Fachpersonen gibt er zu: «Pyromanie ist eine Diagnose, mit der wir Forensiker Mühe haben, weil sie an der Oberfläche bleibt.»

*Name geändert 

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