Erst im Mai gab sie Blick noch ein Interview
Daniela Caviglia (†56) hat den Kampf gegen Long Covid aufgegeben

Daniela Caviglia (†56) machte ihren Kampf gegen Long Covid und chronisches Erschöpfungssyndrom öffentlich. Am Montag hat sie ihrem Leiden ein Ende gesetzt.
Publiziert: 10.08.2023 um 01:11 Uhr
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Aktualisiert: 14.08.2023 um 10:17 Uhr
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Michael SahliReporter News

Daniela Caviglia (†56) nannte ihr Gebrechen die «Krankheit der Tausend Tode». Fast den ganzen Tag lag sie zuletzt im Bett, vertrug kein Licht, keine Gerüche, keine lauten Geräusche. Und fand trotzdem die Kraft, öffentlich über ihre Krankheit zu sprechen: das chronische Erschöpfungssyndrom (ME/CFS), eine Nachwirkung von Long Covid. Denn Caviglia wollte nicht, dass die rund 17 Millionen Menschen, die weltweit vom Erschöpfungssyndrom betroffen sind, vergessen oder als psychisch krank abgestempelt werden. Nun ist die Baselbieterin gestorben.

Erst Mitte Mai hat sie Blick an ihrem Krankenbett empfangen. «Ich war Chefredaktorin von zwei Fachzeitschriften und selbstständig mit einem Kommunikationsunternehmen.» Aber sie sei seit dem Frühjahr 2022 zweimal schwer an Corona erkrankt – trotz Impfung, erzählte sie.

22 Stunden pro Tag im Bett

Zum Zeitpunkt des Interviews, nur ein Jahr nach der Covid-Infektion, ist vom einst glücklichen und aktiven Leben fast nichts mehr übrig. «Ich kann mich nur noch schwer konzentrieren. Es gibt Tage, an denen ich kaum noch sprechen kann», sagt Caviglia. «Ich liege bis zu 22 Stunden pro Tag im Bett.» Licht vertrage sie nicht: «Nur an sehr bewölkten Tagen verlasse ich das Haus – und auch dann nur mit Sonnenbrille und Hut.»

Daniela Caviglia litt am chronischen Erschöpfungssyndrom. Anfang Woche hat sie ihrem Leiden mithilfe der Sterbehilfeorganisation Exit ein Ende gesetzt.
Foto: Luisa Ita
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Caviglia kämpfte – um die eigene Gesundheit und die öffentliche Anerkennung der Krankheit. Sie verfasste offene Briefe, prangert an, von Politik und dem Gesundheitswesen im Stich gelassen zu werden. «Alle bisherigen politischen Vorstösse, in der Schweiz Versorgungsstrukturen für von ME/CFS Betroffene aufzubauen, wurden abgeschmettert, weil eine Anerkennung der Krankheit Kosten generiert», schrieb sie. Gleichzeitig griff sie nach jedem Strohhalm, den Weg zurück ins Leben zu finden: Sie probierte verschiedene Medikamente, etwa ein Aids-Mittel, Immunsystemregulatoren oder Protein-Binder. Es half nichts. Und in die kämpferischen Texte Caviglias mischte sich immer mehr Resignation.

Am 7. August ging sie mit Exit

Schon zum Zeitpunkt des Blick-Interviews im Mai wurde klar: Die Patientin hatte wenig Hoffnung auf Heilung. Und sie wollte kein Leben als Pflegefall führen, fremdbestimmt von einer Krankheit. Caviglia meldete sich bei der Sterbehilfe-Organisation Exit an. «So kann ich dem Leiden irgendwann selbst ein Ende setzen», begründete sie.

Am 7. August ist sie mithilfe von Exit aus dem Leben gegangen. In ihrem letzten Blogeintrag schrieb sie: Ihre Krankheit bedeute, lebendig begraben zu sein. Das Leiden habe alle ihre Träume und Leidenschaften genommen. «Dabei habe ich aber auch noch Schmerzen wie bei einer schweren Migräne, Grippe mit 40 Grad Fieber sowie übelster Seekrankheit» Zuletzt habe sie die Dosis ihres Schmerzmittels alle paar Tage erhöhen müssen. «Dies war für mich das Zeichen, dass es Zeit ist, zu gehen.» Sie verabschiedet sich mit den Worten: «Ich wünsche euch von Herzen alles Gute.»

Bei Exit schreibt man auf Blick-Anfrage allgemein: Man stelle fest, dass sich vermehrt Menschen, die unter Long Covid leiden, bei der Organisation melden.

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Die Dargebotene Hand:

Anonyme Beratung unter Einhaltung der Schweigepflicht.

Per Telefon 143 und Online www.143.ch.

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