Keine Behandlung für Ukrainer
Zürcher Ärzte sollen Zähne ziehen – um Kosten zu sparen

Geflüchtete Ukrainer erhalten nicht immer die ärztlichen Behandlungen, die sie brauchen. In Zürich etwa sollen Zähne von Ukrainern einfach gezogen werden – um Kosten zu sparen.
Publiziert: 18.07.2022 um 16:24 Uhr

Viele geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer sind in der Schweiz auf Unterstützung angewiesen. Aber nicht immer erhalten Geflüchtete die nötige Unterstützung, wie nun die «SonntagsZeitung» berichtet.

Vor allem bei den Zahnarzt-Behandlungen gebe es grosse Probleme. So würden etwa Kostengutsprachen für dringend notwendige Behandlungen nicht oder nur teilweise erfolgen.

Viele seien «geschockt von den Schweizer Preisen», schreibt die Zeitung gestützt auf Auszüge aus Telegram-Kanälen. Weil die meisten Flüchtlinge mit wenig Geld auskommen müssen, können sie sich zudem eine Behandlung nicht leisten. Das zeigt auch das Beispiel einer jungen Ukrainerin.

Einer Ukrainerin sollen Zähne gezogen statt geflickt werden. (Symbolbild)
Foto: pixabay
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Vertrauensarzt entschied gegen Behandlung

Eigentlich hätte die Geflüchtete wegen ihrer schlechten Zähne ihr Gebiss sanieren lassen müssen. Sie litt unter Schmerzen, suchte irgendwann Hilfe. Die Zahnärztin erstellte einen Kostenvoranschlag und kam aufgrund der geltenden Spezialtarife für Flüchtlinge auf einen Betrag von 2800 Franken für die ganze Behandlung.

Nur: Die Ukrainerin, die im März zusammen mit ihrer Familie in die Schweiz flüchtete, muss von 670 Franken pro Monat leben. Eine Behandlung für 2800 Franken kann sie sich nicht leisten.

Deswegen schickte die Zahnärztin einen Antrag auf Kostengutsprache an die Asylorganisation Zürich (AOZ). Diese wiederum liess die Patientenakte von einem Vertrauensarzt anschauen.

«Würde an Körperverletzung grenzen»

Für die Ukrainerin kam es knüppeldick. Der Vertrauensarzt schrieb in seiner Einschätzung, die Gebisssanierung sei «wohl zweckmässig, aber keine den Asyl-Richtlinien entsprechende Massnahme».

Die Frau habe den Schutzstatus S erhalten, das reiche nicht aus für die Kostenübernahme. Bis zur definitiven Aufnahme könnten nur «minimale schmerzstillende Massnahmen wie Extraktionen oder allenfalls manchmal provisorische Füllungen geplant werden». Heisst: Die Zahnärztin könnte der Ukrainerin die Zähne ziehen, nicht aber das Gebiss sanieren!

Die Zahnärztin sagt gegenüber der «Sonntags-Zeitung», eine solche Behandlung würde «an Körperverletzung grenzen». Gesehen hat der Vertrauensarzt die Frau nie.

Auch der auf Menschenrechte spezialisierte Anwalt Philip Stolkin sagt gegenüber der Zeitung, bei Asylbewerbern würden «die Kosten möglichst tief gehalten, ohne Rücksicht auf die Betroffenen». Deswegen sollten Personen wie die junge Ukrainerin den Entscheid anfechten. Die AOZ hat sich bislang nicht zu dem Fall geäussert. (zis)

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