Todes-Crash an den Gippinger Radsporttagen
Ex-Radquer-Profi Roger H. (53) freigesprochen

Das Aargauer Obergericht hat Roger H., der an den Radsporttagen Gippingen 2014 einen tödlichen Unfall verursachte, von Schuld und Strafe freigesprochen. Es liege keine Verletzung der Sorgfaltspflicht vor.
Publiziert: 20.11.2017 um 16:54 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:20 Uhr

Am 14. Juni 2014 war es bei einem Amateur-Radrennen der Gippinger Radsporttage auf der rasanten Abfahrt in einem Waldstück Richtung Böttstein AG zum tödlichen Crash gekommen. Beteiligt: Der ehemalige Radquer-Profi Roger H. (53) sowie Felix S. (†36) und drei weitere Amateur-Rennfahrer.

Bei einem Überholmanöver soll H. den Spitzenfahrer des Rennens touchiert haben, worauf dieser stürzte. Die folgenden drei Fahrer der Spitzengruppe fuhren in dessen Rennrad und stürzten ebenfalls. Darunter auch Felix S. Der Sportlehrer und Ex-Mister-Schweiz-Kandidat aus dem Kanton Zürich knallte in einen Baum und verletzte sich trotz Helm so schwer, dass er noch am gleichen Abend im Spital starb.

Das Bezirksgericht verurteilte Roger H. daraufhin wegen fahrlässiger Tötung und mehrfacher fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Roger H. legte dagegen Berufung ein. Sein Verteidiger forderte den Freispruch.

Roger H.* (50) startete letztes Jahr seine zweite Rad-Karriere.
Foto: BLICK
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Nun hat das Obergericht zu Gunsten von Roger H. geurteilt. Wer an einem Radrennen teilnehme, müsse mit einem erhöhten Risiko der Gefährdung rechnen, begründeten die drei Oberrichter am Montag ihren Entscheid und hoben damit das Urteil des Bezirksgerichts Zurzach wieder auf.

Ohne Absicht

Es stehe fest, dass Roger H. im Windschatten gefahren sei und dann beim Überholen mit 70 km/h den ersten Radfahrer an der Schulter touchiert habe, hielt das Obergericht bei der Urteilsbegründung weiter fest. Der Abstand habe höchstens fünfzig Zentimeter betragen.

Der Mann habe den Fahrer jedoch nicht heftig und mit Absicht gestossen. In einem solchen Fall wäre dieser selbst gestürzt, hiess es.

Das Strassenverkehrsgesetz finde bei einem solchen Rennen keine Anwendung, sonst würde es keine Sportanlässe mehr geben. Das Obergericht sprach von einem «tragischen Fall». Niemand habe so einen Ausgang des Radrennens erwartet.

Der Verteidiger von H. forderte einen Freispruch. Die Ursache des Sturzes sei ein Materialfehler an der vorderen Nabe des Velos des Gestürzten gewesen. Dieser habe zu einem Speichenbruch geführt. Die fehlerhaften Naben seien vom Hersteller zurückgerufen worden. Für das Obergericht ist ein Materialfehler «denkbar». Es bestünden jedoch keine konkreten Hinweise.

Der Oberstaatsanwalt sowie die beiden Zivil- und Strafkläger verlangten, dass das Obergericht den Schuldspruch der ersten Instanz bestätigt. Es hab keine Notwendigkeit bestanden, den Fahrer bei hoher Geschwindigkeit so nah zu überholen, sagte der Oberstaatsanwalt.

Sieben Tage in U-Haft

Die Zivilkläger sprachen von einem «riskanten Überholmanöver» und von einer groben Verletzung der Sorgfaltspflicht. Der erste Radfahrer sei wegen der Touchierung beim Überholen gestürzt und nicht wegen eines Materialfehlers am Rad.

Nach dem Sturz der anderen Radsportler war der 53-Jährige weitergefahren. Bei der nächsten Rennrunde sah er nach eigenen Angaben die Rettungskräfte bei der Unfallstelle. Die Polizei nahm den Zürcher noch am gleichen Abend an seinem Wohnort fest. Er sass sieben Tage in Untersuchungshaft. Dafür erhält er nun eine finanzielle Entschädigung von 1400 Franken.

Der Mann, ein drahtiger Typ mit kurzen Haaren, suchte bislang nie das Gespräch mit den Angehörigen des Opfers. Viel mehr sieht er sich selbst als Geschädigter.

Auch im Schlusswort vor Obergericht beklagte er sich, dass er «Beleidigungen» und «Demütigungen» habe anhören müssen. Er war jahrelang Profi-Radrennfahrer gewesen. Er hatte zwei Mal an der Tour de Suisse teilgenommen. (SDA)

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