«Meine beste Freundin ist vor meinen Augen gestorben!»
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24 Monate bedingt:«Meine beste Freundin ist vor meinen Augen gestorben!»

Martina F. (27) kriegt 24 Monate bedingt für Raserfahrt
«Meine beste Freundin ist vor meinen Augen gestorben!»

Martina F. musste sich trotz Corona-Krise unter Anwendung von «Social Distancing» in einem Prozess verantworten. Sie soll sich ein Rennen mit ihrer besten Freundin geliefert haben, das in deren Tod endete. Am Donnerstag erhielt sie eine bedingte Haftstrafe.
Publiziert: 19.03.2020 um 14:02 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2020 um 17:47 Uhr
Marco Latzer

Trotz Corona-Krise und Veranstaltungsverbot paukt das Kreisgericht Wil in Flawil SG heute den Prozess gegen Martina F.* (27) durch. Die Coiffeuse trägt Turnschuhe mit Leopardenmuster, ein Louis-Vuitton-Täschli und soll den Tod ihrer besten Freundin Selma Z.* (†25)** mitverursacht haben (BLICK berichtete).

Die Staatsanwaltschaft wirft Martina F. vor, sich im März vor drei Jahren mit ihrer besten Freundin ein Raserinnnen-Rennen zwischen Wil SG und Schwarzenbach SG geliefert zu haben. Tragisch: Selma Z. kracht damals bei einem Überholmanöver in einer 70er-Zone mit rund 154 km/h in eine Steinmauer, ehe das Wrack ihres Mercedes auch noch von F. gerammt wird.

Todesfahrt mit Alkohol im Blut

Die junge Bosnierin erliegt noch am Unfallort ihren schweren Verletzungen, erstickt an ihrem eigenen Blut. «Ich weiss, dass ich an diesem Abend zu schnell war. Weshalb das so war, kann ich mir nicht erklären», sagt Martina F. vor den rund 20 Zuschauern an ihrem Prozess. «Ich habe noch gebremst, als ich gesehen habe, dass mich Selma links überholt», betont F.

Angeklagt: Martina F. (27) soll unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und groben Verkehrsregelverletzungen für viereinhalb Jahre ins Gefängnis.
Foto: Claudio Meier
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Haarsträubend: Sowohl die Angeklagte (1,1 Promille) als auch die Verunglückte (1,7 Promille) hatten Alkohol intus. Laut Staatsanwalt Christian Bächle soll Martina F. in den Befragungen ausgesagt haben, fünf bis sechs Stangen und «ein paar Schnäpsli» getrunken zu haben.

«Meine beste Freundin ist vor meinen Augen gestorben!»

Vor Gericht mag sich Martina F. an die meisten Details der Unfallnacht im März 2017 nicht mehr erinnern. «Meine beste Freundin ist vor meinen Augen gestorben», klagt die Schweizerin im Saal. «Dann hat man mich in Untersuchungshaft gesteckt und die Staatsanwältin war extrem giftig und gemein zu mir.»

Verstörend wirkt, dass Martina F. nach dem Crash noch vor dem Notruf die Nummer ihres damaligen Partners wählt. «Ich war bewusstlos. Als ich erwacht bin, hatte ich einen Mega-Schock. Es war nicht böse gemeint, und ich wollte auch nicht abhauen», betont Martina F.

Anklage forderte Haftstrafe

Die Anklage forderte deswegen unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und grober Verkehrsregelverletzungen eine Haftstrafe von 4,5 Jahren. Die Verteidigung bestritt ihrerseits sämtliche Tötungs- und Rennvorwürfe mit Vehemenz.

Während der Ermittlungen hatte die Beschuldigte offenbar versucht, die Schuld für den tödlichen Unfall auf Selma Z. allein abzuschieben. Als «krankhaft und gestört» bezeichnete F. dort das Fahrverhalten ihrer besten Freundin und führte das auch auf deren «bosnisches Blut» zurück.

Um 16 Uhr verkündet das Gericht sein Urteil: Vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung wird die Beschuldigte freigesprochen. Doch Martina F. beging mehrere grobe Verkehrsregelverletzungen. Dafür kassierte sie 24 Monate bedingt. Die Mutter einer kleinen Tochter kommt damit gerade noch um eine Haftstrafe herum.

«Es wurde nicht klar, was es mit einem Rennen auf sich hatte», so Richter Stefan Schärli in der Urteilsbegründung. Die Angaben zum Verlauf der Raserfahrt vor dem Unfall seien letztlich zu wenig präzise gegeben, da es dazu lediglich Zeugenaussagen gäbe, die sich teilweise widersprechen würden. Und Martina F. könne nicht für den Tod von Selma Z. verantwortlich gemacht werden.

*Name geändert

**Name bekannt

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