Diebstahl in CBD-Hanfgärtnerei
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Täter auf der Flucht:Diebstahl in CBD-Hanfgärtnerei

Hanfbauern schiessen auf Eindringlinge
Cannabis-Pionier warnt vor Selbstjustiz!

Während der Erntezeit lebt es sich gefährlich als Hanfbauer. Beim Versuch, Diebe abzuwehren, gibt es immer wieder Verletzte. Wie lassen sich die kriminellen Banden vertreiben?
Publiziert: 07.10.2019 um 23:14 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2019 um 07:11 Uhr
Georg Nopper

Schrotflinten, Mistgabeln, Pfefferspray. Im Hanf-Business kommt grobes Geschütz zum Einsatz. Die Bauern greifen zur Selbstjustiz! Ballern Eindringlinge von ihrem Hof. Und geraten so selbst ins Visier der Justiz.

Bauer Andreas K.* (54) aus Niedermuhlern BE schoss auf einen Hanfdieb und landete dafür wegen Selbstjustiz selbst auf der Anklagebank. Er hatte im Oktober 2016 einen Dieb gefesselt und ihn in einen Keller gesperrt. «Seine Komplizen kamen, um ihn zu befreien. Ich kam um eine Ecke und wurde von ihnen angegriffen», sagt Andreas K. zum BLICK. «Einer sprühte mit Pfefferspray in meine Richtung, und ein anderer durchbohrte mit der Mistgabel meine Hand.» Das Regionalgericht Bern verurteilte ihn zu 32 Monaten Gefängnis – wovon er ein Jahr absitzen muss.

Auch am Samstag fielen Schüsse auf einer Hanfplantage. Diesmal in Kölliken AG. Hanf-Bauer Manuel Metz erzählte BLICK: «Wir sahen Eindringlinge auf dem Gelände, weshalb mein Partner und ich rausgingen, bewaffnet mit unseren Schreckschusspistolen. Wir feuerten rund 20 bis 30 Schuss ab.» Metz ruft die Polizei nicht zu Hilfe. Sie wird jedoch von den Nachbarn wegen der Schüsse alarmiert. Jetzt hat Metz ein Verfahren am Hals.

Dario Tobler (38), Mitinhaber der Hanf-Firma Zitronic Systems AG.
Foto: Peter Gerber
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Einbruch bemerkt, Polizei alarmiert

Doch müssen sich die Bauern dies alles gefallen lassen? Bernhard Graser von der Kantonspolizei Aargau spricht Klartext: «Wir raten von Selbstjustiz ab! Wer einen Einbrecher bemerkt, soll nicht selbst handeln, sondern die Polizei alarmieren. Einbrecher suchen in den allermeisten Fällen keine Konfrontation und verschwinden, sobald sie realisieren, dass jemand da ist. Betroffene sollen sich nicht unnötig selbst in Gefahr bringen.»

Hanf-Pionier Dario Tobler (38) kann den Frust seiner Berufskollegen verstehen. Doch mit einer Schrotflinte auf die Diebe zu schiessen, findet er eine schlechte Idee.

Und das obwohl Tobler, Mitinhaber der Zitronic Systems AG, selbst bereits Opfer von Hanfdieben wurde. Im Herbst 2017 drangen mehrere Männer in das umzäunte Gelände seiner Gärtnerei in Obergerlafingen SO ein und nahmen 20 Kilo CBD-Hanf mit. Der Einbruch wurde bemerkt. Doch anstatt selbst einzuschreiten, alarmierte Tobler die Polizei. «Die Diebe hatten Pfefferspray dabei», sagt der Hanf-Unternehmer.

Tobler war 2016 mit seiner damaligen Firma der erste Hanfproduzent mit einer Bewilligung des Bundes. Ein anfänglicher Verdacht hat sich nach dem Einbruch bei ihm nicht bestätigt. Trotz der Veröffentlichung von Überwachungsaufnahmen verliefen die Ermittlungen im Sand.

Inzwischen wurde auch bei einer Indoor-Produktion der Zitronic eingebrochen. Doch die Diebe mussten mit leeren Händen davonziehen.

Wachmänner von Dieben schwer verletzt

Das Problem mit Einbrüchen auf Hanfplantagen grassiert bereits seit Jahren. 2015 nahm ein Überfall in Altstätten SG ein böses Ende: Sechs Männer unter dem Kommando von Fraumünster-Posträuber Dieter Müller (42) stürmten mit einer Schrotflinte die Plantage. Die Gangster schossen auf zwei Wachmänner, verletzten diese schwer. Vor Gericht beteuerte Müller: «Ich habe die Munition verwechselt!» Er habe statt Gummischrot versehentlich echte Gewehrsalven verwendet. Das Gericht verurteilte Müller zu zwölf Jahren Haft.

Hanf-Pionier Tobler findet es richtig, die Kriminellen der Justiz zu überlassen: «Selbstjustiz ist zu verurteilen. Meinen Angestellten ist es verboten zu reagieren. Sie müssen sich bei der Polizei melden.» Wenn man seriös und legal arbeite, könne man dies ja jederzeit tun. Das Wichtigste sei, Gewalttätigkeiten zu verhindern. «Unsere Mitarbeiter sind mir wichtiger als ein paar Kilo Hanfblüten. Gegen materielle Schäden muss man sich halt versicherungstechnisch absichern.»

* Name geändert

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