«Ich bringe jeden durch die Prüfung»
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Bester Fahrlehrer der Schweiz:«Ich bringe jeden durch die Prüfung»

Interview mit Dani Frei, dem besten Fahrlehrer der Schweiz
«Ich bringe jeden durch die Prüfung»

Seine Geduld und sein Humor haben ihn zum besten Fahrlehrer der Schweiz gemacht. Wir sind beim Zürcher Fahrlehrer Dani Frei (62) eingestiegen – und mussten uns einiges anhören.
Publiziert: 21.03.2021 um 15:13 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2021 um 16:06 Uhr
Wir fahren auf einer Spritztour mit dem besten Fahrlehrer der Schweiz, Dani Frei aus Rümlang ZH.
Foto: Philippe Rossier
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Interview: Alexandra Fitz

Fahrschule Dani Frei in Rümlang ZH. Seine Schule sieht aus wie ein Vereinslokal. Überall bunte Trikots, Pokale und Medaillen. Die Auszeichnungen gehören alle Daniel Frei. Er spielt Fussball. Heute bei den Senioren von GC. Sieben Jahre war er Präsident des FC Dielsdorf. «Mein Mann ist sehr ehrgeizig», sagt Rosi Frei, als er das Fahrschulauto holt. Woher die vielen Trikots stammen, werden wir später erfahren. Erst steigen wir ins Auto. Ich als Fahrschülerin, Frei als Lehrer. Ob ich die Prüfung bestehe?

Frei desinfiziert meine Hände und das Innere des Wagens. Er will, dass wir uns duzen – so wie er es auch mit seinen Schülern tut. Ich sehe seine Pedale im Fussraum und bin nervös. Wir fahren los.

BLICK: Ich hoffe, dass du bei mir nicht eingreifen musst.
Dani Frei: Nein, nein. Allerdings würden die meisten, die hier rumfahren, die Prüfung nicht bestehen.

Sehr beruhigend. Wenn ich in eine Radarfalle tappe, bekommst dann du die Rechnung?
Ja, ich wäre ja schuld.

Wirklich?
Ja. Ich müsste eingreifen, wenn ein Schüler zu schnell fährt. Übrigens, wenn du den Kreisel verlässt, solltest du immer noch den Kopf nach rechts drehen.

Hä? Warum?
Es könnte ein Velofahrer oder ein Töff kommen. Wenn man den Kreisel verlässt, muss man immer nach hinten schauen.

Das wird er mir in der Stunde immer wieder sagen. Genauso wie: «Schau, dass du nicht zu schnell bist.»

Wenn ich an einer Ampel stehe, wo die Spur nur auf eine Seite geht, inklusive Pfeil, muss ich nicht auch noch blinken, oder?
Doch! Du musst immer blinken. Viele sind der Meinung, nicht blinken zu müssen. Man kann gar nicht zu viel blinken. Jede Richtungsänderung ist anzuzeigen, das ist eine Theoriefrage.

Wie bist du Fahrlehrer geworden?
Ich habe Drogist gelernt. Aber ich war immer ein Autofan, im dritten Lehrjahr hatte ich schon zwei Autos.

Welche?
Einen sportlichen Ford Capri für schön und eines für den Alltag. Ich wollte gern selbständig sein, hatte aber kein Geld, um eine Drogerie oder Apotheke zu eröffnen. Da machte ich meine Leidenschaft mit den Autos zum Beruf und wurde mit 24 Jahren selbständig.

Ich muss dir etwas gestehen: Ich habe die Autoprüfung erst beim zweiten Mal geschafft. Davon habe ich immer noch ein Trauma. Aber der Prüfer war schuld.
Klar (lacht). Das sagen viele Fahrschüler und Fahrschülerinnen, um sich selbst zu entschuldigen. Ich bilde meine Schüler so aus, dass sie es auch bei strengeren Experten schaffen. Manche behaupten ja: «Ende Jahr müssen die Experten noch ein paar negative Prüfungen haben.» Oder: «Am Montag sind sie strenger.» Aber das stimmt alles nicht.

Der Geduldige

Dani Frei (62) ist gelernter Drogist und machte sich im Alter von 24 Jahren mit einer Fahrschule in Rümlang ZH selbständig. Er garantiert einen hohen Prüfungserfolg und hat dieses Jahr bisher eine Quote von über 94 Prozent bestandenen Prüfungen. Frei hat auch immer wieder bekannte Sportler in seiner Fahrschule. Er ist verheiratet, hat zwei Töchter und wohnt in Riedt-Neerach ZH.

Die Plattform Superfahrlehrer.ch kürt jedes Jahr die besten Fahrlehrer. Auf der Theorie-App iTheorie, mit der heute die meisten Schüler Verkehrsregeln büffeln, werden die Nutzer dazu aufgerufen, ihre Fahrlehrer zu bewerten. 10'500 Fahrschüler und Fahrschülerinnen haben mitgemacht.

Philippe Rossier

Dani Frei (62) ist gelernter Drogist und machte sich im Alter von 24 Jahren mit einer Fahrschule in Rümlang ZH selbständig. Er garantiert einen hohen Prüfungserfolg und hat dieses Jahr bisher eine Quote von über 94 Prozent bestandenen Prüfungen. Frei hat auch immer wieder bekannte Sportler in seiner Fahrschule. Er ist verheiratet, hat zwei Töchter und wohnt in Riedt-Neerach ZH.

Die Plattform Superfahrlehrer.ch kürt jedes Jahr die besten Fahrlehrer. Auf der Theorie-App iTheorie, mit der heute die meisten Schüler Verkehrsregeln büffeln, werden die Nutzer dazu aufgerufen, ihre Fahrlehrer zu bewerten. 10'500 Fahrschüler und Fahrschülerinnen haben mitgemacht.

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Warum ist das hier eigentlich ein Automat?
Seit mehr als einem Jahr kann man mit einem Automaten an die Prüfung und bekommt die Schaltung geschenkt.

Wie bitte?
Ja! Wir Fahrlehrer hätten nie gedacht, dass das durchkommt. Es ist unglaublich, das ist keine Verkehrssicherheit mehr. Viele denken dann, sie können fahren, und wenn sie mal schalten müssen, «verreckt ihnen der Karren». Seit Januar dürfen ja auch 17-Jährige das Autofahren erlernen, jedoch erst mit 18 Jahren die Prüfung machen. Ich habe derzeit 29 17-jährige Fahrschüler und Fahrschülerinnen.

Dann haben sie mehr Zeit zum Üben.
Ja, das ist der Vorteil. Aber das Problem ist die lange Zeit dazwischen. Sie müssen zum Teil bis März 2022 warten, bis sie an die Prüfung können. Ich will sie ja nicht ein Jahr lang abzocken. Aber wenn sie so lange nicht mehr kommen und nur privat üben, haben sie oft vieles falsch geübt.

Findest du es gut, dass man mit 17 fahren kann?
Nicht unbedingt. Vielen fehlt die Reife. Es gab kürzlich einen Vorfall im Aargau. Ein 17-jähriger Fahrschüler machte mit seiner Freundin in der Nacht eine Spritztour und verursachte einen Unfall. Seine Freundin war verletzt, er aber haute ab. Ihm kann eigentlich nicht viel passieren, er geht noch nach dem Jugendstrafrecht. Ausserdem haben wir ja sonst schon zu viele Autos auf der Strasse, jetzt kommt noch ein ganzer Jahrgang mehr dazu. Nach hinten schauen über die Schulter!

Hast du auch Problemfälle?
Es gibt so viele Fahrlehrer, und viele von ihnen werben mit Billigangeboten. Jeder dritte Schüler, der zu uns kommt, war vorher bei einem anderen Fahrlehrer. Teilweise hatten sie schon Dutzende Stunden, aber wenn sie zu uns kommen, können sie nichts.

Also ist es Abzocke?
Ja, zum Teil schon. Bei Fahrschulen, die Günstigangebote machen, kommts am Ende meistens sehr viel teurer.

Was kostet der Führerschein heute?
Letzte Woche hatte ich einen sehr guten Schüler, der kam mit gut 1000 Franken weg. Heute Morgen war eine Schülerin an der Prüfung, die viel länger brauchte. Sie kann es bis zu 3000 Franken kosten. Letztes Jahr hatte ich eine Sekundarlehrerin, die ist drei Mal bei einem anderen Fahrlehrer durchgefallen. Sie war auch bei so einer Billigfahrschule und hatte schon 150 Fahrstunden.

150?
Ja. Und das Verrückte daran: Sie war nicht mal schlecht. Innert kürzester Zeit war sie reif für die Prüfung.

Hast du nie Fälle, in denen du sagst: «Kauf dir ein GA!»
Nein, nein. Ich bringe jeden durch! Ich habe jede Woche mehrere Prüfungen und hatte dieses Jahr erst eine Schülerin, die beim ersten Mal nicht durchgekommen ist.

Ich habe gelesen, dass in der Schweiz ein Drittel beim ersten Mal durch die Autoprüfung rasselt.
Das stimmt. Bei mir haben dieses Jahr 94 Prozent bei Erstprüfungen bestanden. Wir sind immer weit über dem Durchschnitt. Hier (Frei deutet auf die Strasse) fliegen übrigens viele durch die Prüfung. Vorhin war 100 km/h, und hier ist das Ende der Autobahn signalisiert, das heisst 80. Aber viele fahren mit 100 km/h weiter.

Ah, das hätte ich auch gemacht. Ist die Autoprüfung in der Schweiz zu streng?
Die Prüfung dürfte strenger sein. Das Problem ist die Theorieprüfung: Sie ist viel zu einfach. Früher hatten wir 900 Fragen, die man mit einem Buch lernte. Heute lernt man mit einer App oder CD nur noch auswendig. Heute haben wir an der Theorieprüfung nicht mal mehr 400 Fragen, die Österreicher jedoch stolze 1486. Schau etwas mehr in die Strassen rein. Auch wenn das andere Auto keinen Vortritt hat, musst du ein bisschen schauen, was läuft. Hier müsstest du viel langsamer fahren, denn hier ist Rechtsvortritt.

Es ist doch 50!
Ja, aber wenn einer rausfährt und du nicht bremst, bist du schuld. Es heisst zwar 50, aber das heisst noch lange nicht, dass du überall 50 fahren kannst. Solche Vortritte testen die Experten gern. Auch hier musst du blinken.

Was ist der häufigste Fehler der Schüler?
Dass sie keine Voraussicht haben. Und das Vortrittsrecht. Das ist auch das Gefährlichste. Das muss sitzen.

Okay, okay. Wie kommt es eigentlich, dass du so viele Fussball- und Eishockeyprofis bei dir in der Schule hast?
Es waren einige Sportler bei mir, und es sprach sich schnell herum, dass man nach meinem Unterricht die Prüfung auf Anhieb besteht. Fussballer, und Sportler allgemein, haben ein grosses Selbstvertrauen.

Und eine grosse Affinität zu Autos.
Ja, das auch. Sie kommen meistens locker beim ersten Mal durch. Seither hatte ich fast alle von GC und dem EHC Kloten in der Fahrschule. Und viele andere Spieler der Super und der Challenge League.

Und wie viele davon sind heute Raser?
Viele von ihnen haben halt schnelle Autos. Der Fussballer Raul Bobadilla war mein Schüler. Sein erstes Auto war ein Maserati. Ich sagte ihm, den legst du eh gleich zusammen. Das tat er dann auch.

Haben Sie noch Kontakt zu diesen Schülern?
Ja, gestern rief mich Ex-Fussballer Veroljub Salatic an wegen eines jungen Spielers, den er betreut. Der hat die Prüfung in Nigeria gemacht, aber die gilt hier nicht. Jetzt kommt er zu mir.

Jetzt habe ich den Schulterblick gemacht!
Ja, darum sage ich auch nichts.

Du wurdest zum besten Fahrlehrer der Schweiz gewählt. Was machst du besser als die anderen?
Ich mache es auf eine lockere Art, wir haben es immer lustig beim Fahren. Aber ich bin ein ganz Pingeliger, ich korrigiere jedes «Bitzeli».

Braucht es Fahrlehrer noch lange? Bald fahren Autos selbst.
Das wird noch sehr lange gehen. Und wenn die autonomen Autos kommen, haben ja nicht alle so eins. Das geht dann wieder 20 Jahre. Jedenfalls sorge ich mir nicht um die Zukunft meines Berufs. Übrigens: Meine Tochter ist jetzt auch in das Geschäft eingestiegen.

Musste sie?
Nein. Ich hätte nie gedacht, dass sie das will, aber plötzlich wollte sie. Die Jüngere wird das nie machen, sie hätte keine Geduld.

Wirst du auch mal wütend im Auto?
Wenn ich mit Schülern unterwegs bin, nie. Aber privat gibt es schon Sachen, die mich innerlich aufregen.

Zum Beispiel?
Wenn sie gefährlich überholen, reindrücken, oder wenn sie dir am Arsch kleben.

Das hasse ich auch. Beim Autofahren kann ich brutal ausrufen. Wie schnell fährst du privat auf der Autobahn?
Das kommt aber nicht in der Zeitung, oder? Ich fahre 130 km/h, wenn alles frei ist. Zudem geht der Tacho ja vor. Das solltest du wirklich nicht schreiben, das wäre nicht so vorbildlich (lacht). Aber die Schüler dürfen natürlich kein bisschen über 120 km/h fahren.

Was mache ich nicht gut?
Du fährst routiniert, ich fühle mich wohl. Aber nicht mehr fahrschulmässig. Die Experten wollen sehen, dass man schaut. Du könntest etwas mehr beobachten und hinschauen, damit du die Übersicht hast.

«Frau am Steuer, Ungeheuer», sagt der Fotograf lachend auf dem Rücksitz.

Sei ruhig! Was war deine letzte Busse?
40 Franken innerorts. Ich bin 52 km/h gefahren. Das ist nicht schlimm.

Du warst schon dreimal zweitbester und bist nun der beste Fahrlehrer in der Deutschschweiz. Was bedeutet das für dich?
Ich kann nicht verlieren, und es hat mich schon etwas gefuchst. Deshalb bin ich jetzt stolz auf den ersten Platz.

Mein Grossvater bremste auf der Autobahn, noch bevor er auf dem Streifen der Ausfahrt war. Ich sagte stets, das sei falsch und gefährlich.
Ja, das ist es.

Wir sind zurück bei der Autoschule. Ich habe Angst vor der Antwort und muss dennoch fragen:

Hätte ich die Prüfung bestanden?
Na ja, also wenn das jetzt eine Kontrollfahrt gewesen wäre, dann schon.

Und sonst?
Als Neulenker nicht. Die Experten schauen wirklich auf alles.

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