F/A-18-Crash auf dem Susten
«Schleudersitz-Entscheid fällen die Piloten manchmal zu spät»

Weshalb ist gestern eine F/A-18 in eine Felswand gekracht? Viele Fragen nach dem Drama in den Alpen sind noch offen. BLICK sprach mit Aviatik-Journalist Rolf Müller (69) von der Fachzeitschrift «Cockpit».
Publiziert: 30.08.2016 um 18:26 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:15 Uhr
Interview: Georg Nopper

BLICK: Sie kennen sowohl die F/A-18 als auch den Militärflugplatz in Meiringen. Was glauben Sie, was gestern passierte?
Rolf Müller von der Fachzeitschrift «Cockpit»: Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: ein technischer Defekt oder ein Pilotenfehler. Was es am Ende war, kann man noch nicht sagen.

Wie beurteilen Sie die Verhältnisse am Flugplatz Meiringen, insbesondere unter den Wetterbedingungen gestern zum Unfallzeitpunkt?
Meiringen ist wegen des schwie­rigen Ab- und Anflugs ein sehr ­anspruchsvoller Flugplatz. Aber grundsätzlich sollten die Piloten kein Problem damit haben. Als Aviatik-Journalist begleite ich sie seit Jahren und weiss, dass die Schweizer im internationalen Vergleich ein sehr hohes Niveau haben. Die Starts und Landungen in Meiringen sind für die F/A-18-Piloten – auch bei bewölktem Himmel wie gestern – absolut Routine. Das Fliegen bei schlechtem Wetter ist die Spezialität der Schweizer Piloten.

Worauf musste der Pilot des verschollenen Jets beim Start gestern besonders achten?
Die Piloten müssen wegen der bergigen Landschaft natürlich rasch an Höhe gewinnen. Dies sollte dank Instrumenten-Flug aber auch bei schlechtem Wetter gut funktionieren, solange kein technischer ­Defekt vorliegt.

Angenommen, schlechte Wetterverhältnisse und ein technisches Problem treten gleichzeitig auf. Was bedeutet dies für den Piloten?
Wenn auf einem Instrumentenflug etwas Unerwartetes passiert, erschwert sich die spontane Entscheidungsfindung dadurch, dass der Pilot sein Handeln nicht mit den Augen kontrollieren kann.

In einem solchen Moment sind Blitz-Entscheide gefragt…
Der Wille, die Maschine retten zu wollen, sitzt tief in den Piloten drin. Deshalb fällen sie den Entscheid, den Schleudersitz zu tätigen, manchmal zu spät.

Der Unglücks-Pilot sollte gemeinsam mit einem Ausbildner an einer Kampfübung mit einem F5-Tiger teilnehmen. Wie läuft ein solches Manöver ab?
Es handelt sich um eine Übung, die man im Fachjargon Dog Fighting nennt. Dabei machen sich die Teilnehmer gegenseitig ausfindig und versuchen sich zu bekämpfen. Das Ganze wird elektronisch simuliert und gefilmt. Anschliessend wird die Aufzeichnung am Boden ausgewertet. Es handelt sich um ein sehr intensives und anspruchsvolles Training.

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