Ex-Bundesanwältin Del Ponte über Jung-Terroristen
«Man kann sie noch auf den richtigen Weg bringen»

Die frühere Bundesanwältin Carla Del Ponte hat sich besorgt über die Terroranschläge in Frankreich geäussert. Eine unmittelbare Terrorgefahr für die Schweiz sieht sie jedoch in einem Interview der «SonntagsZeitung» nicht.
Publiziert: 18.01.2015 um 11:34 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:34 Uhr

Die Terroranschläge in Frankreich hätten gezeigt, dass die Terroristen auf Prinzipien wie Presse- oder Meinungsfreiheit keinerlei Rücksicht nähmen. «Das macht mir Sorgen. Ich sehe diese Rücksichtslosigkeit auch in den Menschenrechtsverletzungen in Syrien», sagte Del Ponte weiter. Es werde gefoltert und getötet, zwischen Männern, Frauen und Kindern werde da kein Unterschied mehr gemacht.

Für die Schweiz sieht Del Ponte keine unmittelbare Gefahr. Aber man müsse sicher äusserst wachsam sein. Deswegen brauche es eine gute gesetzliche Grundlage und juristische Instrumente, die man dem Terrorismus entgegensetzen könne.

Mit der geplanten Revision des Nachrichtendienstgesetzes sei die Schweiz gut gerüstet. Wichtig sei aber auch, dass Ermittler speziell für die Terrorismusbekämpfung ausgebildet würden. Und schliesslich müsse die Schweiz mit den Nachbarländern und anderen Staaten gut zusammenarbeiten.

Del Ponte, die derzeit für die UNO die Kriegsverbrechen in Syrien untersucht, äusserte sich auch zu den Bürgern, die in Syrien oder Irak gekämpft haben und in ihr Heimatland zurückkehren. «Es braucht eine gesetzliche Basis, damit sie beobachtet werden und nicht hierzulande Anschläge verüben können», sagte sie.

Sehr wichtig sei aber auch eine psychologische Unterstützung. Nur so könnten sie sich von ihren Kampferfahrungen distanzieren. Vor allem für die jungen Menschen sei das wichtig, bei ihnen könne man noch etwas erreichen. «Man kann sie noch zurück auf den richtigen Weg bringen», sagte Del Ponte weiter.

Nach ihren Worten ist die Arbeit in Syrien sehr schwierig. Mittlerweile würden Menschenrechtsverletzungen von allen Seiten begangen. Die Grausamkeiten überträfen jene der Balkankriege. Im Balkan sei getötet worden, und das sei schlimm gewesen. «Aber in Syrien ist es noch schlimmer, denn es wird nicht nur getötet, sondern zuerst noch gefoltert», sagte die frühere UNO-Chefanklägerin des Jugoslawien-Tribunals. «Und diese Fanatiker ziehen die Folter in die Länge, sodass der Tod möglichst langsam und schmerzvoll kommt.»

Auf jeden Fall sollte die Schweiz mehr syrische Flüchtlinge aufnehmen, sagte Del Ponte weiter. «Das ist auch unproblematisch, denn diese Menschen wollen nicht dauerhaft bleiben. Sie werden nach dem Krieg in ihre Heimat zurückkehren», sagte sie.

Der Vorschlag, den Flüchtlingen einen Sonderstatus zu geben und damit zügig eine grössere Menge von ihnen ins Land zu lassen, sei sehr gut. Bei den konkreten Zahlen müsse sich die Schweiz mit den anderen europäischen Ländern absprechen, da wolle sie sich nicht festlegen.

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