Spital distanziert sich – Savognin-Tourismus löscht Videos
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BLICK deckt Corona-Märchen auf:Spital distanziert sich – Savognin-Tourismus löscht Videos

BLICK deckte Corona-Märchen von Bündner Arzt auf
Spital distanziert sich – Savognin-Tourismus löscht Videos

In einem Video von Tourismus Savognin wirbt ein Arzt für die Bündner Berge. BLICK hat das krude Corona-Märchen des Mediziners aufgedeckt. Jetzt distanziert sich sein Arbeitgeber, das Spital Savognin, von ihm. Zudem wurden die Tourismus-Videos gelöscht.
Publiziert: 15.05.2020 um 16:39 Uhr
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Aktualisiert: 15.05.2020 um 17:40 Uhr
Der Bündner Arzt René Zellweger vom Spital Savognin behauptet in einem Werbevideo der Tourismus Savognin Bivio Albula AG, dass eine Corona-Ansteckung über Oberflächen nicht möglich sei.
Foto: Screenshot/Tourismus Savognin Bivio Albula AG
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Dominique Rais

Die Bündner Ferienregion Savognin-Bivio-Albula lockt Touristen mit einem Corona-Märchen (BLICK berichtete). In kruden Werbevideos wirbt Tourismus Savognin Bivio Albula AG gestützt auf die Aussagen des Schweizer Arztes René Zellweger vom Spital Savognin für die Region rund um das Bündner Berdorf.

Unter anderem behauptet Zellweger, der Unfallchirurg, aber nicht Virologe ist, dass Touristen bedenkenlos ins Oberhalbstein reisen können. Gemäss Zellweger seien Schmierinfektionen durch das Coronvirus nicht möglich. Zudem würden Viren weder Sonne noch Wind mögen, weswegen der Savogniner Arzt draus folgert: «Da oben, das ist überhaupt kein Problem mit diesen Viren. Es gibt keine Gefahr einer zweiten Welle. Ich kann Sie beruhigen.»

Spital distanziert sich von Corona-Aussagen seines Arztes

Die Aussagen des Arztes gehen so weit, dass er gar behauptet: «Wir hatten gar keine erste Welle.» Eine absurde Äusserung, wenn man einen Blick auf die Corona-Fallzahlen in der Schweiz wirft. Bis anhin, in nur drei Monaten, steckten sich hierzulande über 30'000 Menschen mit dem Coronavirus an. Knapp 1900 starben.

Mit seinem Corona-Märchen hat der Arzt auch seinen Arbeitgeber, das Center da Sanadad Savognin SA, in die Bredouille gebracht. Jetzt distanziert sich das Spital Savognin in einem Schreiben, das BLICK vorliegt, von Zellwegers Aussagen.

«Wir schätzen ihn sehr, sowohl als Facharzt Unfallchirurgie als auch als Mensch. Der Auftritt von Herrn Zellweger zu den verschiedenen Themen betreffend Corona-Pandemie entspricht seiner persönlichen Philosophie, wird so aber nicht bei uns gelebt», heisst es in der Stellungnahme des Spitals.

Arzt arbeitete als Unfallchirurg über den Winter in Savognin

Die Direktion und der Verwaltungsrat des Center da Sanadad Savognin SA erklärt zudem: «Wir als Gesundheitszentrum halten uns, immer im Sinne, dass es zum Wohle unserer Patienten, Bewohner und Mitarbeitenden ist, an die Weisungen und Richtlinien des Bundes und des Kantons. Wir möchten der Bevölkerung und den Touristen dringend raten, unter allen Umständen, die vom BAG aufgestellten Regeln zu befolgen.»

Zellweger habe zudem nur über die Wintersaison beim Spital Savognin als Unfallchirurg gearbeitet und werde in Kürze wieder in seine Wahlheimat Australien zurückkehren.

Kantonsärztin findet krudes Werbevideo nicht anstössig

Entgegen der unmissverständlichen Distanzierung des Center da Sanadad Savognin SA, sieht die Bündner Kantonsärztin Marina Jamnicki den Trubel um Zellwegers Äusserungen eher entspannt. Jamnicki ist gemäss einem Beitrag von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) nicht der Meinung, dass wegen des Videos interveniert werden müsste.

«Das ist seine Interpretation von gewissen wissenschaftlichen Fakten, die sich vielleicht nicht zu 100 Prozent deckt mit den Schlüssen, die der Bund daraus zieht, aber prinzipiell finde ich an dem Video nichts Anstössiges», sagt Jamnicki zu «RTR».

Arzt ist laut Jamnicki «vielleicht etwas zu weit gegangen»

Die Bündner Kantonsärztin habe in den vergangenen Monaten die Erfahrung gemacht, dass es bei jeder Theorie eines Experten auch eine Gegen-Theorie gebe. «Ich habe nichts dagegen, wenn eine Gemeinde direkt auf die Leute zugeht, solange es nicht in einem eklatanten Widerspruch zu den übergeordneten Empfehlungen von Kanton und Bund steht», sagt Jamnicki.

Sie räumt schliesslich aber doch noch ein, dass René Zellweger mit seinen Aussagen, dass alles nicht so schlimm wäre, vielleicht etwas zu weit gegangen sei. Jamnicki hält aber dennoch daran fest, dass Zellweger «vermittelt, dass man keine Angst haben muss, dass man gleich stirbt, wenn man einen Fuss in ein Schulzimmer setzt.» Auf Anfrage von BLICK wollte sich Jamnicki nicht weiter dazu äussern. Weitere Anfragen blieben ebenfalls unbeantwortet.

Corona-Märchen-Videos von Tourismus Savognin gelöscht

Die kruden Savognin-Tourismus-Videos, die für derartiges Aufsehen gesorgt haben, sind derweil aus dem Internet verschwunden. Auf Anfrage von BLICK bestätigt Luzi Thomann, der Verwaltungsratspräsident der Tourismus Savognin Bivio Albula AG, dass die Videos gelöscht wurden.

«Sinn und Zweck des Ganzen war es, die Bevölkerung im Tal über die Corona-Situation zu informieren. Das ist uns aber nicht gelungen, deswegen haben wir die Videos gelöscht», sagt Thomann. Und der Verwaltungsratspräsident schiebt nach: «Wir wollten die Leute nicht verunsichern, im Gegenteil.»

Savognin lockt Touristen mit Corona-Märchen an
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Graubünden distanziert sich:Savognin lockt Touristen mit Corona-Märchen an
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