Wegen Corona
Kantone lassen 89 Gefangene frei – die Hälfte taucht unter

Wegen der Corona-Pandemie mussten die Kantone 89 Gefangene freilassen. Sie alle sassen in Ausschaffungsgefängnissen. Die Hälfte ist untergetaucht.
Publiziert: 19.12.2020 um 06:53 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2021 um 20:25 Uhr

Insassen in Schweizer Ausschaffungsgefängnissen sind eine heterogene Gesellschaft. Einige von ihnen sind Kriminelle, andere haben entweder gar nie Asyl beantragt, das Staatssekretariat für Migration hat ihren Antrag auf Schutz abgelehnt oder sie sind nicht aus der Schweiz ausgereist, obwohl ihnen die Aufenthaltsbewilligung wieder entzogen wurde. Gemeinsam ist ihnen: Alle sind Ausländer, alle müssen die Schweiz verlassen.

Um zu verhindern, dass sie bis zu ihrer Ausschaffung untertauchen, kommen sie ins Gefängnis. Dort hoffen sie auf ihre Entlassung, warten aber eigentlich auf ihre Abschiebung. Corona hat einigen von ihnen nun befreit. Wie die «Schweiz am Wochenende» berichtet, durften 89 Ausländer das Gefängnis verlassen, weil ihre Ausschaffung nicht innert absehbarer Frist vollzogen werden konnte. Damit hätten diese Menschen länger im Gefängnis sitzen müssen, als aufgrund ihrer Strafe verhältnismässig gewesen wäre. Nach der Freilassung haben sie die Wahl, selbstständig auszureisen und sich an der Grenze abzumelden oder sich regelmässig bei den Behörden zu melden.

Grosse Unterschiede zwischen den Kantonen

Bloss: All diese Personen waren gemäss «Schweiz am Wochenende» in Haft, weil sie gemäss den Behörden sonst untertauchen würden. Bei der Hälfte von ihnen lag die Behörde richtig. Jeder zweite ist laut einer Umfrage bei den Kantonen untergetaucht. Dabei gibt es offenbar grosse Unterschiede. In einigen Kantonen, beispielsweise Basel-Stadt und Baselland, tauchte kaum jemand unter. In Zug und Schwyz beträgt die Untertauchquote dagegen 100 Prozent.

Wegen der Corona-Pandemie wurden 89 Gefangene aus Schweizer Ausschaffungsgefängnissen entlassen.
Foto: Keystone
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Alberto Achermann, Professor für Migrationsrecht der Universität Bern, geht davon aus, dass die meisten die Schweiz freiwillig verlassen werden. Der «Schweiz am Wochenende» sagt er: «Sie reisen weiter, weil sie in einer europäischen Grossstadt eine bessere Ausgangslage haben, um ein neues Leben aufzubauen.» In der Schweiz sei die Gefahr, wieder verhaftet zu werden, grösser. «Länder wie Frankreich oder Italien haben entweder die Ressourcen nicht oder den Willen, diese Leute konsequent auszuschaffen.» (vof)


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