Swissmedic büsst Ostschweizer wegen Vertrieb
Millionär braut in Küche Mittelalter-Mittel gegen Krebs

Jahrelang braute ein Multimillionär in seinem Schloss Präparate aus Petroleum und brachte sie illegal in Umlauf. Jetzt kommt der St. Galler an die Kasse.
Publiziert: 09.10.2022 um 13:39 Uhr

Es klingt wie ein Magier-Mythos: In der Küche eines Schlosses braut ein älterer Mann über Jahre hinweg ein Mittelchen zusammen, das Krebskranke heilen soll. Er füllt es in Fläschchen ab und verschenkt oder verkauft es weiter. Nur: Das Mittel wirkt gar nicht.

Wie die «SonntagsZeitung» berichtet, ist genau das in der Ostschweiz passiert: Die Heilmittelbehörde Swissmedic wurde auf einen Schlossherren aus Goldach SG aufmerksam, der jahrelang illegal Präparate aus Petroleum in Umlauf brachte.

Hundert Fläschchen pro Jahr

Vor fünf Jahren hat der Mann laut den Behörden begonnen, in seiner Küche speziell aufbereitetes Petroleum herzustellen. Rund hundert Fläschchen des Wundermittels namens «Swiss-Naphta-B» vertrieb der Millionär pro Jahr. Laut der «SonntagsZeitung» pries er in Flyern das Mittel grosszügig an: Es werde «immer wieder bestätigt, dass Naphta-B vor allem Krebs, Tumore, Metastasen, Prostataleiden, Diabetes, Schwachheit, Kinderlähmung» sowie weitere Krankheiten «geheilt oder die Leiden gelindert» habe, hiess es auf den Werbebotschaften.

Vor fünf Jahren begann ein St. Galler Schlossherr, illegal vermeintliche Krebsheilmittel in Umlauf zu bringen. (Symbolbild)
Foto: imago images
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Nur: Wirklich heilen kann das Mittel nicht. Zwar wurde Naphta im Persien des 9. Jahrhunderts für medizinische Zwecke hergestellt, doch die moderne Wissenschaft kann keine heilende Wirkung bestätigen.

Der Millionär beliess es allerdings nicht nur beim Krebsmittel: Zusätzlich vertrieb er selbst entwickeltes «Magnesium-Chlorid». Gegenüber Swissmedic sagte der Unternehmer, sein Produkt sei acht Mal stärker als andere Mittel. Laut der Werbebroschüre bilde es «einen guten Schutz vor der Ausbreitung (Metastasierung) des Krebses im Körper» und helfe gegen weitere Krankheiten. Nur: Gemäss einer Studie der Universität Basel kann nicht bewiesen werden, dass eine regelmässige Einnahme das Krebsrisiko senkt.

Der Multimillionär kennt die Branche

Dabei hätte der Mann laut Swissmedic wissen müssen, was er tut. Neben zahlreichen Immobilien und seiner Villa besitzt er eine lokale Privatklinik und ist Gründer und jahrzehntelanger Leiter einer Medizintechnikfirma, die in einem anderen Schloss untergebracht ist.

Laut der Heilmittelbehörde hätte er daher das Schweizer Heilmittelgesetz kennen und wissen müssen, dass die Selbstherstellung und der Vertrieb von Arzneimitteln ohne Bewilligung verboten ist.

Potenzielle Gesundheitsgefährdung bestätigt

Swissmedic zufolge hat man dem Mann nicht nachweisen können, «dass aus seinem Handeln eine Gefährdung der Gesundheit von Menschen resultierte». Das Problem sei jedoch, dass «dass einzelne Personen auf eine (wirksamere) Behandlung verzichteten oder sich davon abhalten liessen, frühzeitig einen Arzt zu besuchen». Deshalb müsse man von einer potenziellen Gesundheitsgefährdung für die Konsumierenden ausgehen.

Im Frühling wurde der Multimillionär wegen Widerhandlungen gegen das Heilmittelgesetz verurteilt. Nun muss er 16'000 Franken Busse und eine bedingte Geldstrafe von 80'500 Franken bezahlen.

Fragwürdige Medizinal-Angebote sind in der Schweiz keine Seltenheit: Allein in den letzten fünf Jahren führte Swissmedic 80 Untersuchungen durch. (hei)

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