Er flog auf, weil ihn die Polizei betrunken am Steuer stoppte
Schaffhauser (56) wegen Waffendeal mit Saudi-Prinz vor Gericht

Ein Angestellter eines Genfer Waffenhändlers muss sich am Freitag wegen eines mutmasslichen Mega-Deals mit Mitgliedern der saudischen Königsfamilie in Bellinzona TI vor dem Bundesstrafgericht verantworten: 476 Waffen soll er illegal verkauft haben!
Publiziert: 28.01.2022 um 00:39 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2022 um 17:05 Uhr
Luisa Ita, Nicolas Lurati, Marco Latzer und Flavio Razzino

Exakt 476 Waffen soll ein Mann aus dem Kanton Schaffhausen illegal verkauft haben – nicht einfach irgendwem, sondern der saudischen Königsfamilie! So steht es in der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft (BA). Am Freitag muss sich der 56-Jährige nun vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona TI verantworten.

Es klingt nach einem Krimi-Drehbuch. Am 31. Oktober 2018 um 11.35 Uhr sass der Beschuldigte gemäss Anklage betrunken am Steuer, als er auf der Autobahn A1 in der Nähe von Genf mit seinem grauen Audi A4 von der Polizei angehalten wurde. Bei der Durchsuchung des Fahrzeugs entdeckten die Beamten unter dem Beifahrersitz plötzlich einen geladenen Revolver sowie eine Schachtel Patronen.

77 Waffen für private Sammlung gekauft – ohne Bewilligung!

Doch der Angehaltene hatte laut BA weder einen Waffenerwerbsschein noch eine Waffentragbewilligung. Er habe dann gegenüber den Einsatzkräften angegeben, er habe mit der geladenen Knarre Suizid begehen wollen.

Mit dem saudischen Prinzen Saud soll der Schaffhauser gemäss Anklageschrift Dutzende Waffendeals gemacht haben.
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Es folgte eine Untersuchung – und die förderte Ungeahntes zutage. Der Beschuldigte arbeitete zu dem Zeitpunkt schon seit etwa zehn Jahren in einem Waffengeschäft im Kanton Genf, dort gab es im November schliesslich eine Razzia. Bei den Ermittlungen habe sich herausgestellt, dass sich der Angestellte für seine private Sammlung 77 Waffen und Accessoires gekauft hatte – ohne die dafür notwendigen Bewilligungen. Und zwar soll er den Kunden im Geschäft privat Waffen abgekauft und sie im Glauben gelassen haben, dass er die Käufe für die Firma tätige.

Waffen im Wert von 670'600 Franken illegal verkauft

Aber diese Vorwürfe wirken wie eine Bagatelle im Vergleich zu dem, was noch kommt: Ab 2014 bis 2018 soll der Waffenhändler nämlich 476 Pistolen, Revolver sowie Jagd- und Sturmgewehre an die saudische Herrscherfamilie verkauft haben – insbesondere an den Prinzen Saud*. Der Gesamtwert: satte 670'600 Franken! Wie die Waffen genau in den Nahen Osten gelangt sind, wird aus der Anklageschrift nicht ersichtlich.

Nebst dem Vorwurf des unberechtigten Erwerbs und Besitzes von Waffen sowie des Verkaufs von 476 Waffen ohne Genehmigung nach Saudi-Arabien muss sich der Mann auch wegen Verstössen gegen das Kriegsmaterialgesetz vor der Justiz verantworten. Dies weil es sich laut BA bei 285 der an die Königsfamilie verkauften Exemplare um Kriegswaffen gehandelt hat.

Schuldfähigkeit beim Beschuldigten leicht eingeschränkt

Der Schaffhauser leidet gemäss psychiatrischem Gutachten an einer gemischten Persönlichkeitsstörung sowie einer Verhaltensstörung im Zusammenhang mit Alkoholkonsum. Gemäss den Ärzten ist seine Schuldfähigkeit schwach eingeschränkt.

Er ist auf freiem Fuss: Blick konnte ihn telefonisch erreichen. Doch er gab an, er wolle sich nicht äussern – er habe Vertrauen in die unparteiischen Schweizer Gerichte. Auch das Waffengeschäft sowie die BA haben auf Anfrage nicht Stellung genommen.

Beschuldigter muss wohl nicht hinter Gitter

Der Prozess beginnt am Freitagnachmittag, er soll in einem abgekürzten Verfahren stattfinden. Das bedeutet, dass die beschuldigte Person geständig ist und mit der Gegenpartei einen Urteilsvorschlag aushandelt. Das Ergebnis muss aber noch vom Gericht geprüft werden.

Derzeit stehen eine zweijährige Freiheitsstrafe im bedingten Vollzug unter Gewährung einer dreijährigen Probezeit sowie eine Busse von 3000 Franken im Raum. Ausserdem soll er die Gerichtskosten tragen und ambulant therapiert werden.

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