Claudio Raschle (59) zahlt 2000 Franken für Hinweise zum Cyber-Mobber seiner Tochter (18)
«Es geht mir um Gerechtigkeit!»

Er will um jeden Preis wissen, wer seine Tochter an Leib und Leben bedroht hat. Im Internet bietet Sicherheitsunternehmer Claudio Raschle aus Niederuzwil SG 2000 Franken für Hinweise in einem Fall, der zuvor wegen Mangel an Beweisen mit einem Freispruch geendet hatte.
Publiziert: 04.06.2019 um 16:24 Uhr
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Aktualisiert: 07.06.2019 um 07:05 Uhr
Marco Latzer

Claudio Raschle (59) ist bereit, einen stolzen Batzen springen zu lassen: 2000 Franken offeriert der Sicherheitsunternehmer aus Niederuzwil SG für Zeugenhinweise im Mobbing-Fall seiner Tochter Milena* (18). «Das ist eine Auslobung wie bei Aktenzeichen XY. Ich will keine Rache, sondern Gerechtigkeit», sagt Raschle.

Im Fokus steht der jahrelange, heftige Streit zwischen Milena und ihrer Mitschülerin Samira F.* (18). Dieser erreicht im Frühjahr 2017 eine neue Dimension, als Morddrohungen bei Raschles Tochter eingehen. Auf deren Instagram-Account stehen Kommentare wie «Ich werde alles tun, damit du stirbst» und «Ich werde deine Familie vernichten».

Spuren führten zur Mobberin

Die Hassbotschaften wurden via einem eigens angelegten Profil namens «lini_bini_bikini» platziert. Schnell ist klar: Die digitale Spur, die IP-Adresse, führt zum Zuhause von Samira F. Das Wut-Profil wurde über die E-Mail-Adresse der jüngeren Schwester Melissa F.* (15) registriert, von deren Handy aus auch die wüsten Kommentare gesendet wurden.

Morddrohungen via Instagram. User «lini_bini_bikini» drohte im Mai 2017: «Ich werde deine ganze Familie vernichten.»
Foto: zvg
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Im letzten Dezember muss sich Melissa F. deshalb wegen mehrfacher Drohungen vor dem Kreisgericht in Wil SG verantworten. Das Verfahren endet in einem Freispruch. Die Begründung: Wer effektiv dahinterstecke, ob Samira, Melissa oder gar beide Schwestern, habe sich nicht «zweifelsfrei» eruieren lassen.

Beteiligung vor Gericht vehement abgestritten

«In der Verhandlung wurde schweres Geschütz aufgefahren», berichtet Claudio Raschle. «Es wurde behauptet, das WLAN der Familie sei gehackt worden. Ausserdem sei das betroffene Handy nicht passwortgeschützt gewesen, hiess es.»

Die Belohnung von 2000 Franken, die der Familienvater nun verspricht, richtet sich in erster Linie an ehemalige Klassengspänli als mögliche Mitwisser. «Es sind Teenager», sagt Raschle überzeugt. «Die können so etwas wie diese Drohungen nicht für sich behalten.»

Er wisse bereits von mindestens drei Mitschülern, die mehr wissen dürften, als sie während der Polizei-Ermittlungen zugegeben hatten. Raschle sieht es nun als seine «Lebensaufgabe» an, neue Hinweise zu finden, bevor der Fall endgültig verjährt.

Auf die Beschimpfung folgte der Online-Hass

Raschle selbst wurde kürzlich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er Samira F. vor deren Lehrerin beschimpft haben soll. Der Vorfall ereignete sich nur einige Stunden, bevor auf Instagram die verhängnisvollen Hass-Botschaften verfasst wurden.

Tochter Milena musste die Schule nach den Drohungen verlassen und steht bis heute ohne Lehrstelle da. Ob ihre alten Schulgspänli jetzt die Wahrheit über die Vorfälle rausrücken? 

*Namen geändert

So fühlt sich Cybermobbing an
2:32
Wenn Worte weh tun:So fühlt sich Cybermobbing an

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