So soll das Le Rosaire wiederbelebt werden
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Ex-Sanatorium bei Gruyères:So soll das Le Rosaire wiederbelebt werden

Früher erholten sich im Le Rosaire lungenkranke Mädchen, heute kommen höchstens noch Filmcrews vorbei
Dieses Sanatorium atmet Geschichte

Einst war das Präventorium des Rosenkranz-Ordens in Haut-Intyamon FR ein Erholungsheim für schwindsüchtige Mädchen. Heute zieht der verlassene Art-déco-Bau gerne Regisseure an. In Le Rosaire wurden die Mystery-Serie «Anomalia» und das Historienepos «Frieden» gedreht.
Publiziert: 11.08.2021 um 06:57 Uhr
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Aktualisiert: 11.08.2021 um 09:08 Uhr
Myrte Müller

Jede Kammer ist lichtdurchflutet. Die Fenstertür führt auf eine breite Sonnenterrasse. Der Blick auf die Waadtländer Voralpen soll die geschundene Seele streicheln, Bergluft die befallenen Lungen stärken. Doch die Schwindsucht kennt oft keine Gnade. Schwestern des Rosenkranz-Ordens eilen mit wippenden Flügelhauben durch die Flure. Aus den Kammern dringt quälendes Keuchen. Tücher mit Blut und Eiter getränkt werden in Blecheimern aus den Krankenzimmern getragen. Es sind vor allem junge Mädchen, die im damaligen Haut-Intyamon FR auf die Heilkraft der Natur hoffen. Denn: Es gibt keine Medizin gegen die tödliche Lungentuberkulose in jenen 1930er-Jahren, als das Sanatorium Le Rosaire den Betrieb aufnimmt.

Zigtausende rafft die «weisse Pest» in der Vorkriegszeit dahin. Erst zu Beginn der 1950er-Jahre kann die bakterielle Infektion mit Antibiotika behandelt werden. Viele Kurhäuser und Sanatorien schliessen. Auch Le Rosaire verliert seinen Sinn. Eine Freiburger Familie kauft in den 90er-Jahren den schönen Bau im Stil des Art déco. «Damals lebten noch fünf Nonnen im verwaisten Gebäude. Sie fühlten sich geradezu befreit, als wir das Haus übernahmen», erzählt Miteigentümer Jean-Louis Dubler (65).

Die Sanierung ist zu teuer, Le Rosaire wird geschlossen

Über zwei Jahrzehnte dient Le Rosaire noch als Ferienkolonie für Kinder und Jugendliche. Als Millioneninvestitionen für Brandschutz, Heizung und Isolierung nötig werden, wird Le Rosaire geschlossen. Wasser und Strom sind abgedreht. Ein buntes Schild zur Auffahrt warnt: Unbefugten ist der Zutritt verboten. Wie ein gestrandeter Wal liegt nun der stillgelegte einstige Prachtbau in der malerischen Greyerzer Landschaft.

Charmant, aber bestimmt: Ein buntes Schild vor der Auffahrt untersagt den Zutritt von Unbefugten auf das Gelände des Le Rosaire.
Foto: Philippe Rossier
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2015 kehren Leben und Leiden an den vergessenen Ort zurück. Wenn auch nur für ein paar Wochen und nach Drehbuch. In den Hallen und ehemaligen Krankenzimmern des alten Lungensanatoriums dreht die RTS die Fantasy-Serie «Anomalia». Eisenpritschen, OP-Leuchten, weisse Kittel sorgen für Spital-Atmosphäre. Protagonistin ist eine Neurochirurgin, die in der exklusiven Klinik zu arbeiten beginnt. Bald hat sie Halluzinationen. Sie begegnet mystischen Wesen und erkennt ihre geheimnisvollen Heilkräfte. Die Spannung steigt mit jeder TV-Folge. Nach der letzten Klappe fällt auch wieder Le Rosaire ins Koma.

Zwei Regisseure entdecken den Zauber des Ex-Sanatoriums

Pierre Monnard (45) bleibt aber nicht der einzige Schweizer Regisseur, der die Magie des welschen «Lost Place» entdeckt. Ein Jahr später nutzt auch Michael Schaerer (46) die aussergewöhnliche Kulisse für das mehrteilige Historiendrama «Frieden», geschrieben von Drehbuchautorin Petra Volpe (50). Der gebürtige Aargauer verwandelt Le Rosaire mit viel Requisite und Liebe zum Detail in ein Flüchtlingslager für KZ-Überlebende aus Buchenwald. Ausgemergelte Jugendliche, um die sich die Filmheldin, Fabrikantentochter Klara Tobler, mit Eifer kümmert. Doch auch diese Serie ist abgedreht. Und Le Rosaire fügt sich in sein Schicksal.

Danach wird Le Rosaire hin und wieder zum Tatort. Rot-weisses Absperrband spannt sich am Geländer des Treppenhauses. «Die Kapo hält hier Übungen ab und trainiert ihre Polizeihunde», erklärt der Besitzer. Anderer Besuch ist eher selten. Manchmal melden sich Kaufinteressenten. Denn Jean-Louis Dubler träumt von einer anderen Zukunft für dieses Schmuckstück in paradiesischer Lage. Keine Grusel-Klinik. Kein Filmset. Kein Spielplatz für Polizisten. Der Freiburger will das historische Bauwerk möglichst erhalten und hofft auf Investoren, die es kaufen und vielleicht daraus ein Luxushotel zaubern.

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