Mobbing-Vorwürfe gegen Schweizer Elite-Internat Le Rosey
Milliardärin spricht über Schicksal ihrer Tochter

Die indische Unternehmerfamilie Oswal erhebt schwere Mobbingvorwürfe gegen das Elite-Internat Le Rosey. Radhika Oswal, die Mutter des betroffenen Mädchens (15), erklärt exklusiv im BLICK, was vorgefallen sein soll.
Publiziert: 30.08.2020 um 23:01 Uhr
|
Aktualisiert: 12.11.2020 um 22:02 Uhr
Interview: Celina Euchner

Sechs Jahre lang ging die Tochter (15) von Pankaj und Radhika Oswal aufs wohl teuerste Internat der Welt: Le Rosey mit Sitz in Rolle VD und Gstaad BE. Rund eine Million Franken zahlte die indische Milliardärsfamilie für die Ausbildung. Nun ist Schluss. Die Edelinstitution und die Eltern sind zerstritten – und wie. Ihre Tochter sei massiv gemobbt worden, die Schule habe sie zu wenig geschützt, wirft die Familie der Leitung vor. Diese spricht von einer Bagatelle unter Teenagern – und wirft die Tochter raus. Jetzt rechnet Mutter Radhika mit dem Internat ab.

Sie sind in die Schweiz gekommen, um Ihren Kindern Stabilität zu bieten. Ihre Tochter hat diese verloren, als sie aus Le Rosey rausgeworfen wurde. Wie geht sie damit um?
Unsere Tochter ist tief betroffen, fühlt sich von ihren Lehrern und der Schule im Stich gelassen. Das Mobbing führte bei ihr zu Schlaflosigkeit und nächtlichen Panikattacken. Wir haben Unterstützung bei einem Psychiater gesucht. Seit ihrem Schulwechsel findet sie ihr Selbstvertrauen nach und nach wieder.

Wie wurde Ihre Tochter gemobbt?
Ab dem 6. März 2019 wurde sie ständig verspottet und höhnischen Kommentaren ihrer Mitschüler ausgesetzt. Die Beschimpfungen bezogen sich oft auf den Migrationshintergrund unserer Familie. Die Situation eskalierte mehrfach. Darauf folgte Cybermobbing. Sie wurde bei Whatsapp und Snapchat öffentlich beleidigt und schliesslich körperlich bedroht.

Radhika Oswal erhebt schwere Vorwürfe gegen das Schweizer Elite-Internat Le Rosey.
Foto: Getty Images Entertainment/Getty Images
1/12

Hatten Sie Angst um die Sicherheit Ihres Kindes?
Ja. Wir waren erschüttert und um ihr Wohlergehen besorgt. Um unserer Tochter weiteres Leid zu ersparen, haben wir versucht, mit dem Schulpersonal Kontakt aufzunehmen.

Sie konnten Ihr Kind dennoch nicht schützen.
Als Eltern ist es zutiefst traumatisch, wenn man das Gefühl hat, sein Kind nicht beschützen zu können. Wir haben unsere Tochter in einem Internat wohnen lassen. Das erfordert besonders grosses Vertrauen in die Schule. Wir sind verletzt und wütend, dass Le Rosey dieses Vertrauen missbraucht hat.

Wie hat die Schule auf die Mobbingvorwürfe reagiert?
Das Personal von Le Rosey war vollkommen unfähig, mit dieser ernsten Situation umzugehen. Es zeigte keine Bereitschaft, zufriedenstellende Massnahmen zu ergreifen. Vom Schulleiter habe ich nie auch nur eine Antwort auf meine Mails bekommen.

Warum haben Sie Le Rosey als Schule für Ihr Kind gewählt?
Die Schule vermarktet sich selbst als eine «Institution von Weltklasse». Weil sie in der Schweiz ist, hofften wir, dass Werte wie Toleranz und Integration grundlegend wären. Die Schule hat jedoch nicht viele Schweizer Schüler. Man kümmert sich nicht darum, grundlegende Standards wie Toleranz, Disziplin und Ethik einzuhalten, die sonst in der Schweiz üblich sind.

Wie ist das Elite-Internat aus Ihrer Sicht wirklich?
Kein Erwachsener an der Schule ist richtig dafür ausgebildet, wie mit Gewalt und Belästigung umzugehen ist. Wir wissen, dass der Mobbingfall unseres Kindes kein Einzelfall ist. Die Gebühren der Schule belaufen sich auf etwa 123'000 Franken – pro Jahr! Das Geld wird jedoch für den glamourösen Campus ausgegeben statt für das, was wirklich wichtig ist, zum Beispiel Personalschulungen.

Sind Ihnen noch andere Missstände an der Schule bekannt?
Wir haben mit anderen Eltern gesprochen, die bestätigen, dass minderjährige Schüler von Le Rosey regelmässig feiern und Alkohol sowie Tabakwaren missbrauchen. Das ist gang und gäbe.

Die Schule bezeichnet das Mobbing als «kurzen, banalen Streit zwischen Teenagern».
Meine Tochter war zur jener Zeit eine der leistungsstärksten Schülerinnen. Wenn das nur ein kurzer, banaler Streit zwischen Teenagern war, möchte ich die Schule fragen, warum sie sie deswegen verwiesen hat. Ist die Schule so schlecht gerüstet, um mit dem umzugehen, was sie als kurzen, banalen Streit zwischen Teenagern bezeichnet?

Le Rosey verteidigt sich unter anderem, indem es Ihre Familie als klagewütig darstellt.
Als wir erstmals öffentlich darüber sprachen, versuchte Le Rosey, uns per Gericht den Mund zu verbieten. Das wurde abgewiesen. Jetzt versuchen sie, uns zu diskreditieren, indem sie die Aufmerksamkeit auf alte Rechtsfragen lenken, die nicht in diesem Zusammenhang stehen und geklärt sind. Kommt Ihnen dies wie das Verhalten von jemandem vor, der auf seine Verteidigung vertraut?

Wie geht es Ihrer Tochter heute?
Aufgrund des Egos und der Inkompetenz der Führungsspitze von Le Rosey hatte meine Kleine ein extrem stressiges Jahr. An ihrer neuen Schule zeichnet sie sich durch hervorragende Leistungen aus. Sie ist zu einer lautstarken Befürworterin von Anti-Mobbing-Initiativen geworden. Sie will ihre Erfahrungen nutzen, um anderen zu helfen.

Was für eine Schule besucht sie jetzt?
Unsere Tochter ist mittlerweile an einer anderen Schweizer Schule, die ihr ein positives Umfeld bietet. Dort geht man proaktiv mit Problemen und Verhaltensweisen der Kinder um. Und man verlangt weitaus weniger hohe Gebühren als das Internat Le Rosey.

So wehrt sich das Elite-Internat

Le Rosey wehrt sich gegen den Vorwurf der Oswal-Familie, dass ihre Tochter (15) nicht vor rassistischen Mobbingattacken geschützt worden sei. Laut des Elite-Internats handle es sich um einen «banalen, kurzen Streit zwischen Jugendlichen».

In einer schriftlichen Stellungnahme heisst es, dass «die Familie in Indien und Australien für ihre verbittert geführten Rechtsstreitigkeiten bekannt» zu sein scheint. Man hatte eine Untersuchung zum Mobbingfall eingeleitet.

Nach einem Gespräch habe die Familie die Zusammenarbeit eingestellt. Folglich wurde dem Kind die Wiedereinschreibung verwehrt.

Le Rosey wehrt sich gegen den Vorwurf der Oswal-Familie, dass ihre Tochter (15) nicht vor rassistischen Mobbingattacken geschützt worden sei. Laut des Elite-Internats handle es sich um einen «banalen, kurzen Streit zwischen Jugendlichen».

In einer schriftlichen Stellungnahme heisst es, dass «die Familie in Indien und Australien für ihre verbittert geführten Rechtsstreitigkeiten bekannt» zu sein scheint. Man hatte eine Untersuchung zum Mobbingfall eingeleitet.

Nach einem Gespräch habe die Familie die Zusammenarbeit eingestellt. Folglich wurde dem Kind die Wiedereinschreibung verwehrt.

Mehr


Fehler gefunden? Jetzt melden
Kommentare