Ramon Mullis (53) im Gemeinderat
Kirschblütler unter Beobachtung

Der neue Gemeinderat von Lüsslingen-Nennigkofen SO, Kirschblütler Ramon Mullis (53), freut sich auf die neue Herausforderung. Gemeinde und Dorfbewohner bleiben skeptisch.
Publiziert: 22.05.2017 um 20:03 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:56 Uhr
Marlene Kovacs

Ihr Guru Samuel Widmer (†68) starb Mitte Januar an Herzversagen. Doch um die 200 Mitglieder der Kirschblütler in Lüsslingen-Nennigkofen SO ist es trotzdem nicht still geworden. Am Sonntag ist ein Mitglied der sektenähnlichen Gemeinschaft in den Gemeinderat gewählt worden (BLICK berichtete). Mit 197 Kandidatenstimmen.

Kirschblütler Ramon Mullis (53).
Foto: Zvg

Ramon Mullis (53) freut sich sehr über seine Wahl. «Die Mehrheit der Dorfbewohner hat für mich gestimmt. Das zeigt, dass es gar keine Spannungen zwischen den Dorfbewohnern und der Gemeinschaft gibt», sagt der Geschäftsführer einer Firma für industrielle Automation. Seit 16 Jahren lebt Mullis in der Gemeinde, ist Vater von drei Buben und einem Mädchen.

Zu seiner Mitgliedschaft bei den Kirschblütlern sagt er: «Ich betreibe gerne Selbsterkenntnis und tausche mich mit Freunden aus. Jeder hat das Bedürfnis nach einem Freundeskreis. Wir haben eine Verbundenheit. Dass man uns als Sekte bezeichnet, kümmert mich eigentlich nicht.»

Sitzt nun im Gemeinderat: Ramon Mullis beim Frühstück mit seinem ältesten Sohn.
Foto: zvg

Gemeinde gespannt auf die Zusammenarbeit

Kritischer sieht man es bei der Gemeinde. «Die Einwohner haben so entschieden. Das haben wir zu akzeptieren», sagt der Vize-Gemeindepräsident Rolf Iseli (47). «Mullis gehört der Kirschblütengemeinschaft an. Das lässt sich aber nun nicht ändern.» Eine Vorverurteilung bringe nichts. Es werde sich zeigen, wie die Zusammenarbeit funktioniert. «Wir sind gespannt darauf. Aber er ist auch nicht alleiniger Gemeinderat. Schliesslich zählen alle sieben Stimmen gleich viel», sagt Iseli.

Auch Werner Trottmann (63), Präsident der IG Lüne üses Dorf, will die Neuerung erst einmal auf sich zukommen lassen. «Es verwundert nicht, dass Ramon Mullis gewählt wurde. Die Gemeinschaft hat viele Mitglieder. Rechnerisch war zu erwarten, dass nun auch ein Mitglied der Kirschblütler in den Gemeinderat kommt», sagt Trottmann.

«Werden die Lage kritisch beobachten»

Die IG ist ursprünglich gegründet worden, um die Gemeinschaft der Kirschblütler zu beobachten und sich gegebenenfalls gegen Vorhaben zu wehren. «Wir haben uns gegen einen internationalen Kongress der Gemeinschaft in unserer Mehrzweckhalle erfolgreich gewehrt», sagt Trottmann. Doch es sei im Dorf ruhiger geworden. «Trotzdem werden wir die Lage weiterhin kritisch beobachten, und rechtzeitig reagieren», sagt Trottmann.

Zu einer ersten Unstimmigkeit kam es bereits. Kurz nach seiner Wahl sagte Gemeindepräsident Herbert Schluep der «Solothurner Zeitung», dass  Mullis nicht das von ihm gewünschte Bau-Ressort bekommen werde. Mullis gestern zu BLICK: «Gleich nach der Wahl so etwas zu sagen, finde ich nicht richtig. Ausserdem kann der Gemeindepräsident so etwas nicht alleine entscheiden. Das müssen alle Gemeinderäte zusammen.»

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