Die grösste Katastrophe der Schweizer Luftfahrt
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Swissair-MD-11-Absturz:Die grösste Katastrophe der Schweizer Luftfahrt

Crash kostete 229 Menschen das Leben
Vor 25 Jahren stürzte Swissair-Flug 111 bei Halifax ins Meer

Ein Kurzschluss und brennbare Materialien im Cockpit führten mutmasslich zur schwersten Katastrophe in der Geschichte der Schweizer Luftfahrt: Beim Absturz der Swissair-MD-11 vor der kanadischen Ostküste bei Halifax vor 25 Jahren kamen 229 Menschen ums Leben.
Publiziert: 01.09.2023 um 11:20 Uhr
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Aktualisiert: 02.09.2023 um 12:40 Uhr
Angehörige der Opfer trauern am 1. September 1999 auf den Felsen von Peggy’s Cove in der Nähe der Unglücksstelle.
Foto: Keystone
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215 Passagiere und 14 Besatzungsmitglieder steigen am Abend des 2. September 1998 in New York in die Swissair MD-11, um mit Flug SR 111 die Reise nach Genf anzutreten. Das Flugzeug startet, gewinnt an Höhe, die Piloten steuern die Maschine Richtung Kanada zur Überquerung des Atlantiks.

Die Besatzung dürfte derweil begonnen haben, das Abendessen zu servieren – die Passagiere haben sich für den Nachtflug eingerichtet. Doch eine Stunde später bahnt sich das schwerste Flugzeugunglück in der Geschichte der Swissair an: Die Piloten stellen Rauch im Cockpit fest.

Sie erbitten eine Landeerlaubnis und werden dem Flughafen Halifax in Neuschottland zugewiesen, etwas mehr als 100 Kilometer entfernt. Für eine Notlandung auf dem Flughafen von Halifax fliegt das Flugzeug zu hoch. Also drehen die Piloten auf einer Höhe von 10'000 Fuss eine Schlaufe, um Kerosin ins Meer abzulassen, somit das Landegewicht zu reduzieren, und dann wieder in Richtung Halifax zu fliegen.

Unglückursache war ein Kurzschluss

Doch plötzlich fällt das elektrische System aus. Die Kommunikation mit Halifax brach sechs Minuten vor dem Absturz in den Atlantik ab. Die Piloten verlieren die Kontrolle über die Maschine. Diese stürzt bei Peggy's Cove ins Meer und zerbricht in Tausende, teils winzige Teile. Alle 229 Menschen an Bord sterben, darunter 49 Schweizerinnen und Schweizer.

Wortlaut des Funkverkehrs
Nachstehend das Protokoll der vier Minuten und 36 Sekunden dauernden Aufzeichnung der Funkgespräche zwischen den Piloten des Swissair-Fluges 111, der in der Nacht zum 3. September 1998 mit 229 Flugzeuginsassen bei Halifax in den Nordatlantik abgestürzt ist. Sie wurden von der kanadischen Nachrichtenagentur Canadian Press ins Internet gestellt. Das Protokoll stützt sich in AP-Übersetzung auf ein Transkript von Kanadas Verkehrssicherheitsbehörde TSB vom September 1998, von der auch die Zeitangaben stammen. Auslassungen sind mit (...) markiert.

Halifax Kontrollturm (Zeit: 10:21:23.1 abends): Swissair eins-elf, wenn Sie Zeit haben, könnte ich die Zahl der Menschen an Bord und Ihren Treibstoff an Bord haben bitte, für die Notfalldienste.

SR-111 (10:21:30.1): Verstanden. Zurzeit hat es zwei-drei-null Tonnen Benzin an Bord. Wir müssen einigen Treibstoff ablassen. Können wir das in diesem Gebiet während des Sinkflugs tun?

(...)

Halifax Kontrollturm: (10:22:04.2): Swissair eins-elf, verstanden, drehen Sie nach links Kurs zwei-null-null Grad und geben Sie Bescheid, wenn Sie zum Ablassen bereit sind. Es sind etwa zehn Meilen, bis Sie von der Küste weg sind. Sie sind immer noch innerhalb von rund 25 Meilen vom Flughafen.

SR-111 (10:22:20.3): Verstanden, wir drehen nach links, und in dem Fall sinken wir vorerst nur auf zehntausend Fuss, um Treibstoff abzulassen.

Halifax Kontrollturm (10:22:29.6): OK, halten Sie eins-null-tausend. Ich werde Ihnen Bescheid geben, wenn Sie über dem Wasser sind, und das wird sehr bald sein.

SR-111 (10:22:34.4): Verstanden.

SR-111 (10:22:36.2): (Gespräch zwischen den beiden Piloten, das unbeabsichtigt über Funk geht) Du bisch i dr emergency checklist für air conditioning smoke.

Halifax Kontrollturm (10:22:42.9): Swissair eins-elf, sagen Sie das noch einmal bitte.

SR-111 (10:22:45.3): Entschuldigung, das war nicht für Sie. Swissair eins-elf hat sich intern erkundigt. Es war mein Fehler, Entschuldigung dafür.

(...)

SR-111 (10:24:28.1): Swissair eins-elf. Zurzeit müssen wir manuell fliegen. Sind wir berechtigt, zwischen zehn-, elf tausend und neuntausend Fuss zu fliegen.

Halifax Kontrollturm (10:24:28.1): Sie können sich zwischen fünftausend und zwölftausend Fuss aufhalten, wenn Sie das wünschen.

SR-111 (10:24:45.1): Swissair eins-elf schwer erklärt den Notfall (10:24:46.4 das Gespräch wird von einer zweiten Stimme übertönt) Verstanden, wir sind zwischen zwölf und zehntausend Fuss. Wir erklären den Notstand um null-eins-zwei-vier (Zeitangabe).

Halifax Kontrollturm (10:24:56.0): Verstanden.

(...)

SR-111 (10:24:56.5): Elf schwer, wir beginnen nun, Treibstoff abzulassen. Wir müssen sofort landen.

Halifax Kontrollturm (10:25:00.7): Swissair eins-elf, nur noch einige Meilen. Ich werde gleich bei Ihnen sein.

(...)

Halifax Kontrollturm (10:25:19.2): Swissair eins-elf, Sie haben nun die Erlaubnis, auf dieser Route mit dem Ablassen des Treibstoffs zu beginnen. Und geben Sie Bescheid, wenn das Ablassen fertig ist.

Halifax Kontrollturm (10:25:43.0): Swissair eins-elf, check, Sie haben die Erlaubnis, den Treibstoff abzulassen.»

Nach einer letzten, kurzen und unverständlichen Durchsage von SR-111 ertönen nur noch die Stimmen von Fluglotsen. Swissair-111 stürzt mit allen 229 Insassen in den Nordatlantik. Niemand überlebt.
«Es kommt alles wieder hoch» – das Funkprotokoll lässt bei Priska Zimmermann, der Witwe des Swissair-Piloten, alte Wunden aufbrechen.
«Es kommt alles wieder hoch» – das Funkprotokoll lässt bei Priska Zimmermann, der Witwe des Swissair-Piloten, alte Wunden aufbrechen.
Foto: Dick Vredenbregt
Nachstehend das Protokoll der vier Minuten und 36 Sekunden dauernden Aufzeichnung der Funkgespräche zwischen den Piloten des Swissair-Fluges 111, der in der Nacht zum 3. September 1998 mit 229 Flugzeuginsassen bei Halifax in den Nordatlantik abgestürzt ist. Sie wurden von der kanadischen Nachrichtenagentur Canadian Press ins Internet gestellt. Das Protokoll stützt sich in AP-Übersetzung auf ein Transkript von Kanadas Verkehrssicherheitsbehörde TSB vom September 1998, von der auch die Zeitangaben stammen. Auslassungen sind mit (...) markiert.

Halifax Kontrollturm (Zeit: 10:21:23.1 abends): Swissair eins-elf, wenn Sie Zeit haben, könnte ich die Zahl der Menschen an Bord und Ihren Treibstoff an Bord haben bitte, für die Notfalldienste.

SR-111 (10:21:30.1): Verstanden. Zurzeit hat es zwei-drei-null Tonnen Benzin an Bord. Wir müssen einigen Treibstoff ablassen. Können wir das in diesem Gebiet während des Sinkflugs tun?

(...)

Halifax Kontrollturm: (10:22:04.2): Swissair eins-elf, verstanden, drehen Sie nach links Kurs zwei-null-null Grad und geben Sie Bescheid, wenn Sie zum Ablassen bereit sind. Es sind etwa zehn Meilen, bis Sie von der Küste weg sind. Sie sind immer noch innerhalb von rund 25 Meilen vom Flughafen.

SR-111 (10:22:20.3): Verstanden, wir drehen nach links, und in dem Fall sinken wir vorerst nur auf zehntausend Fuss, um Treibstoff abzulassen.

Halifax Kontrollturm (10:22:29.6): OK, halten Sie eins-null-tausend. Ich werde Ihnen Bescheid geben, wenn Sie über dem Wasser sind, und das wird sehr bald sein.

SR-111 (10:22:34.4): Verstanden.

SR-111 (10:22:36.2): (Gespräch zwischen den beiden Piloten, das unbeabsichtigt über Funk geht) Du bisch i dr emergency checklist für air conditioning smoke.

Halifax Kontrollturm (10:22:42.9): Swissair eins-elf, sagen Sie das noch einmal bitte.

SR-111 (10:22:45.3): Entschuldigung, das war nicht für Sie. Swissair eins-elf hat sich intern erkundigt. Es war mein Fehler, Entschuldigung dafür.

(...)

SR-111 (10:24:28.1): Swissair eins-elf. Zurzeit müssen wir manuell fliegen. Sind wir berechtigt, zwischen zehn-, elf tausend und neuntausend Fuss zu fliegen.

Halifax Kontrollturm (10:24:28.1): Sie können sich zwischen fünftausend und zwölftausend Fuss aufhalten, wenn Sie das wünschen.

SR-111 (10:24:45.1): Swissair eins-elf schwer erklärt den Notfall (10:24:46.4 das Gespräch wird von einer zweiten Stimme übertönt) Verstanden, wir sind zwischen zwölf und zehntausend Fuss. Wir erklären den Notstand um null-eins-zwei-vier (Zeitangabe).

Halifax Kontrollturm (10:24:56.0): Verstanden.

(...)

SR-111 (10:24:56.5): Elf schwer, wir beginnen nun, Treibstoff abzulassen. Wir müssen sofort landen.

Halifax Kontrollturm (10:25:00.7): Swissair eins-elf, nur noch einige Meilen. Ich werde gleich bei Ihnen sein.

(...)

Halifax Kontrollturm (10:25:19.2): Swissair eins-elf, Sie haben nun die Erlaubnis, auf dieser Route mit dem Ablassen des Treibstoffs zu beginnen. Und geben Sie Bescheid, wenn das Ablassen fertig ist.

Halifax Kontrollturm (10:25:43.0): Swissair eins-elf, check, Sie haben die Erlaubnis, den Treibstoff abzulassen.»

Nach einer letzten, kurzen und unverständlichen Durchsage von SR-111 ertönen nur noch die Stimmen von Fluglotsen. Swissair-111 stürzt mit allen 229 Insassen in den Nordatlantik. Niemand überlebt.
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Das Schicksal von Flug SR 111 in der Nacht zum 3. September 1998 versetzte die Schweizer Öffentlichkeit in einen Schockzustand und sorgte weltweit für Schlagzeilen. Die McDonnell-Douglas MD-11 war ein modernes Flugzeug aus dem Hause Boeing, die Swissair eine der renommiertesten Fluggesellschaften der Welt.

Die Bergung des Flugzeugs dauerte über ein Jahr. Rund zwei Millionen Flugzeugteile wurden an der Absturzstelle aus dem Meer gezogen. Zusammen mit 275 Kilometer Kabel wurde die Unglücksmaschine rekonstruiert, und die Suche nach dem Hergang des Absturzes begann.

Viereinhalb Jahre dauerte es, bis die kanadische Verkehrssicherheitsbehörde (TSB) im März 2003 den Untersuchungsbericht vorlegte. Demnach liegt dem Unglück ein Kurzschluss zugrunde, welcher wahrscheinlich durch eine gebrochene Isolierung eines Kupferkabels ausgelöst worden war.

Die elektrischen Funken setzten brennbare Isoliermatten im Cockpit in Brand. Das Kabel gehörte vermutlich zum Bordunterhaltungssystem, welches die Swissair für die Erste Klasse nachträglich hatte einbauen lassen.

Der Absturz des Swissair-Flugs 111 hinterliess weltweit Angehörige von Opfern; die Passagiere stammten aus 44 Nationen. Für diese begann das lange Warten auf die sterblichen Überreste der Absturzopfer. Die Urnen wurden den Hinterbliebenen teils erst nach Wochen oder gar Monaten ausgehändigt. (SDA)

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