Ex-Kommandant der Schweizergarde Elmar Mäder (54)
«Unter Franziskus sind wir wieder wichtiger geworden»

Elmar Mäder diente zwischen 2002 und 2008 als persönlicher Leibwächter und Chef der Schweizergarde unter zwei Päpsten. Auf den Besuch von Papst Franziskus freut sich der St. Galler besonders. Diesem verdanke die Garde neue Legitimation.
Publiziert: 20.06.2018 um 14:15 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:54 Uhr
«Zuerst kommt der Glaube dann die Garde»
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Wenn Papst Franziskus (81) morgen die Schweiz besucht, wird Elmar Mäder (54) das Ereignis mit Spannung verfolgen. Der ehemalige Kommandant der Schweizergarde hält viel vom Pontifex. Denn die Garde hat unter Franziskus massiv an Bedeutung gewonnen. 

Der St. Galler Mäder war zwischen 2002 und 2008 persönlicher Bodyguard der Päpste Johannes Paul II. (†84) und Benedikt XVI. (91) sowie Chef der Schweizergarde.

In dieser Zeit kämpfte die Garde um ihre Legitimation. «Im Vatikan gibt es sowohl die italienische Gendarmerie als auch die traditionelle Schweizergarde. Unter Franziskus sind wir wieder wichtiger geworden», sagt er.

Elmar Mäder, Kommandant der Schweizer Garde, bei Johannes Paul II.
Foto: Arturo Mari
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Vom Treuhänder zum Vize-Kommandanten

Mäder hat keine typische Karriere in der Schweizergarde gemacht. Er ist ein Quereinsteiger – und ein sehr steiler dazu. So wurde er 1998 direkt vom Treuhänder zum Vize-Kommandanten der Schweizergarde nach Rom berufen.

Die Hintergründe waren dramatisch. So kam die Garde damals in eine Krise, als der frisch vereidigte Kommandant Alois Estermann (†44) und seine Ehefrau (†49) vom Unteroffizier Cédric Tornay (†24) erschossen wurden.

«Keine Woche nach dem Mord erhielt ich das Angebot. Trotz der Umstände zögerte ich keine Sekunde», sagt Mäder, der in der Schweizer Armee Oberleutnant der Fliegerabwehrtruppe war.

Im Vatikan wohnte Mäder in einer Sechs-Zimmer-Wohnung – zusammen mit seiner Frau und seinen vier Kindern. Kein luxuriöses Leben, wie Mäder sagt.

Die jungen Helebardiers – jene Schweizergardisten, die auf Fotosujets von Touristen häufig zu sehen sind – leben gar zu dritt oder viert in einem Zimmer auf dem Kasernenareal. «Wenig Privatsphäre, strikte Regeln, dafür aber ein grosses Zusammengehörigkeitsgefühl», so Mäder.

Heimweh in Rom

Dieses Kasernenareal mitten in Rom wird häufig als «Schweizer Ghetto» beschrieben. «Durch das Heimweh und das Zusammensein im Ausland werden die Gardisten automatisch heimatverbundener. Der St. Galler isst Bratwurst, obwohl er das vielleicht zuvor in der Schweiz nicht gemacht hat, oder man hört Alphorn und Handörgelimusik», so Mäder.

Aber auch in Rom spielt der Röstigraben aus der Heimat eine Rolle. Die Welschen und die Tessiner nehmen die Deutschschweizer wegen ihres angeblichen Tunnelblicks hoch. «Lehnt sich ein Tessiner lässig an die Wand, heisst es bei den Deutschschweizern schnell: Typisch italienisches Larifaritum.»

Repräsentationsaufgaben in Galauniform machen bloss acht Prozent des gesamten Dienstes aus. Es ist jedoch jener, der von Touristen wahrgenommen wird. «Rund 90 Prozent unserer Arbeitszeit widmen wir dem Personenschutz und weiteren sicherheitsrelevanten Aufgaben, von denen Touristen nichts mitbekommen», sagt Mäder.

Franziskus (2013 bis heute) – der erste lateinamerikanische Papst.
Foto: Imago
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Päpste ziehen Fanatiker und Verwirrte an

Gerade der Personenschutz ist bei Päpsten herausfordernd. Sie ziehen Fanatiker und geistig Verwirrte geradezu an. Mäder hat vor allem die Zeit unter Risiko-Papst Johannes Paul II. in Erinnerung. Dieser wurde 1981 und 1983 im Bad der Menge angegriffen und schwer verletzt. «Das hielt ihn aber nie davon ab, die Nähe zu den Menschen zu suchen», sagt Mäder. Das brachte ihn immer wieder ins Schwitzen.

«Was macht man, wenn ein Mädchen mit einem komisch aussehenden Blumenstrauss direkt auf den Papst zugeht? Abblocken oder zulassen? Bei Johannes Paul II. hiess es meistens: Zulassen!»

Benedikt XVI. war anders. «Ihm gefiel das Bad in der Menge nicht so», sagt Mäder. Franziskus erinnert ihn in seiner Art wieder mehr an Johannes Paul II. «Se hr spontan, sehr zugänglich – für die Schweizergarde bedeutet das: Mehr Risiko und mehr Arbeit.»

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